Entscheidungsstichwort (Thema)

Parteigutachten zum schweizerischen Patentrecht ZPO § 91 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Erstattungsfähigkeit der Kosten für die Erstellung eines Parteigutachtens durch schweizerische Rechtsanwälte zu Fragen des schweizerischen Patentrechts.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 07.06.2004; Aktenzeichen 7 O 5352/01)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG München I vom 7.6.2004 dahin geändert, dass die von der Klägerin dem Beklagten zu erstattenden Kosten auf 6.904,92 EUR mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2004 verzinslich festgesetzt werden.

II. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Beschwerdewert wird auf 4.713,42 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit von Kosten für die Einholung zweier Parteigutachten zum schweizerischen Patentrecht.

Die durch die Rechtsanwaltkanzlei CMS H. vertretene Klägerin machte gegen den Beklagten u.a. einen Patentvindikationsanspruch hinsichtlich einer schweizerischen Patentanmeldung geltend. In einem Aufklärungs- und Hinweisbeschluss vom 10.1.2002 (vgl. Bl. 149 ff. d.A.) führte das LG aus, dass hinsichtlich dieser Anmeldung nach dem Sachvortrag der Klägerin weder vertragliche noch deliktische Anspruchsgrundlagen gegeben seien und auch die Vorschrift des § 8 PatG zur Patentvindikation alleine deutsche Patente und Patentanmeldungen betreffe. Das LG forderte die Klägerin deshalb auf, mitzuteilen, worauf sie ihren entsprechenden Abtretungsanspruch stütze, und ergänzte diese Aufforderung mit dem Hinweis, dass ein Vindikationsanspruch, weil ein quasi-dingliches Recht betreffend, nach allgemeinen internationalprivatrechtlichen Vorschriften dem Recht der Schweiz unterliegen dürfe. Daraufhin legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.2.2002 (vgl. Bl. 155 ff. d.A.) ein Rechtsgutachten der Schweizer Rechtsanwaltskanzlei CMS E. zu patentrechtlichen Abtretungsansprüchen nach schweizerischem Recht (Anlage K 38) vor. Nach weiterem Sachvortrag der Parteien gab das LG der Klägerin mit Hinweisbeschluss vom 23.1.2003 (vgl. Bl. 248 ff. d.A.) auf, darzulegen, wie nach schweizerischem Recht Merkmale in der zu vindizierenden Patentanmeldung zu behandeln seien, die über die Erfindung, wegen derer die Vindikation verlangt wird, hinausgingen. Daraufhin legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.3.2003 ein weiteres Rechtsgutachten der Kanzlei CMS E. (Anlage K 39) vor, das diese Frage behandelte.

In der Folge schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich, der u.a. vorsah, dass von den Kosten des Verfahrens und des Vergleichs die Klägerin 60 % und der Beklagte 40 % tragen.

Anschließend hat die Klägerin beantragt, die ihr zu erstattenden Kosten festzusetzen und dabei Kosten für die Erstellung der beiden Rechtsgutachten i.H.v. 11.783,56 EUR in Ansatz gebracht. Mit am 9.2.2004 eingegangenem Schriftsatz hat auch der Beklagte seine Kosten zur Kostenausgleichung angemeldet und sich der Berücksichtigung der klägerischen Kosten für die Gutachtenerholung widersetzt. Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Honorarbemessung in der Schweiz üblicherweise nach Zeitaufwand erfolge und detaillierte Einzelzeitnachweise der schweizerischen Kanzlei vorgelegt.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 7.6.2004 hat das LG die von der Klägerin an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf 11.618,34 EUR mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9.2.2004 festgesetzt. Dabei hat es die Kosten für die beiden Rechtsgutachten als nicht erstattungsfähig angesehen, weil die Kanzlei, welche die Gutachten erstattet habe, und die Kanzlei der Klägervertreter angesichts der gemeinsamen Bezeichnung CMS und der Nennung der schweizerischen Kanzlei mit dem Zusatz EWIV für EURpäische Wirtschaftsinteressenvereinigung auf dem Briefkopf der Klägervertreter zumindest so behandeln lassen müssten, als seien sie in einer überörtlichen Sozietät verbunden. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um Gutachten von einer neutralen dritten Person handele. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Gutachten innerhalb des Kanzleienverbunds erstellt und daher mit der Prozessgebühr abgegolten worden seien.

Gegen diesen der Klägerin am 9.6.2004 zugestellten Beschluss richtet sich deren am 23.6.2004 eingegangene sofortige Beschwerde, soweit die Kosten für die Rechtsgutachten i.H.v. 11.783,56 EUR abgesetzt worden sind. Sie trägt vor, dass zwischen der schweizerischen und der deutschen Kanzlei lediglich gemeinsame Marketing- und Fortbildungsmaßnahmen stattfänden, sie also nicht als überörtliche Sozietät zu behandeln seien. Auch komme es nicht darauf an, ob die Gutachten von einer neutralen dritten Person stammten, da gem. § 21 BRAGO auch der Prozessbevollmächtigte für die Ausarbeitung eines Gutachtens eine nicht auf andere Gebühren anzurechnende Gebühr erhalte. Zu erstatten sei eine solche Gebühr, wenn die Einholung des Gutachtens zur zweckentsprechenden Rechts...

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