Leitsatz (amtlich)

Der organschaftliche Vertreter einer belgischen Aktiengesellschaft kann grundsätzlich nicht in einer den Anforderungen des § 19 GBO genügenden Weise die Löschung eines auf die Aktiengesellschaft lautenenden Grundpfandrechts bewilligen, wenn er zugleich (Mit-)Eigentümer des belasteten Grundstücks ist.

Über die Rechtswirkungen, die aus einer Vertretung ohne Vertretungsmacht für den Vertretenen folgen, entscheidet das Recht desjenigen Landes, in dem das Geschäft vorgenommen wird bzw. vorgenommen werden soll. Eine unter Verstoß gegen das Verbot des Selbstkontrahierens nach belgischem Recht erteilte und bei einem deutschen Grundbuchamt vorgelegte Löschungsbewilligung ist deshalb schwebend unwirksam und kann rückwirkend genehmigt werden. Es kann offen bleiben, ob sich diese Rechtsfolge aus § 177 Abs. 1 BGB oder aus § 89 Abs. 2 ZPO ergibt.

Die Vorlage einer ordnungsgemäßen Genehmigung durch die belgische Gesellschaft kann dem Antragsteller in diesem Fall im Wege einer Zwischenverfügung gem. § 18 GBO aufgegeben werden.

 

Verfahrensgang

AG Aachen (Aktenzeichen AA-5596-42)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. vom 24.1.2013 gegen die Zwischenverfügung des AG Aachen vom 11.1.2013 - AA-5596-42 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass den Beteiligten zu 1. und 2. aufgegeben wird, innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Beschlusses entweder beim Grundbuchamt die Genehmigung der Löschungsbewilligung vom 1.3.2011 durch die Grundpfandrechtsgläubigerin A. G. Knoppenburg einzureichen oder dort durch Vorlage geeigneter Unterlagen nachzuweisen, dass der Beteiligte zu 1. bei Erteilung der Löschungsbewilligung vom 1.3.2011 berechtigt war, die A. G. Knoppenburg auch sich selbst gegenüber zu vertreten.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind zu je 1/2-Anteil als Eigentümer des im Rubrum näher bezeichneten Grundbesitzes im Grundbuch eingetragen. In Abteilung III Nr. 31a und 31b sind für die A. G. Knoppenburg, eine Aktiengesellschaft nach belgischem Recht mit Sitz in Brüssel, Grundschulden i.H.v. 240.000 EUR und 400.000 EUR eingetragen. Der Beteiligte zu 1. ist alleinvertretungsberechtigter Verwalter der Grundpfandgläubigerin.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 23.12.2010 (UR-Nr. 3040/2010 des Notars Dr. Dinstühler in Köln, Bl. 115 ff. d.A.) verkauften die Beteiligten das Grundstück an die GS Projektmanagement GmbH mit Sitz in Köln. Unter Ziff. I. 4. des Vertrages ist vereinbart, dass die Grundpfandrechte vom Käufer nicht übernommen werden. Mit Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. beantragte dieser u.a. die Löschung der in Abteilung III Nr. 31a und 31b eingetragenen Grundschulden. Zu diesem Zweck legte er eine notarielle beglaubigte Erklärung vom 1.3.2011 vor, mit welcher der Beteiligte zu 1. im Namen der Grundpfandgläubigerin die Löschung der oben genannten Grundschulden bewilligte (Bl.148 d.A.). Mit Verfügung vom 21.5.2012 (Bl. 155 d.A.) beanstandete die Richterin des Grundbuchamtes den fehlenden Nachweis der Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 1. zur Unterzeichnung der Löschungsbewilligung und wies zudem darauf hin, dass Bedenken im Hinblick auf das auch im belgischen Rechts bestehende Verbot des Selbstkontrahierens bestünden. Nachdem im Rahmen des weiteren Schriftverkehrs zwischen Grundbuchamt und Notar zwar der Nachweis der Vertretungsbefugnis des Beteiligten zu 1. geführt, die Bedenken des Grundbuchamtes wegen des Verbots des Selbstkontrahierens aber nicht ausgeräumt werden konnten, hat die Richterin des Grundbuchamtes mit Beschluss vom 11.1.2013 (Bl. 173 ff.) eine Zwischenverfügung erlassen, wonach dem Antrag auf Löschung der in Abt. III Nr. 31a und 31b eingetragenen Belastungen erst dann entsprochen werden könne, wenn eine wirksame Löschungsbewilligung der Grundpfandgläubigerin nach § 19 GBO vorgelegt werde. Zur Behebung des Eintragungshindernisses wurde eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Beschlusses gesetzt. Zur Begründung führte das AG an, dass die vorgelegte Löschungsbewilligung nicht den Anforderungen des § 19 GBO genüge. Auch wenn es sich bei der Bewilligung um eine formale Erklärung handele, sei sie nur wirksam, soweit der der Bewilligende auch zur Abgabe der materiell-rechtlichen Aufgabeerklärung nach § 875 BGB befugt sei. Dem stehe indes das auch nach belgischem Recht bestehende Verbot des In-Sich-Geschäfts entgegen.

Gegen diesen Beschluss haben die Beteiligten zu 1. und 2. mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.1.2013 (Bl. 188 d.A.) Beschwerde eingelegt. Eine Interessenkollision des organschaftlichen Vertreters führe nach belgischem Recht nicht zur Nichtigkeit, vielmehr müsse eine etwaige Unwirksamkeit des Geschäfts durch Anfechtungsklage geltend gemacht werden (Art. 523 § 1 u. 2 des belgischen Code des Sociétés).

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 13.2.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Köln zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 71 GBO statthafte und auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegte Beschwe...

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