Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderungsvorbehalt in einer erbvertraglichen Bestimmung. Prüfungsumfang im Erbscheinsverfahren. Ausschluss von der Erbfolge. Testierfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Richtet sich die Beschwerde gegen einen Vorbescheid in einer Nachlasssache, hat das Beschwerdegericht die Richtigkeit des angekündigten Erbscheins auch insoweit zu prüfen, als eine Unrichtigkeit den Beschwerdeführer nicht beschwert.

In einem Erbvertrag kann dem überlebenden Ehegatten das Recht vorbehalten werden, die einzige vertragsmäßig bindend getroffene Verfügung abzuändern, wenn die Ausübung des Vorbehalts nur unter bestimmten, genau festgelegten Voraussetzungen möglich ist.

 

Normenkette

FGG §§ 19 ff.; BGB §§ 2289, 2229 Abs. 4, § 2289 Abs. 1 S. 2, § 2361 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Passau (Beschluss vom 02.03.2006; Aktenzeichen 2 T 111/05)

AG Passau (Aktenzeichen 1 VI 431/03)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des LG Passau vom 2.3.2006 wird zurückgewiesen.

II. Der Beteiligte zu 2) hat die den übrigen Beteiligten im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 4,6 Mio. EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Erblasserin ist am 1.5.2003 im Alter von 78 Jahren verstorben. Ihr Ehemann ist am 11.9.1975 im Alter von 67 Jahren vorverstorben. Die Eheleute waren seit 1947 verheiratet und hatten vier Kinder. Die älteste Tochter ist am 8.8.1975 verstorben. Die Beteiligte zu 4) (geboren 1972) ist deren Tochter. Die Beteiligten zu 1) und 3) sind die beiden anderen Töchter des Ehepaares, der 1957 geborene Beteiligte zu 2) ist der einzige Sohn.

Am 5.5.1973 schlossen die Ehegatten einen Ehe- und Erbvertrag, der auszugsweise wie folgt lautet:

"Unser Vermögen besteht im Wesentlichen aus dem jeweiligen Anteil an der zum 1.1.1970 errichteten Kommanditgesellschaft "E.R." in P.

C. Erbvertrag

II. Herr E.R. - nachfolgend "Vater" genannt - und seine Ehefrau E.R. - nachfolgend "Mutter" genannt - vereinbaren erbvertragsmäßig und damit bindend, dass alleiniger Erbe der Ehefrau immer der Sohn Er.R. ist. Ersatzweise sind dessen eheliche Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen bedacht.

Diese Vereinbarung gilt auch dann, wenn bei der Mutter ein neuer pflichtteilsberechtigter Angehöriger, insb. ein neuer Ehegatte, hinzutreten sollte.

Es bestehen jedoch die Änderungsvorbehalte der Ziff. III. und die Möglichkeit der Beschwer gem. Ziff. IV.

III.1. ...

2. Die Mutter kann nach Ableben des Vaters die Ersatzerbenbestimmung ändern mit der Einschränkung, dass ersatzweise nur einer oder mehrere der gemeinschaftlichen ehelichen Abkömmlinge von Vater und Mutter ersatzweise zu Erben berufen werden dürfen, eventuell unter Beschwerungen zugunsten anderer gemeinsamer Abkömmlinge.

Die Mutter kann nach Ableben des Vaters den Sohn Er. von jeglicher Erbfolge ganz oder teilweise ausschließen und über den freiwerdenden Anteil zugunsten eines oder mehrerer der gemeinschaftlichen ehelichen Abkömmlinge von Vater und Mutter anderweitig verfügen, wenn Tatsachen ernste Zweifel an der Eignung des Sohnes Er. für die ordnungsgemäße Fortführung des Betriebes rechtfertigen. Zur Änderung berechtigt insb. alles, was zur Erbunwürdigkeit oder zum Pflichtteilsentzug führen kann, ferner verschwenderische Lebensführung, Arbeitsscheue, Interesselosigkeit am Betriebsgeschehen, Unterlassung einer dem Lebensalter angemessenen, der Unternehmensfortführung dienlichen Berufsausbildung, grobe Straftaten, schwere körperliche Mängel, geistige Erkrankung, grober Leichtsinn in geschäftlichen Angelegenheiten, außerbetriebliche Verschuldung, Trunk- oder Rauschgiftsucht.

Die Änderungsmöglichkeit gilt als nicht eingeräumt, wenn im Zeitpunkt des Ablebens der Mutter die Gründe für die Enterbung des Sohnes Er. seit mindestens drei Jahren weggefallen waren ...

D. Letztwillige Verfügungen des Vaters

Herr E.R. nachfolgend "Vater" genannt, bestimmt nicht erbvertragsmäßig, somit in einseitig jederzeit frei widerruflicher Weise folgendes:

I. Erben des Vaters sind die Ehefrau E.R. zur einen Hälfte, ersatzweise der Sohn Er., der Sohn Er. zur anderen Hälfte, ersatzweise dessen derzeit nicht vorhandene eheliche Abkömmlinge zu gleichen Stammanteilen. Ein weiterer Ersatzerbe soll heute nicht bestimmt werden. ...

H. Wir, die Eheleute E. und E.R., vereinbaren hiermit erbvertragsmäßig folgendes noch in Ergänzung unserer letztwilligen Verfügungen:

Zu Lasten des oder der Erben des Erstversterbenden von uns bzw. von uns beiden bei gleichzeitigem Ableben erhalten unsere Töchter Ma. und Mo. je einen Geldbetrag i.H.v. fünfzigtausend Deutsche Mark mal Zahlungsindex geteilt durch den Mai-Index ..."

Am 23.12.1982 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie unter Berufung auf die Änderungsmöglichkeit im Erbvertrag vom 5.5.1973 unter Ziff. II bestimmte:

"Mein Sohn soll nach meinem Ableben lediglich die in Abschnitt IV dieses Testaments für ihn niedergelegten Vermächtnisse erhalten. Im Übrigen schließe ich...

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