Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen das Grundbuchamt bei geringwertigen Grundstücken (Grundstücksanteilen) von der Vorlage eines Erbscheins absehen kann.

 

Normenkette

GBO § 35 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

AG München

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Zwischenverfügung des AG München - Grundbuchamt - vom 11.2.2014 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass als Mittel der Beseitigung ein Nachweis der Erbfolge durch öffentliches Testament oder Erbvertrag entfällt.

II. Beschwerdewert: 250 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 2 und deren am 14.5.2012 verstorbener Ehemann sind als Miteigentümer zu je 75/100.000 des Teileigentums an einem Miteigentumsanteil von 1.158/100.000 an einem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der Heizung (Nr. 352 des Aufteilungsplans), im Grundbuch eingetragen. Zu notarieller Urkunde vom 6.12.2013 verkaufte sie die beiden Miteigentumsanteile für insgesamt 1.700 EUR an den Beteiligten zu 1 als Alleineigentümer. Der Vertrag enthält die beiderseitige Verpflichtung, darauf hinzuwirken, dass zum Nachweis der Erbfolge im Grundbuch kein Erbschein erforderlich ist, sondern dass die vom Grundbuchamt im Hinblick auf § 35 Abs. 3 GBO in diesem Fall für erforderlich gehaltenen Vereinfachungen erfüllt werden. Die Auflassung ist erklärt.

Am 17.12.2013 hat der beurkundende Notar gem. § 15 GBO die Eigentumsumschreibung beantragt. Er hat dazu (u.a.) vorgelegt:

  • eidesstattliche Versicherung der Beteiligten zu 2 vom 2.12.2013, dass diese aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 11.10.2004/16.9.2007 Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes geworden sei und das Erbe angenommen habe,
  • Niederschrift über die Testamentseröffnung vom 28.6.2012,
  • Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht vom 28.6.2012.

Am 11.2.2014 hat das Grundbuchamt mit fristsetzender Zwischenverfügung einen Nachweis der Erbfolge durch Erbschein, öffentliches Testament oder Erbvertrag angefordert. Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 1 mit seiner Beschwerde vom 18.4.2014. Er meint, die Beschaffung eines Erbscheins sei unverhältnismäßig, weil die reinen Erbscheinskosten mit 250 EUR nahezu 1/3 des Kaufpreises ausmachten. Es ständen noch weitere Übertragungen von Miteigentumsanteilen mit derselben Problematik an. Deshalb solle auch über den Einzelfall hinaus zur Unverhältnismäßigkeit i.S.v. § 35 Abs. 3 GBO Stellung genommen werden, unter Umständen mit Zulassung der Rechtsbeschwerde.

Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen; unverhältnismäßiger Aufwand an Kosten oder Mühe sei nicht zu betreiben.

II. Die nach § 71 Abs. 1 mit § 73 GBO zulässige Beschwerde gegen die Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) hat Erfolg, soweit als Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses die Vorlage eines öffentlichen Testaments oder Erbvertrags (s. § 35 Abs. 1 Satz 2 GBO) aufgeführt ist. Ersichtlich sind die Beteiligten dazu nicht nur nicht willens, sondern auch nicht in der Lage (vgl. OLG Düsseldorf MDR 2012, 274). Denn der Erblasser hat (nur) privatschriftlich verfügt und die Beteiligte zu 2 eine eidesstattliche Erklärung vorgelegt, nach der sie aufgrund des privatschriftlichen Testaments Alleinerbin nach ihrem Ehemann geworden ist. Im Übrigen bestehen gegen den im Weg der Zwischenverfügung angeforderten Erbnachweis in Form eines Erbscheins (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GBO) keine Bedenken. Die Beteiligten haben sich zwar vertraglich verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass zum Nachweis der Erbfolge im Grundbuch kein Erbschein erforderlich ist. Damit haben sie aber nicht schon endgültig zu erkennen gegeben, den geforderten Nachweis keinesfalls erbringen zu wollen und damit auch auf den durch die Zwischenverfügung ausgelösten Schutz (§ 18 Abs. 2 GBO) im Grundbuchverfahren zu verzichten.

Zu Recht verneint das Grundbuchamt die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 35 Abs. 3 GBO. Im Rahmen des gesetzlich eingeräumten eigenen Ermessens (s. Demharter, GBO, 29. Aufl., § 77 Rz. 2) kommt der Senat zu keinem anderen Ergebnis als das Grundbuchamt.

1. Nach der Grundregel des § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO kann der Nachweis der Erbfolge - wenn nicht offenkundig (Demharter, § 35 Rz. 8) - nur durch einen nach § 2353 BGB zu erteilenden Erbschein geführt werden. Zum Nachweis lässt das Gesetz daneben die Vorlage einer öffentlichen Urkunde zu, die eine letztwillige Verfügung beinhaltet, zusammen mit der Niederschrift über deren Eröffnung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 GBO). Ausnahmsweise kann das Grundbuchamt zur Eintragung eines (Mit-) Eigentümers von den genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen, nicht der Form des § 29 GBO entsprechenden Beweismitteln begnügen, wenn das Grundstück oder dessen Anteil weniger als 3.000 EUR wert ist und die Beschaffung des Erbscheins nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist (§ 35 Abs. 3 Satz 1 GBO); in diesem Fall kann der Antragsteller auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden (§ 35 Abs. 3 Satz 2 GBO).

Wie bereits das Grundbuchamt zutreffend ausgeführt hat, setzt die Anw...

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