Leitsatz (amtlich)

Der maximal zulässige Trittschall in Wohnungseigentumsanlagen kann nicht ausschließlich der einschlägigen DIN 4109 entnommen werden. Die zulässigen Werte sind vielmehr unter Berücksichtigung des besonderen Gepräges des betroffenen Gebäudes für den Einzelfall zu ermitteln.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3; BGB § 1004 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 12.01.2007; Aktenzeichen 7 T 3615/05)

AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 174/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 12.1.2007 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss wie folgt klargestellt wird:

Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner verpflichtet, in ihrer Wohnung Nr. XX in der XXX Straße XX, 1. Stock, in XXX durch geeignete Trittschallschutzmaßnahmen dafür zu sorgen, dass die vor der im Jahr 2003 durchgeführten Renovierung bestehenden Lärmschutzwerte, nämlich 46 dB im Wohn- und Kinderzimmer, 50 dB im Schlafzimmer, 48 dB in der Küche und 47 dB in Diele/Flur nicht überschritten werden.

II. Die Antragsgegner tragen gesamtschuldnerisch die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einer im Jahr 1974 errichteten Wohnanlage. Sie streiten um die zulässige Höhe der von der Wohnung der Antragsgegner ausgehenden Geräuschemissionen. Die Baubeschreibung enthält zum Schallschutz folgende Angaben:

Schallschutz nach DIN 4109: sämtliche Wohn- und Tragwände über 400 kg/qm. Dadurch wird die nach DIN 4109 geforderte Schalldämmung übertroffen.

Schallschutz für Decken: Durch die Mindeststärke von 16 cm Stahlbeton wird die geforderte Luftschalldämmung nach DIN 4109 übertroffen. Trittschalldämmung erfolgt durch schwimmenden Estrich auf Dämmplatten.

Die im Erdgeschoss gelegene Wohnung der Antragsteller befindet sich direkt unter der im ersten Stock gelegenen Wohnung der Antragsgegner. Die Antragsgegner erwarben ihre Eigentumswohnung im Jahr 2003. Vor ihrem Einzug führten sie umfangreiche Renovierungsarbeiten in der Wohnung durch. Hierbei wurden der PVC-Boden in der Küche sowie die Teppichböden in Diele/Flur durch keramische Fliesen ersetzt. Die Teppichböden im Wohnzimmer wurden durch Fertigparkett und die im Kinder- und Schlafzimmer durch Laminat ersetzt. Das Bad blieb unverändert.

Die Antragsteller tragen vor, dass der Trittschall sich seit dem Austausch bzw. der Erneuerung der Bodenbeläge drastisch verschlechtert und ein unzumutbares Ausmaß erreicht habe.

Soweit in der Rechtsbeschwerdeinstanz noch erheblich, haben die Antragsteller beantragt:

1. Die Antragsgegner werden als Gesamtschuldner verpflichtet, die Veränderung des Fußbodenaufbaus in ihrer Eigentumswohnung derart zu beseitigen, dass der ursprüngliche, vor Durchführung der verändernden Fußbodenarbeiten zum 1.11.2003 bestehende Zustand wiederhergestellt wird.

2. Hilfsweise wird beantragt, dass die Antragsgegner gesamtschuldnerisch verpflichtet werden, die Veränderung ihres Fußbodenaufbaus in ihrer Eigentumswohnung so zu beseitigen, dass die entsprechenden Grenzwerte der DIN 4109 (Schallschutz im Hochbau) künftig im Verhältnis zur Eigentumswohnung der Antragsteller eingehalten werden.

Das AG hat die Anträge mit Beschluss vom 18.7.2005 abgewiesen. Dagegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 12.1.2007 hat das LG nach Hinzuziehung eines Sachverständigen für Schallschutz im Hochbau den Beschluss des AG aufgehoben und die Antragsgegner als Gesamtschuldner verpflichtet, die Veränderung des Fußbodenaufbaus in ihrer Eigentumswohnung derart zu beseitigen, dass der ursprünglich vorhandene PVC-Bodenbelag in der Küche und die ursprünglich vorhandenen Teppichböden in Diele/Flur, im Wohnzimmer, im Kinderzimmer und im Elternschlafzimmer wiederhergestellt werden. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner, die eine Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses begehren.

II. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Die Antragsteller hätten gem. § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB einen Anspruch gegen die Antragsgegner auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, da durch den Austausch des Bodenbelages eine deutlich wahrnehmbare Verschlechterung der Trittschalldämmung eingetreten sei, den die Antragsteller nicht hinzunehmen bräuchten, § 14 Nr. 1 WEG.

Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergebe sich, dass bezogen auf den ursprünglich bauseitig vorhandenen Teppichboden eine Verschlechterung des Trittschallschutzes im Wohnzimmer, Eltern- und Kinderschlafzimmer zwischen 7 und 10 dB eingetreten sei, welche die zu tolerierende Verschlechterung von 1 dB bei weitem übersteige. Auch bei Zugrundelegung der Verhältnisse, die die Antragsgegner bei dem Erwerb ihrer Wohnung vorgefunden hätte...

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