Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 27.04.2016; Aktenzeichen 1 HK O 37/16)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird der Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des LG Koblenz vom 27.04.2016 (1 HK O 37/16) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

a) im Fernabsatz-Geschäftsverkehr mit dem Endverbraucher auf der Handelsplattform ... [A] Kraftfahrzeugzubehör betreffende Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten,

1) ohne Informationen über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für die Waren zur Verfügung zu stellen, und/oder

2) ohne auf der Website einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, und/oder

b) im elektronischen Geschäftsverkehr auf der Handelsplattform ... [A] Kraftfahrzeug

c) Zubehör betreffende Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne den Kunden darüber zu unterrichten, ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss von dem Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden zugänglich ist, wenn dies wie folgt geschieht:

((Abbildung))

II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

 

Gründe

I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) ist ein in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins organisierter Interessenverband der Online-Unternehmer mit über 1.000 Mitgliedern. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört auch die Mitwirkung und Unterstützung seiner Mitglieder bei der Herstellung eines fairen Wettbewerb. Die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) betreibt auf der Handelsplattform ... [Al unter dem Namen "... [B]" einen Internethandel und bietet dort vor allem Fahrzeug- und Motorradzubehörteile an.

Nachdem der Kläger aufgrund der Beschwerde eines Mitglieds Kenntnis von den Angeboten der Beklagten erhalten hatte, hat er diese mit Schreiben vom 29.03.2016 wegen verschiedener, aus seiner Sicht gegebener Wettbewerbsverstöße, unter anderem dem Fehlen eines Links auf die OS-Plattform, abgemahnt. Die Beklagte hat die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.

Durch einstweilige Verfügung vom 27.04.2016 hat das LG dem Unterlassungsbegehren teilweise stattgegeben. Den Antrag, keine Angebote zu veröffentlichen und/oder zu unterhalten, ohne auf der Webseite einen für Verbraucher leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen, hat das LG mit der Begründung zurückgewiesen, dass Unternehmer hierzu nur auf "ihren Websites", nicht aber dann verpflichtet seien, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz unterhalten, der selbst zur Einrichtung eines solchen Links verpflichtet sei.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde des Klägers hat das LG nicht abgeholfen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Beschlüsse des LG vom 27.04.2016 (Bl. 24 ff. GA) und vom 20.07.2016 (Bl. 62 ff. GA) verwiesen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers - der Senat entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung - ist begründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch hinsichtlich des fehlenden eigenen Links der Beklagten zur OS-Plattform aus den §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3a UWG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 S. 1 der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 zu.

Der Senat teilt die Auffassung des Klägers, dass die Beklagte verpflichtet ist, in ihren auf der Handelsplattform ... [A] unterhaltenen Angeboten selbst einen Link auf die OS-Plattform einzustellen, und dass der auf ... [A] vorhandene Link (des Online-Marktplatzes) insoweit nicht ausreicht.

Nach der am 9.01.2016 in Kraft getretenen Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten (im Folgenden: ODR-Verordnung, ODR = Online Dispute Resolution) ist die Einrichtung einer Plattform für die Online-Streitbeilegung (OS-Plattform) zur außergerichtlichen Regelung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern bei Online-Käufen durch die Europäische Kommission vorgesehen. Die in Art. 14 Abs. 1 S. 1 der ODR-Verordnung geregelte Verpflichtung zur Einstellung eines Links auf die OS-Plattform "auf ihren Websites" (Unterstreichung durch Senat) gilt nach dem Wortlaut des Verordnungstextes für "in der Union niedergelassene Unternehmer und (Fettdruck durch Senat) in der Union niedergelassene Online-Marktplätze ...". Weder dem Verordnungstext noch dem Erwägungsgrund 30 der Verordnung lässt sich entnehmen, dass die geregelte Verpflichtung für Online-Unternehmer entfallen soll, wenn sie ihre Angebote auf einem Online-Marktplatz - wie beispielsweise ... [A] - unterhalten und dieser Marktplatz bereits einen Link enthält. Der Erwägungsgrund 30 der Verordnung stellt nach Auffassung des Senats deshalb auch ausdrücklich klar, dass "Online-Marktplätze ... gleichermaßen (Fettdruck durch Senat) ...", und eben nicht nur anstelle und für die auf ihrem Marktplatz tätigen Unternehmen verpflichtet ...

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