Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtvergleich für Hauptsache- und Eilverfahren. Ehegatten- und Kindesunterhalt. Festsetzung der Vergütung des der Antragstellerin im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts – (§ 128 BRAGO)

 

Leitsatz (amtlich)

Werden in einem einheitlich protokollierten Prozeßvergleich sowohl die Unterhaltssache als auch die einstweilige Verfügung (§ 40 Abs. 1 BRAGO) und die einstweilige Anordnung (§ 41 Abs. 1 BRAGO) erledigt, so erhält der mitwirkende beigeordnete Rechtsanwalt eine Vergleichsgebühr aus den zusammengerechneten Gegenstandswerten.

 

Normenkette

BRAGO §§ 23, 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1

 

Tenor

I. Der Beschluß des Familienrichters vom 15.1.1993 wird aufgehoben.

II. Der Beschluß des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Deggendorf vom 1.9.1992 wird dahingehend abgeändert, daß die dem Rechtsanwalt der Staatskasse zu zahlende Vergütung für das Unterhaltsverfahren und die Verfahren einstweilige Anordnung – Prozeßkostenvorschuß – und einstweilige Verfügung auf 3.522,60 DM festgesetzt werden. Die weitergehenden Festsetzungsgesuche des beigeordneten Rechtsanwalts werden zurückgewiesen.

 

Gründe

Im Termin vom 18.5.1992 vor dem Amtsgericht Deggendorf wurden sowohl das Hauptsacheverfahren, betreffend den Trennungsunterhalt für die Antragstellerin und den Kindesunterhalt, sowie die Verfahren einstweilige Anordnung – Prozeßkostenvorschuß – und einstweilige Verfügung – Kindesunterhalt – durch einen einheitlich protokollierten Prozeßvergleich beendet. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Deggendorf setzte gemäß § 128 BRAGO mit Beschluß vom 1.9.1992 die dem beigeordneten Rechtsanwalt, aus der Staatskasse für die genannten Verfahren insgesamt zu zahlende Vergütung auf 4.012,80 DM fest, wovon auf das Unterhaltsverfahren 2.416,80 DM, das Verfahren der einstweiligen Anordnung – Prozeßkostenvorschuß – 387.60 DM und das Verfahren der einstweiligen Verfügung 1.208,40 DM entfielen. Gegen diesen Beschluß richteten sich die Erinnerungen des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Deggendorf vom 3.9.1992. Er wandte sich dagegen, daß für jedes Verfahren gesondert die 10/10 Vergleichsgebühr (§ 23 BRAGO) berücksichtigt wurde. Da die drei kostenrechtlich selbständigen Angelegenheiten durch den Vergleich vom 18.5.1992 gemeinsam verglichen worden seien, komme nur eine Vergleichsgebühr aus dem zusammengerechneten Wert aller dieser Gegenstände in Betracht. Damit ermäßige sich im Verfahren der einstweiligen Anordnung die Postgebührenpauschale auf 30.– DM. Der Gesamterstattungsanspruch sei auf 3.522,60 DM herabzusetzen. Der Familienrichter des Amtsgerichts Deggendorf hat die Erinnerung mit Beschluß vom 15.1.1993 mit der Begründung zurückgewiesen, bei dem Vergleich im Termin vom 18.5.1992 handle es sich in Wahrheit um drei Vergleiche unter einer einheitlichen Oberschrift so daß zu Recht drei einzelne Vergleichsgebühren angesetzt worden seien. Gegen diesen Beschlug richtet sich die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 27.1.1993, welcher der Familienrichter nicht abgeholfen hat. Hinsichtlich der näheren Begründung des Rechtsmittels wird auf den Inhalt der Beschwerde und der Erinnerungen Bezug genommen.

Die Beschwerde ist zulässig (§ 128 Abs. 4 BRAGO) und in der Sache auch begründet.

Allerdings sind das Verfahren der einstweiligen Anordnung und das Hauptsacheverfahren selbständige gebührenrechtliche Angelegenheiten (§ 41 Abs. 1 BRAGO). Das bedeutet, daß für die beteiligten Prozeßbevollmächtigten die Anwaltsgebühren für jedes Verfahren gesondert anfallen, und zwar auch dann, wenn die Angelegenheiten in demselben Gerichtstermin verhandelt werden. Entsprechendes gilt für das Verhältnis des Verfahrens der einstweiligen Verfügung zu dem Hauptsacheverfahren (§ 40 Abs. 1 BRAGO). Eine Ausnahme ist jedoch dann anzunehmen, wenn mehrere Rechtsstreitigkeiten durch einen gemeinsamen Vergleich beendet werden. Hier entsteht nur eine Vergleichsgebühr, die aus den zusammengerechneten Werten zu berechnen ist (vgl. Gerold/Schmidt-von Eicken, 11. Aufl., Rdnr. 52; Riedel/Sußbauer, 6. Aufl:, Rdnr. 36, Swolana/Hansens, 7. Aufl., Rdnr. 14, je zu § 23 BRAGO; OLG Köln, MDR 1973, 324). Dasselbe gilt auch für das Verhältnis des Hauptverfahren zu besonderen kostenrechtlichen Angelegenheiten des Verfahrens des Arrestes und der einstweiligen Verfügung – nach § 40 BRAGO – und der einstweiligen Anordnungen nach § 41 BRAGO (vgl. Senat JurBüro 1969, 514 = AnwBl. 1969, 200 = NJW 1969, 938; HansOlg Hamburg, Rpfleger 1958, 33 Ls Gerold/Schmidt-von Eicken, a. a. 0., Rdnr. 55; Riedel/Sußbauer, a. a. 0., Rdnr. 38 je zu § 23 BRAGO; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 17. Aufl. „Vergleichsgebühr 5.3”. Bei der gütlichen Bereinigung von Rechtsstreitigkeiten wirkt sich der besondere Charakter der einzelnen Verfahrensarten nicht aus. In einem einheitlichen Vergleich können die Angelegenheiten in verschiedenster Art bereinigt werden, und zwar sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Streitigkeiten.

Damit ist indem vorliegenden Fall die Vergleichsgebü...

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