Verfahrensgang

LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 22.12.1994; Aktenzeichen 2 O 340/94)

 

Gründe

Am 4. März 1994 wurde die zu diesem Zeitpunkt 6-jährige Klägerin Opfer eines schweren Verkehrsunfalls, auf Grund dessen sie eine komplette sogenannte hohe Querschnittslähmung (unterhalb C 2) mit fast vollständiger Atemlähmung erlitt. Seitdem ist die Klägerin auf den Rollstuhl und den ständigen Einsatz eines Beatmungsgeräts angewiesen.

In dem vorliegenden Verfahren macht die Klägerin gemäß § 3 Nr. 1 PflVersG gegen den unstreitig bis zur vertraglichen Deckungssumme in vollem Umfang eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers Schadensersatzansprüche geltend, für deren Durchführung sie (unter Berücksichtigung der im Rahmen einer bestehenden Rechtsschutzversicherung ihrer Eltern vereinbarten Deckungssumme von 50.000 DM) die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe begehrt.

Unter anderem hat die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 a (Bl. 1 GA) verlangt festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr (der Klägerin) die Aufwendungen zu ersetzen, die ihr wegen des geplanten und aus den beigefügten Bauunterlagen ersichtlichen Umbaus im Hause ihres Vaters .... entstehen werden. Im Rahmen dieses Klageantrags begehrt sie hilfsweise Prozeßkostenhilfe für den Antrag,, die Beklagte zu verurteilen, an sie ein zinsloses Darlehen zu gewähren für die Finanzierung der vorgesehenen Umbauarbeiten mit der Maßgabe, daß nur der Betrag zurückzuzahlen ist, der bei Fälligkeit der Rückzahlung (Tod oder dauernde Heimunterbringung der Klägerin) als Werterhöhung verbleibt (vgl. Bl. 163 GA). Wiederum hilfsweise hierzu verfolgt sie den Antrag festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, an sie nach Ausführung der Umbauarbeiten den Betrag zu ersetzen, der die Werterhöhung übersteigt, und den Betrag der Werterhöhung zu verzinsen,und zu tilgen (vgl. Bl. 311 GA).

Außerdem erstrebt die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 c die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldkapitals zuzüglich Zinsen sowie eine angemessene Schmerzensgeldrente ab dem 4. März 1994, jeweils nebst Zinsen. Als Schmerzensgeldkapital hält sie unter Einschluß bereits geleisteter Zahlungen (derzeit 400.000 DM) eine Gesamtsumme von 750.000 DM für angemessen, als Rente eine monatliche Zahlung von 1.000 DM (Bl. 14 GA).

Mit dem angefochtenen Beschluß (Bl. 129 GA) hat das Landgericht zu 1 c) Prozeßkostenhilfe für ein Schmerzensgeldkapital in Höhe von insgesamt 550.000 DM und eine Rente von monatlich 750 DM nebst den jeweils geltend gemachten Zinsen bewilligt und im übrigen die Prozeßkostenhilfeanträge der Klägerin zu 1 a) und 1 c) abgewiesen. Hinsichtlich des Klageantrags zu 1 a ist das Landgericht der Auffassung, daß die Klägerin Schadensersatz in Form der Erstattung der Kosten des geplanten Umbaus nicht fordern könne, weil durch den Umbau sowohl bei ihr als auch ihrem Vater (dem das von den Baumaßnahmen betroffene Grundstück gehört) eine Bereicherung eintrete, die das Maß des geschuldeten Schadensausgleichs übersteige. Dieser Gesichtspunkt gelte auch für die Hilfsanträge. Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, der das Landgericht in einem Beschluß vom 19. Mai 1995 (Bl. 363 GA) nicht abgeholfen hat. Soweit in dem Beschluß vom 22. Dezember 1994 die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe versagt worden ist, hat das Landgericht die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt /Bl. 480 GA).

Zwischenzeitlich hat die Klägerin für eine Reihe weiterer beabsichtigter Klageanträge Prozeßkostenhilfe begehrt, die ihr in erheblichem Umfang auch bewilligt worden ist. Soweit Prozeßkostenhilfe versagt wurde, hat die Klägerin zwar ebenfalls weitgehend Beschwerde eingelegt. Jedoch steht hier eine Entscheidung des Landgerichts über die Frage der Abhilfe noch aus, so daß der Senat insoweit gegenwärtig jedenfalls nicht zur Entscheidung berufen ist.

Die zulässige Beschwerde zu 1 a) und 1 c) hat teilweise Erfolg.

Klageantrag zu 1 a: Für diesen Antrag in der hilfsweisen Fassung bejaht der 1. Senat in dem zu I. begrenzten Umfang gemäß § 114 ZPO die hinreichende Erfolgsaussicht und geht dabei unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofs in NJW 1982, 757 von folgenden Überlegungen aus:

Ein Geschädigter hat Anspruch auf einen "würdigen" Schadensausgleich (vgl. BGH a.a.O.). Das bedeutet nach Auffassung des Senats, daß grundsätzlich Schadensersatz nach Form und Umfang so zu leisten ist, daß die Klägerin in die Lage versetzt wird, die zur Abdeckung ihres unfallbedingten Mehrbedarfs notwendigen Maßnahmen auch tatsächlich durchzuführen, ohne gezwungen zu sein, in nicht zumutbarem Umfang die überobligationsmäßige Hilfe unbeteiligter Dritter in Anspruch zu nehmen.

Außerdem sind im Rahmen eines "würdigen" Schadensausgleichs auch die Entscheidungen hinzunehmen, die ein Schwerstgeschädigter in billigenswerter und deshalb auch rechtlich anzuerkennender Weise im Hinblick auf die Gestaltung seiner zukünftigen Lebensbedingungen trifft. Hier hat die Klägerin - vertreten durc...

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