Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollzug der Auflassung - Antrag der Erben als Erwerber

 

Leitsatz (amtlich)

Eine beim Grundbuchamt eingegangene, aber nicht vollzogene Auflassung aus dem Jahr 1966 kann auf Eintragungsantrag auch noch nach mehreren Jahrzehnten durch Eintragung der Erben der Erwerber als Eigentümer vollzogen werden, sofern die übrigen Eintragungsvoraussetzungen nachgewiesen sind.

 

Normenkette

GBO §§ 13, 19-20, 29, 53 Abs. 1 S. 1; RPfG § 11 Abs. 1; RPfG § 11 Abs. 3; BGB § 873 Abs. 2, §§ 894, 1922 Abs. 1; GNotKG § 22 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 11 gegen die Eintragung der Beteiligten zu 1 bis 10 als Eigentümer in Erbengemeinschaft des Flurstücks .../X im Grundbuch des Amtsgerichts Passau von Leoprechting Blatt ... wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Beteiligte zu 11 gegen die am 11.5.2017 vorgenommene Eintragung der Beteiligten zu 1 bis 10 im Grundbuch als in Erbengemeinschaft verbundene Eigentümer von Grundbesitz.

Der frühere Eigentümer zweier Grundstücke, G. B., und die Erwerber M. und A. S. erklärten zu notarieller Urkunde vom 5.9.1966 die Auflassung des nach Wegvermessung aus FlSt ... hervorgegangenen Grundstücks .../X sowie des Grundstücks .../X. Im Grundbuch vollzogen wurde nur die Auflassung des Grundstücks .../X durch Eintragung von M. und A. S. als Miteigentümer zu je 1/2.

Nach A. S. ist auch M. S. verstorben. Erben von A. S. waren M. S. und die Beteiligten zu 1 bis 9, Erben des Zuletztverstorbenen sind die Beteiligten zu 1 bis 10.

Auch G. B. ist verstorben. Als neuer Eigentümer des Grundstücks .../X wurde am 8.3.1991 der Beteiligte zu 11 aufgrund Erbscheins eingetragen.

Bezüglich dieses Grundstücks beantragte der Beteiligte zu 1 am 1.3.2017 zu Protokoll des Grundbuchamts die Eigentumsumschreibung auf die Erbengemeinschaft nach M. S. in Vollzug der bei den Grundakten befindlichen Auflassungsurkunde vom 5.9.1966.

Das Grundbuchamt benachrichtigte den Beteiligten zu 11 vom Eintragungsantrag. Dieser erklärte am 31.3.2017, der Eigentumsübertragung zu widersprechen, und bat um Übersendung einer Urkunden-Kopie, um die Besitzverhältnisse zu klären. Diese Unterlagen übersandte das Grundbuchamt mit Schreiben vom 10.4.2017. Eine Reaktion des Beteiligten zu 11 erfolgte zunächst nicht. Am 11.5.2017 nahm das Grundbuchamt die Umschreibung antragsgemäß auf der Grundlage der Auflassungsvormerkung und des Erbscheins nach M. S. vor und teilte die Eintragung dem Beteiligten zu 11 brieflich mit. Nachdem dieser mit Schreiben vom 6.6.2017 und 23.6.2017 behauptete, keinerlei Unterlagen bekommen zu haben, wurden ihm Kopien des notariellen Kaufvertrags sowie der notariellen Auflassung mit Schreiben vom 26.6.2017 am 29.6.2017 zugestellt.

Am 23.6.2017 und 7.9.2017 hat der Beteiligte zu 11 Widerspruch gegen die Eigentumsübertragung eingelegt. Er habe das betreffende Grundstück als Rechtsnachfolger nach dem Tod seines Vaters erhalten. Für dieses Grundstück sei kein Zahlungsnachweis eingegangen, weshalb die Übertragung im Grundbuch nicht hätte vorgenommen werden dürfen. Im weiteren Schriftverkehr mit dem Grundbuchamt und dem Oberlandesgericht legte er ein Schreiben seines Anwaltes vom 30.11.2011 an den Erblasser M. S. vor, in dem diesem mitgeteilt wurde, dass der Beteiligte zu 11 Eigentümer des Grundstücks und dieses von Herrn S. zu räumen und herauszugeben sei. Er trug vor, darauf sei weder ein Widerspruch noch eine Gegendarstellung eingegangen. Weiter legte er eine eidesstattliche Versicherung vom 30.11.2017 vor, wonach Herr S. "eines Tages um die Mittagszeit" nachfragte, "ob er den Gartenzaun der ganzen Länge des Restgrundstücks machen dürfe, weil ihm das Restgrundstück nicht gehöre".

Das Grundbuchamt hat am 6.11.2017 der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Der als Widerspruch bezeichnete Rechtsbehelf des Beteiligten zu 11 ist als beschränkte Beschwerde zulässig.

Gegen eine unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens stehende Eintragung im Grundbuch kann der Betroffene nach § 11 Abs. 1, Abs. 3 RPflG, § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO Beschwerde (nur) mit dem Ziel einlegen, gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit der beanstandeten Eintragung oder gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO deren Löschung wegen inhaltlicher Unzulässigkeit herbeizuführen. In diesem Sinne sind die Eingaben des Beteiligten zu 11 auszulegen (vgl. Demharter GBO 30. Aufl. § 71 Rn. 55), denn regelmäßig ist anzunehmen, dass der Beschwerdeführer das Rechtsmittel mit dem zulässigen Inhalt einlegen will.

Das Rechtsmittel ist formgerecht eingelegt (§ 73 GBO) und auch im Übrigen zulässig. Der Beteiligte zu 11 ist beschwerdeberechtigt, da er, falls die beanstandete Eintragung unrichtig wäre, nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte (OLG Hamm FGPrax 1996, 210; Demharter § 71 Rn. 69), denn er behauptet, mangels Nachweises über die Kaufpreiszahlung und des...

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