Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 7 O 400/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 28.01.1999 – 7 O 400/98 – einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten für das Urteil erster Instanz und das Berufungsverfahren wird abgesehen. Die Entscheidung über die Kosten der Berufung im übrigen bleibt dem Landgericht vorbehalten.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in W.. Durch Ordnungsverfügung vom 22.06.1992 wies die Stadt W. in die im 2. Obergeschoß gelegene Wohnung die Familie E. mit ihren 5 Kindern zur Abwendung der Obdachlosigkeit ein. Nach deren Umsetzung wurde die Wohnung durch Ordnungsverfügung vom 11.10.1993 von der obdachlos gewordenen Familie B./Br. mit 5 weiteren Haushaltsangehörigen belegt. In die im 1. Obergeschoß gelegene Wohnung wurde durch weitere Ordnungsverfügung vom 10.03.1993 die Familie Bö. mit ihren 5 Kindern eingewiesen. Für die Inanspruchnahme der Räumlichkeiten zahlte die Stadt W. dem Kläger ein monatliches Nutzungsentgelt von 800,00 DM bzw. 1.250,00 DM.

Nach der Räumung der beiden Wohnungen am 02.05.1994 machte der Kläger gegenüber der Stadt W. geltend, daß sein Haus (Wohnungen, Treppenhaus und Dachboden) durch die Einweisung Schaden genommen habe und daß ihm hierfür wie für die als Folge davon entstandenen Mietausfälle Schadensersatz zu leisten sei. Zur Wahrnehmung seiner Interessen gegenüber der Stadt W. schaltete er den Beklagten ein. Die vom Kläger zunächst verfolgte Absicht, sich mit der Stadt W. außergerichtlich zu verständigen, führte nicht weiter. Es wurde deshalb zum Zustand der Wohnungen ein selbständiges Beweisverfahren (1 OH 29/94 LG Bonn) durchgeführt. Der Beklagte fertigte auf der Grundlage des in diesem Verfahren erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Ba. einen Klageentwurf an, den er dem Kläger übermittelte. Danach geriet die Akte „aus dem Blickfeld” des Beklagten. Als sie ihm auf einen entsprechenden Hinweis zur Überprüfung der Verjährung wieder vorgelegt wurde, stellte er fest, daß (etwaige) Entschädigungsansprüche des Klägers zwischenzeitlich verjährt waren. Eine gerichtliche Geltendmachung unterblieb deshalb.

Der Kläger nimmt deshalb mit der vorstehenden Klage den Beklagten wegen schuldhafter Verletzung ihm obliegender Anwaltspflichten auf Schadensersatz in Anspruch.

Dazu hat er sich darauf berufen, daß eine Entschädigungsklage gegen die Stadt W. Erfolg gehabt hätte. Zum Zeitpunkt der Einweisung hätten sich die Wohnungen in einem „ordnungsgemäßen”, „uneingeschränkt bewohnbaren” Zustand befunden. Die von dem Sachverständigen Ba. festgestellten Schäden seien nachweislich durch die eingewiesenen Personen verursacht worden. Er hätte deshalb gegenüber der Stadt W. ein ihm günstiges Urteil erstritten, wenn nicht der Beklagte den Anspruch hätte verjähren lassen. Der Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihm den daraus erwachsenen Schaden und die vergeblich aufgewendeten Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen. Diese hat er wie folgt beziffert:

Sachschäden:

42.223,65 DM

,

als Folge der Sachschäden entstandene Mietausfallschäden:

34.850,00 DM

,

unnütz aufgewandte Anwalts- und Gerichtskosten:

9.212,22 DM

zusammen:

86.285,87 DM

.

Demgemäß hat der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 86.285,87 DM nebst 4 % Zinsen aus 9.212,22 DM seit dem 17.09.1997 und aus (weiteren) 77.073,65 DM seit dem 21.10.1997 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Einwände zum Anspruchsgrund hat er nicht erhoben. Vielmehr hat er zur Begründung seines Klageabweisungsantrages im wesentlichen darauf verwiesen, daß die Ansprüche, die sich der Kläger wegen Verschlechterung des Objekts ausrechne, vollkommen überzogen und unrealistisch seien. Das Gutachten Ba. sei weitgehend unbrauchbar. Es gebe nur den Zustand der Räumlichkeiten zum Zeitpunkt der Besichtigung durch den Gutachter wieder. Die Wohnungen seien jedoch schon vor den Einweisungen mit Schäden übersät und stark renovierungsbedürftig gewesen. Für den Erfolg einer gegen die Stadt W. gerichteten Entschädigungsklage wäre es deshalb entscheidend darauf angekommen, ob der Kläger den Beweis hätte führen können, daß die behaupteten Beschädigungen während der Dauer der Einweisung und als deren Folge entstanden seien. Diesen Nachweis hätte der Kläger jedoch niemals führen können.

Das Landgericht hat die Klage – ohne Beweisaufnahme – abgewiesen und dazu im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, daß er den Prozeß gegen die Stadt W. gewonnen hätte. Voraussetzung hierfür wäre gewesen, daß er den Zustand der Wohnungen vor der Einweisung im einzelnen dargelegt und bewiesen hätte. Dazu wäre es erforderlich gewesen, im einzelnen aufzuzeigen, welche Unterschiede der Zustand der Wohnungen vor der Einweisung im Vergleich zu dem vom Sachverständigen Ba. nach Abschluß der Einweisung festgestellten Zus...

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