Normenkette

BGB § 1577 Abs. 2, § 1578

 

Verfahrensgang

AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Aktenzeichen 2 F 636/00)

 

Tenor

I. Der Beklagten wird für das Berufungsverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. Prozesskostenhilfe bewilligt (§§ 119, 114, 115 ZPO).

II. Dem Kläger wird aus Kostengründen nahe gelegt, seine Berufung zurückzunehmen.

III. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 6.384 DM = 3.264 Euro festgesetzt (§ 17 Abs. 4 GKG für Oktober 2000: 1.353 - 585 = 768; § 17 Abs. 1 GKG ab 11/2000: 2 × 768 + 10 × (993 - 585)).

 

Gründe

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist für die anzusetzende Steuer immer die tatsächliche Steuerlast maßgebend, auch bei einem Wechsel der Steuerklasse von I auf III (BGH v. 24.1.1990 – XII ZR 2/89, MDR 1990, 717 = FamRZ 1990, 499; v. 31.1.1990 – XII ZR 35/89, MDR 1990, 917 = FamRZ 503; v. 26.9.1990 – XII ZR 45/89, 991 ff.; FamRZ 1991, 304). Ferner besteht die Obliegenheit, mögliche Freibeträge auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen (BGH v. 25.11.1998 – XII ZR 33/97, MDR 1999, 161 = FamRZ 1999, 372). Entgegen dem Vortrag des Klägers kann es wegen des Realsplittings daher nicht darauf ankommen, ob der Kläger die Lohnsteuerklasse III oder IV hat. Die Lohnsteuer ist nur eine Unterart der Einkommensteuer (§ 38 EStG), i.E. ist aber die vom Kläger zu leistende Einkommensteuer maßgebend, die keine Unterscheidung zwischen Steuerklasse III oder IV kennt, sondern bei Verheirateten nur den einheitlichen Splittingtarif. Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des OLG Frankfurt (OLG Frankfurt v. 8.6.1995 – 6 UF 198/94, FamRZ 1995, 1423; v. 8.7.1999 – 1 UF 269/97, OLGReport Frankfurt 1999, 254 = NJW-RR 2000, 369), dass neben einem Splittingvorteil nicht kumulativ der Steuervorteil aus Realsplitting zugerechnet werden darf, weil dadurch die ehelichen Lebensverhältnisse aus der ersten Ehe überstiegen werden. Mit seiner Rechtsprechung, dass es bei der Steuerlast immer auf die tatsächlich zu zahlende Steuer ankommt, folgt der BGH dieser Auffassung gerade nicht. Abgestellt werden dürfte insoweit nicht auf den Realsplittingvorteil, sondern auf den Steuervorteil durch die Wiederverheiratung des Klägers. Insoweit entspricht es aber der gefestigten Rechtsprechung, dass dieser Steuervorteil in der neuen Familie allein bei einer Korrektur des Einkommens nach § 1579 Nr. 7 BGB zu verbleiben hat, wenn diese aufgrund beengter finanzieller Verhältnisse darauf angewiesen ist (BGH v. 20.3.1996 – XII ZR 45/95, MDR 1996, 711 = FamRZ 1996, 798). Diese Voraussetzungen sind wegen der Berufstätigkeit der zweiten Ehefrau des Klägers nicht gegeben. Ansonsten kommt dieser Steuervorteil beiden Familien zugute. Dass die Kumulation Splittingvorteil und Realsplitting zusammentreffen kann, liegt allein an der Ausgestaltung des Realsplittings als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG, die nicht auf Fälle der getrennten Veranlagung beschränkt ist. Splittingvorteil und Realsplitting kommen damit ebenfalls sowohl der alten als auch der neuen Familie des Klägers zugute.

Keine Rolle spielt nach obigen Ausführungen, dass der Kläger im November 2000 die Steuerklasse wechselte. Nachdem er einen Freibetrag wegen Realsplittings eingetragen hatte, errechnet sich im Jahre 2000 entsprechend der von ihm tatsächlich gezahlten Steuer nach der vorgelegten Gehaltsbescheinigung ein Nettoeinkommen von 5.998 DM, für 2001 von 5.459 DM. Dieses wäre an sich noch zu erhöhen, weil der Kläger 2001 lediglich einen Freibetrag von 552 DM monatlich statt wie bisher von 1.270 DM eingetragen hatte. Letzteres kann aber offen bleiben, ebenso die Behandlung der im Jahre 2000 an den Kläger geflossenen Steuererstattung, da bereits das für 2001 beim Kläger angesetzte Einkommen zu einem höheren Unterhalt der Beklagten als vom Erstgericht errechnet führen würde. Das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers beläuft sich damit für 2000 auf 4.404 DM (5.998 – 300 (= 5 %) – 2 × 647), für 2001 bis Juni auf 3.892 DM (5.459 – 273 – 2 × 647), ab Juli auf 3.854 DM (5.459 – 273 – 2 × 666), ab Juni 2002 auf 3.732 DM bzw. 1.908 Euro (5.459 – 273 – 666 – 788). Dabei wird zugunsten des Klägers unterstellt, dass er jeweils Kindesunterhalt nach Gruppe VIII der DT entsprechend seinem Einkommen bezahlte.

Das bereinigte Nettoeinkommen der Beklagten betrug 2000 unstreitig 960 DM (1.010 – 5 %), ab 2001 nach der vorgelegten Lohnsteuerkarte 1.152 DM (1.213 – 5 %). Hierbei handelte es sich um ein Einkommen aus unzumutbarer Tätigkeit, da die Beklagte trotz der Betreuung der beiden 1990 und 1994 geborenen Kinder nach der Trennung zu arbeiten begonnen hatte. Da es um einen abzuändernden Vergleich aus dem Jahre 1998 geht, war dieses Einkommen nach der früheren Rechtsprechung des BGH bis Juni 2001 nicht prägend und wurde auch entsprechend im abzuändernden Vergleich eingestellt, ab der geänderten Rechtsprechung des BGH zu den ehelichen Lebensverhältnissen mit Urteil vom 13.6.2001 dagegen eheprägend (BGH v. 13.6.2001 – XII ZR 343/99, BGHReport 2001, 549 = MDR 2001, 991 = FamRZ 2001, 986; Fam...

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