Entscheidungsstichwort (Thema)

Lesbarkeit von Preisbedingungen in Zeitungsanzeige

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Einem an die konkrete Verletzungsform angelehnten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag, mit dem untersagt werden soll, Angebotsbedingungen "nur in einer Schriftgröße, wie als Anlage ersichtlich, anzugeben", kann im Laufe des Verfahrens vom Kläger eine weitergehende Deutung und damit eine Erweiterung des Verbotsumfangs beigegeben werden, wenn auch ein an das abstrakte Merkmal der Schriftgröße anknüpfendes Verbot erstrebt wird. Damit wird ein neuer Streitgegenstand in das Verfahren eingeführt.

2.) Die Auslegung des Klägervorbringens kann ergeben, dass der ursprüngliche, weniger weit gehende Antrag damit nicht aufgegeben, sondern hilfsweise weiterverfolgt wird.

3.) Auch bei einer Schriftgröße von 5,5 Pt. können besondere, die Deutlichkeit des Schriftbildes in seiner Gesamtheit fördernde Umstände die tatrichterliche Würdigung rechtfertigen, dass die Schrift ausnahmsweise noch ohne besondere Konzentration und Anstrengung lesbar ist.

4.) Die in der Druckvorlage für eine Zeitungsanzeige danach noch hinnehmbare Schriftgröße von 5,5 Pt. rechtfertigt bei deutlich schlechterer Lesbarkeit der Zeitungsanzeige aufgrund der bekannten Zusammensetzung und Qualität von Zeitungspapier ein an die konkrete Verletzungsform angelehntes Verbot unabhängig davon, ob der Druckauftrag durch den Zeitungsverlag weisungswidrig umgesetzt wurde.

 

Normenkette

ZPO § 252 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 6

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 15.03.2011; Aktenzeichen 11 O 116/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.3.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Bonn - 11 O 116/10 - unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels teilweise dahin abgeändert, dass die Klage im Übrigen abgewiesen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der früheren Beklagten Deutsche Telekom AG, die allein der Kläger zu tragen hat, werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht ihr Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der klagende Verbraucherschutzverein nimmt (nach Parteiwechsel) die (jetzige) Beklagte wegen einer am 15.7.2010 in der Tageszeitung "Mannheimer Morgen" erschienenen Werbeanzeige (Anlage K 2) in Anspruch, die er wegen fehlender Lesbarkeit der in zwei Fußnoten erläuterten Angebotsbedingungen beanstandet, was bereits vor Drucklegung erkennbar gewesen sein müsse. In seiner Klageschrift vom 30.9.2010 hat er die Werbung als irreführend bezeichnet und ausgeführt, dass die Kopie einer Anzeige mit anderer grafischer Darstellung, die der Antwort auf seine Abmahnung beigefügt war, mit der hier streitgegenständlichen nichts zu tun habe und nicht darauf eingegangen werden müsse, ob dort die Schrifttype besser lesbar erscheine.

Er hat beantragt, es der Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr für eine Doppel-Flatrate mit einem Sofortpaket "D & T Comfort" zu werben und die Bedingungen nur in einer Schriftgröße, wie als Anlage ersichtlich, anzugeben.

[Es folgt die Einblendung der farbigen Original-Zeitungsanzeige.]

Der Kläger hat sich, auf das zwischenzeitliche Verteidigungsvorbringen replizierend, mit Schriftsatz vom 3.12.2010 auch auf einen Verstoß der Beklagten gegen die Anforderungen an eine transparente Preisangabe berufen und mit Schriftsatz vom 28.1.2011 erklärt, dass er mit dem beantragten Verbot die von der Beklagten verwendete Schriftgröße schlechthin beanstande, ohne dass es darauf ankomme, inwieweit sich die schlechte Lesbarkeit zusätzlich aus der gewählten Druckfarbe oder einer fehlerhaften Drucktechnik ergeben könnte. Wäre er der Auffassung, dass bei einem Fließtext in gleicher Schriftgröße, aber in schwarzer Farbe auf weißem Grund die Preistransparenz gewahrt sei, hätte er dies im Klageantrag zum Ausdruck gebracht. Die für die Anzeige verwendete Schriftgröße betrage allenfalls 5,5 Pt. und sei schon deshalb zu klein.

Das LG hat die Beklagte mit der angefochtenen Entscheidung verurteilt, es zu unterlassen.

im geschäftlichen Verkehr im Rahmen einer Zeitungsanzeige für eine Doppel-Flatrate mit einem Sofortpaket "D & T Comfort" zu werben und die Bedingungen nur in einer Schriftgröße, wie als Anlage ersichtlich, anzugeben.

[Es folgt eine Schwarz-Weiß-Kopie der Anzeige.]

Es hat den in die Urteilsformel eingefügten Zusatz "im Rahmen einer Zeitungsanzeige" ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge