Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrauensschutz betr. Vergütung für Tätigkeit vor Bestellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem Umgangspfleger kann unter bestimmten Vorausetzungen aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Vergütung auch für vor der wirksamen Bestellung durch das Vormundschaftsgericht erfolgte Tätigkeit zustehen.

 

Normenkette

BGB § 1909; FGG § 67

 

Verfahrensgang

AG Sinzig (Beschluss vom 06.10.2009; Aktenzeichen 8 F 286/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Umgangspflegerin wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Sinzig vom 6.10.2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das AG Sinzig zurückgegeben.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde der Umgangspflegerin hat auch Erfolg.

Der Senat ist der Auffassung, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Vergütung für die Tätigkeit vor der am 24.9.2009 erfolgten Bestellung der Umgangspflegerin (Bl. 267 d.A.) erfolgen muss. Es ist zwar richtig, dass die Umgangspflegerin vor der am 30.10.2008 erfolgten Beauftragung durch das Familiengericht Sinzig ein Schreiben vom 26.8.2008 erhalten hat (Bl. 257d. A), in dem sie darauf hingewiesen wurde, dass im Hinblick auf den Beschluss des OLG Brandenburg vom 7.2.2008 (FamRZ 2008, 1478) eine Vergütungspflicht erst nach der Bestellung durch das Vormundschaftsgericht entsteht und deswegen künftig alle Umgangspfleger durch das Vormundschaftsgericht bestellt werden müssten. Es wurde außerdem darauf hingewiesen, dass in den bereits laufenden Verfahren die Bestellung durch das Vormundschaftsgericht bis zum 15.9.2008 nachgeholt werden solle. Die Umgangspflegerin ist außerdem aufgefordert worden, ihre bisherige Tätigkeit in dem bereits laufenden Verfahren bis zum 15.9.2008 abzurechnen.

Aufgrund dieses Schreibens wusste die Umgangspflegerin zwar, dass eine Bestellung durch das Vormundschaftsgericht erforderlich war. Allerdings war für sie nicht eindeutig erkennbar, dass bei nachträglicher Bestellung durch das Vormundschaftsgericht eine Vergütung für vor diesem Zeitpunkt entfaltete Tätigkeiten nicht erfolgen könne. Aus dem letzten Satz des Schreibens musste sie vielmehr entnehmen, dass auch für vor der Bestellung durch das Vormundschaftsgericht entfaltete Tätigkeiten eine Vergütung noch erfolgen konnte. So ist es ausweislich des Schreibens vom 26.8.2008 offenbar gehandhabt worden.

Die Umgangspflegerin ist mit Schreiben des Gerichts vom 3.11.2008 (Bl. 219 R d.A.) aufgefordert worden, an einem Gespräch mit den übrigen Beteiligten teilzunehmen. Außerdem ergibt sich aus dem Vermerk des Direktors des AG Sinzig vom 16.10.2009 (Bl. 255, 256 d.A.), dass er am 8.1.2009 nach dem Sachstand angefragt und am 18.2.2009 nochmals erinnert hat. Am 30.3.2009 wurde die Sache mit der Umgangspflegerin telefonisch erörtert. Am 1.7.2009 wurde sie zur Berichterstattung aufgefordert. Aufgrund dieser Umstände durfte sie darauf vertrauen, dass sie eine Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten würde. Der Fehler des Familiengerichts, dass die Akten nicht unmittelbar nach ihrer Bestimmung zur Umgangspflegerin an das Vormundschaftsgericht weitergeleitet wurden, kann ihr nicht angelastet werden. Aufgrund der missverständlichen Abfassung des Schreibens vom 26.8.2008 durfte sie erwarten, dass das AG die erforderlichen Schritte für ihre Bestellung einleiten würde und dass sie auch für eine Tätigkeit, die vor der Bestellung erfolgt ist, noch eine Vergütung erhalten würde. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Umgangspflegerin zwar ihre Tätigkeit berufsmäßig ausübt, dass sie aber keine Juristin ist. Der Senat sieht es daher aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falls nicht als richtig an, ihr den Vertrauensschutz zu versagen und sie auf die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches (vgl. FamRZ 2009, 729) zu verweisen.

Da das AG der Umgangspflegerin aus grundsätzlichen Erwägungen eine Vergütung versagt hat und sich nicht mit den übrigen Einwendungen des Bezirksrevisors beim LG Koblenz (Bl. 243/244 d.A.) zur Höhe der Vergütung befasst hat, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das AG Sinzig zurückzugeben.

 

Fundstellen

FamRZ 2010, 1173

ZKJ 2010, 253

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