Leitsatz (amtlich)

Die nachträgliche Eintragung altrechtlicher Nutzungsrechte, etwa von Gemeinde- und Weiderechten, im Grundbuch setzt auch bei einem Erwerb durch unvordenkliche Verjährung den Nachweis der privatrechtlichen Natur des Nutzungsrechts voraus.

 

Normenkette

GBO §§ 22, 29

 

Verfahrensgang

AG Sonthofen (Beschluss vom 26.03.2014)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des AG Sonthofen - Grundbuchamt - vom 26.3.2014 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist Eigentümer (u.a.) landwirtschaftlich genutzter Grundstücke. Mit Schreiben vom 25.11.2013 hat er beim Grundbuchamt die Eintragung jeweils eines Gemeinde- und Weiderechts im Bestandsverzeichnis zweier dieser Grundstücke (FlSte 4706 und 4708) beantragt.

Zu dem Flurstück 4708 sei zu dem bestehenden ein zweites Gemeinde- und Weiderecht nachzutragen, das vor 1904 im Grundsteuerkataster eingetragen gewesen, jedoch zu Unrecht nicht in das Grundbuch übertragen worden sei. Ein weiteres Gemeinde- und Weiderecht zu Flurstücken 4696/4697 sei bei einer Grundstücksveräußerung nicht mitverkauft worden und somit bei der Restfläche von Flurstück 4697 verblieben, das mit Flurstück 4706 verschmolzen sei. Auch insofern sei das Gemeinde- und Weiderecht, das ebenfalls 1904 nicht zu den Flurstücken 4696/4697 gebucht wurde, nachzutragen. Als Beweis für das Bestehen der Rechte seit unvordenklicher Zeit beruft sich der Beteiligte auf alte, in Ablichtung vorgelegte Urkunden, wie etwa Auszüge aus dem Grundsteuerkataster und aus Grundbüchern auch zu anderen Grundstücken, zudem auf ein Protokoll über die Liquidation des Besitzstands der Ortsgemeinde S. aus dem Jahr 1832, in der die gemeinschaftliche Beweidung von Viehweiden durch namentlich aufgeführte Personen "seit unfürdenkliche Zeiten" bekundet wird. Außerdem legt er einen Gemeinds-Vertrag aus dem Jahr 1833 zwischen der Ortsgemeinde S. und der Duralgemeinde O. vor, in dem vereinbart ist:

I. Nachdem Gemeindeglieder der selben Gemeinde ... [im weiteren namentlich genannt] mit dem heutigen den Weideplatz ... als ganz eigenthümlich an sich gebracht haben, so verpflichten sich dieselben, den Kaufschilling ... nach Häuserzahl zu berichtigen ... Dagegen soll sich auch die Benutzung des Weidbodens nach der gegenwärtigen Häuserzahl zu richten haben ...

II. Was die Gemeindelasten betreffe, so sollen solche gleich den Rechten an dem Gemeindegrund, worin nicht bloß die angekauften, sondern auch die bisher besessenen gehören, auch gleichheitlich von allen zu tragen und von jedem Hausbesitzer, oder wenn einer mehrere Häuser besitzt, auf welchen das Recht der Benutzung ruht, nach der Zahl derselben, in gleichheitlichem Maßstab zu leisten seyn.

Des Weiteren bezieht sich der Beteiligte auf ein Kataster (zu Bl. 1808) für den Voreigentümer von Flurstück 4708 mit der Eintragung:

1/4 Gemeinderecht zu zwei ganzen Nutzantheilen an den noch unvertheilten Gemeindebesitzungen

sowie

1/4 Weiderecht auf den Gemeindeviehweiden.

Den Antrag hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 26.3.2014 zurückgewiesen. Es sei nicht durch einen Rechtstitel nachgewiesen, dass es sich bei den Rechten um privatrechtliche Nutzungsrechte handele, die noch Bestand hätten.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten, mit der er verschiedene Eintragungsmitteilungen des Grundbuchamts vorlegt, so zum Grundstück FlSt 4708, wonach ein nicht mitübertragenes Gemeinde- und Weiderecht hier wieder am 20.3.1987 eingetragen wurde. Zudem beruft er sich auf die Neueintragung eines bisher ungebuchten Gemeinde- und Weiderechts unter Bezugnahme auf das Grundsteuerkataster von 1882 am 18.12. 2009.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist als unbeschränkte Beschwerde statthaft, § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO. Zwar macht der Beteiligte geltend, dass ein Recht im Grundbuch von Anfang an nicht eingetragen wurde und das Grundbuch daher unrichtig sei. Bei einer anfänglichen Unrichtigkeit kommt in der Regel nur die beschränkte Beschwerde nach § 71 Abs. 2 GBO mit dem Ziel der Eintragung eines Amtswiderspruchs in Betracht (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 150). Allerdings kann die fehlende Eintragung eines Rechts im Grundbuch des herrschenden Grundstücks nicht zu dessen gutgläubigen (lastenfreien) Erwerb führen, so dass die Berichtigung dieser anfänglichen Unrichtigkeit im Beschwerdeweg nach § 71 Abs. 1 GBO verfolgt werden kann (Hügel/Kramer § 71 Rn. 122; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 37).

Auch im Übrigen ist die Beschwerde zulässig, § 73 GBO.

2. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO, an deren Nachweis strenge Anforderungen zu stellen sind (etwa BayObLGZ 1986, 317/320; Demharter § 22 Rn. 37), nicht gegeben sind.

a) Von einer Unrichtigkeit des Grundbuchs ist auszugehen, wenn die formelle und die materielle Rechtslage divergieren (§ 894 BGB; Hügel/Holzer § 22...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge