Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch des Zeugenbeistands

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der als Zeugenbeistand beigeodnete Rechtsanwalt ist nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil 4 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG wie ein Verteidiger zu vergüten. Hieraus folgt, dass der im Wiederaufnahmeverfahren beigeordnete Rechtsanwalt auch eine Verfahrensgebühr beanspruchen kann.

2. Die Verfahrensgebühr entfällt nicht deshalb, weil das Gericht den Rechtsanwalt lediglich „für die Dauer der Vernehmung” beigeordnet hat.

 

Normenkette

StPO § 68b

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Beschluss vom 05.10.2005)

 

Tenor

1. Der Beschluss des Landgerichts Bonn vom 5.10.2005, mit dem zugunsten des Beschwerdeführers eine Vergütung von 367,26 EUR festgesetzt wurde, wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zugunsten des Beschwerdeführers wird eine Vergütung in Höhe von 511,10 EUR festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer, welcher der Zeugin E. N. für die Dauer ihrer Vernehmung in dem von dem Verurteilten angestrengten Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Bonn am 23.3.2005 gemäß § 68 b Satz 1 StPO als Zeugenbeistand bestellt worden ist, beantragte mit Schriftsatz vom 24.3.2005 die Festsetzung seiner Vergütung als Zeugenbeistand auf den Betrag von 1.115,46 EUR. Nach Anhörung des Bezirksrevisors setzte der Rechtspfleger als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle die Vergütung durch Beschluss vom 17.8.2005 auf 511,10 EUR fest. Dagegen legten sowohl der Beschwerdeführer als auch der Bezirksrevisor bei dem Landgericht Bonn als Vertreter der Landeskasse Rechtsmittel ein. Dem Rechtsmittel der Landeskasse half der Rechtspfleger durch Beschluss vom 5.10.2005 in der Weise (klarstellend) ab, dass als Vergütung nur ein Betrag von 367,26 EUR festgesetzt werde. Dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers half der Rechtspfleger nicht ab und legte die Sache mit Beschluss vom 31.8.2005 „der Kammer gemäß § 56 I 1 RVG” vor. Die 2. gr. Strafkammer des Landgerichts half der Beschwerde ebenso nicht ab und legte diese mit Beschluss vom 6.9.2005 dem Senat zur Entscheidung vor.

Nachdem der Senat die Sache unter Hinweis auf die Zuständigkeit des Einzelrichters an das Landgericht zurückgegeben hat, hat der Einzelrichter der Erinnerung durch Beschluss vom 29.11.2005 erneut nicht abgeholfen. Gegen diesen am 6.12.2005 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer mit einem am 13.12.2005 eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat diese dem Senat vorgelegt, nachdem es ihr durch Beschluss vom 14.12.2005 erneut nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Der Beschwerdeführer kann über die bereits durch das Landgericht festgesetzte Vergütung hinaus eine weitere Vergütung in Höhe einer Verfahrensgebühr nach Ziff. 4138, 4112 Vergütungsverzeichnis zum RGV (VV) verlangen.

Zutreffend hat das Landgericht zunächst die vom Beschwerdeführer geforderte Grundgebühr abgelehnt. Da der Beschwerdeführer im Wiederaufnahmeverfahren tätig geworden ist, fällt eine solche Gebühr ausweislich der Vorbemerkung 4.1.4 zum Unterabschnitt 4 VV von vornherein nicht an.

Demgegenüber steht dem Beschwerdeführer für seine Tätigkeit als Zeugenbeistand nach § 68 b StPO eine Verfahrensgebühr zu.

Das RVG regelt erstmals die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Beistand für einen Zeugen ausdrücklich. Dies erfolgt in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Teilen des Gebührenverzeichnisses. Nach Abs. 1 der Vorbemerkung zu Teil 4 des VV sind für die Tätigkeit des Rechtsanwalts als Zeugenbeistand die für Verteidiger geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Die Gleichstellung hinsichtlich des Gebührenansatzes war ausdrückliche Intention des Gesetzgebers (BT-Ds. 15/1971, S. 145; vgl. dazu auch: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl. 2005, VV Teil 4 Vorbem. 4, Rdn. 22; Römermann/Hartung-Hartung, RVG, 2004, VV Teil 4, Rdn. 27; Göttlich/Mümmler, RVG, 1. Aufl. 2004, Anm. 3 zum Stichwort „Beistand”, S. 128 f.). Für das Wiederaufnahmeverfahren wird dies in den Gebührentatbeständen Nr. 4136 ff. VV zum Ausdruck gebracht. Hieraus folgt, dass der dem Zeugen beigeordnete Rechtsanwalt grundsätzlich auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 4138 beanspruchen kann (zutreffend: KG, B. v. 18.7.2005, 3 Ws 323/05, RPfl 2005, 694, 695). Dies ist sachlich gerechtfertigt, weil der Zeugenbeistand über die Teilnahme an der Vernehmung des Zeugen hinaus in aller Regel auch im Rahmen der Terminsvorbereitung, etwa durch eine Besprechung mit dem Zeugen, tätig wird.

Eine andere Entscheidung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Umstandes gerechtfertigt, dass die Kammer der Zeugin den Beistand entsprechend der Regelung in § 68 b S. 1 StPO lediglich „für die Dauer ihrer Vernehmung” beigeordnet hat. Hieraus lä...

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