Leitsatz (amtlich)

1. Die in § 5 Abs. 2 PKW-EnVKV geregelten Informationspflichten betreffend Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen in elektronischem Werbematerial haben ihre Grundlage in der Richtlinie 1999/94/EG vom 13.12.1999 über die Bereitstellung von Verbraucherinformationen über den Kraftstoffverbrauch und CO2-Emissionen beim Marketing für neue Personenkraftwagen, weil der deutsche Gesetzgeber zulässigerweise von der in Art. 6 Abs. 2 und Erwägungsgrund 11 der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, die Informationspflichten für elektronisches Werbematerial zu regeln.

2. Hinsichtlich der in Abschnitt II Nr. 3 der Anlage 4 zu § 5 PKW-EnVKV geregelten Pflichten, wonach u.a. sicherzustellen ist, dass dem Empfänger des Werbematerials die geschuldeten Informationen automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangen, in dem erstmalig Angaben zu Motorisierung auf der Internetseite angezeigt werden, kann der Werbetreibende sich nicht auf die technische Funktionalität von Facebook berufen, wonach ein Werbeposting ab einer speziellen Länge gekürzt wird und der komplette Text und die Pflichtangaben erst nach Anklicken des Buttons "Mehr anzeigen" dargestellt werden.

 

Normenkette

UWG §§ 3a, 5a Abs. 2, 4; PKW-EnVKV § 5 Abs. 2; PKW-EnVKV Anlage 4 zu § 5 Facebook-Posting

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 10.08.2016; Aktenzeichen 84 O 87/16)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 10.08.2016 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 87/16 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Dieses Urteil und das des LG sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs 20.000,00 EUR und im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für den Kläger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein nach dem Wettbewerbsrecht klagefähiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Die Beklagte handelt mit neuen und gebrauchten Kraftfahrzeugen. Am 24.11.2015 warb sie auf der Internetplattform Facebook (Posting vom 07.03.2015) für einen PEUGEOT 308 GT, Turbo Benziner mit 151 kW (205 PS), sowie den PEUGEOT 308 GT, BlueHDi Dieselmotor mit 133 kW (180 PS), ohne Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen. Diese Angaben waren lediglich über die verlinkte Herstellerseite abrufbar. Am selben Tag warb die Beklagte bei Facebook (Posting vom 22.10.2015) für den PEUGEOT 308 Gti by PEUGEOT Sport mit 1,6 Liter-THP-Turbobenziner mit 200 kW (272 PS), ebenfalls ohne Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen zu machen. Diese Angaben erschienen erst, wenn man den Link "Mehr anzeigen" anklickte.

Der Kläger, der in beiden Postings einen Verstoß gegen die Pkw-EnVKV sieht, hat nach erfolgloser Abmahnung die Beklagte auf Unterlassung sowie Zahlung einer Abmahnkostenpauschale von 229,34 EUR in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat eingewandt, bei den beanstandeten Postings auf Facebook handele es sich bereits nicht um in elektronischer Form verbreitetes Werbematerial. Die Anlage 4 Abschnitt II Ziffern 2 und 3 der Pkw-EnVKV finde keine Rechtsgrundlage in der EU-Richtlinie 1999/94/EG. Die Pkw-EnVKV sei jedenfalls richtlinienkonform dahin auszulegen, dass die beanstandeten Facebook-Postings nicht der Verpflichtung zur Angabe von Verbrauchswerten unterfielen. Ein Facebook-Posting sei nicht mit einer "Werbeschrift" vergleichbar, auf die die Richtlinie abziele. Es reiche aus, wenn die Verbrauchswerte über eine Verlinkung abrufbar seien. Aus den gleichen Erwägungen sei jedenfalls die Spürbarkeitsgrenze nicht erreicht.

Mit Urteil vom 10.08.2016, auf das wegen der weiteren Einzelheiten gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG der Beklagten antragsgemäß bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1) für neue Personenkraftwagen PEUGEOT 308 GT, Turbo Benziner mit 151 kW (205 PS) und/oder PEUGEOT 308 GT, BlueHDi Dieselmotor mit 133 kW (180 PS) im Internet zu werben, ohne die gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 Pkw-EnVKV i.V.m. Anlage 4 Abschnitt II Ziffer 2 erforderlichen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen anzugeben,

2) für neue Personenkraftwagen PEUGEOT 308 Gti by PEUGEOT Sport mit 1,6 Liter-THP-Turbobenziner mit 200 kW (272 PS) im Internet zu werben, ohne die gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 Pkw-EnVKV i.V.m. Anlage 4 Abschnitt II Ziffern 2, 3 erforderlichen Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2-Emissionen automatisch in dem Augenblick anzuzeigen, i...

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