Leitsatz (amtlich)

Der Bedarf eines minderjährigen Kindes, welches einen eigenen Hausstand unterhält und von niemandem betreut wird, entspricht dem Bedarf eines Studenten mit eigenem Hausstand.

 

Verfahrensgang

AG Koblenz (Beschluss vom 07.05.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners zu 2) wird der Beschluss des AG - Familiengerichts - Koblenz vom 7.5.2012 teilweise abgeändert.

Die Anträge der Antragstellerin werden bezüglich des Antragsgegners zu 2) abgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Die Kosten 1. Instanz werden, wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten und ihre eigenen außergerichtlichen Kosten trägt die Antragstellerin zu 60 %; im Übrigen trägt sie die Antragsgegnerin zu 1). Die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners zu 2) trägt die Antragstellerin. Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu 1) trägt sie selbst zu 85 %, die Antragstellerin zu 15 %.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf (448 - 362,00) x12 + 549 = 1.581 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Ehe der Eltern der am ... 1994 geborenen Antragstellerin wurde im Jahre 2004 geschiedenen. Die Antragstellerin lebte zunächst bei ihrer Mutter, der Antragsgegnerin zu 1, der die elterliche Sorge allein übertragen worden war. Ende des Jahres 2010 zog die Antragstellerin bei der Mutter aus, zunächst zu den Großeltern und dann zu Eltern einer Freundin. Durch Beschluss des AG A. vom 26.5.2011 wurde der Mutter die elterliche Sorge entzogen und auf einen Vormund, einen Onkel der Antragstellerin, übertragen. Seit Juli 2011 lebt die Antragstellerin in einer vom Vormund angemieteten Wohnung. Sie besucht das M. Gymnasium in K. und hat keine Einkünfte.

Die Antragstellerin macht mit dem am 27.10.2011 eingegangenen Antrag Unterhaltsansprüche gegen beide Eltern geltend, und zwar für die Zeit ab Mai 2011.

Die Antragsgegnerin zu 1) hat sich durch Urkunde des Jugendamtes der Kreisverwaltung M. vom 6.12.2011 verpflichtet, Kindesunterhalt i.H.v. zur Zeit 334 EUR zu zahlen vom 1.11.2011 bis zum 20.10.2012 (Bl. 116 GA).

Der Antragsgegner zu 2) hatte sich durch Jugendamtsurkunde der Kreisverwaltung M. vom 30.6.2004 u.a. verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1.10.2006 121 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe zu zahlen (Bl. 128 GA).

Durch den angefochtenen Beschluss gab das AG den Antrag überwiegend statt und verpflichtete die Antragsgegnerin zu 1), ab November 2011 an die Antragstellerin monatlichen Kindesunterhalt i.H.v. 355 EUR zu zahlen, abzgl. ab November 2011 monatlich gezahlter 334 EUR, sowie einem Rückstand von insgesamt 126 EUR für die Zeit von Mai 2011 bis Oktober 2011.

Es verpflichtete den Antragsgegner zu 2) - in Abänderung der Jugendamtsurkunde aus dem Jahre 2004 - ab November 2011 monatlichen Kindesunterhalt von 448 EUR zu zahlen, abzgl. ab November 2011 jeweils gezahlter 243 EUR, und weiter rückständigen Unterhalt für die Zeit ab Mai 2011 i.H.v. 549 EUR zu zahlen. Die weiteren Anträge wies das AG zurück.

Es führte hierzu aus, bei der Feststellung des Bedarfs sei vom zusammengerechneten Einkommen beider Eltern auszugehen, da hiervon die Lebensstellungen des Kindes geprägt werde. Es errechnete für die Antragsgegnerin zu 1) ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.457,35 EUR, für den Antragsgegner zu 2) ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.650,43 EUR.

Hieraus errechne sich ein Bedarf von 512 EUR nach Gruppe 5 der Düsseldorfer Tabelle. Weil die Antragstellerin weder vom Vater noch von der Mutter betreut werde, sei dieser Betrag zu verdoppeln (unter Berufung auf eine Entscheidung des BGH v. 30.8.2006 - XII ZR 138/04 (FamRZ 2006, 1597). Nach Abzug des Kindergeldes verbleibe ein Restbedarf von 840 EUR.

Nach den verfügbaren Einkommen der Eltern - jeweils nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts - errechne sich für die Antragsgegnerin zu 1 ein Haftungsanteil von 355 EUR. Für den Antragsgegner errechne sich ein Haftungsanteil von an sich 487 EUR, der jedoch durch den Höchstbetrag von 448 EUR begrenzt werde, der sich ergebe, wenn in einer Kontrollberechnung seine Alleinhaftung unterstellt werde.

Die Leistungsfähigkeit beider Antragsgegner sei gewahrt.

Gegen diese Entscheidung wendet sich alleine der Antragsgegner zu 2). Er begründet dies damit, der Antragstellerin stehe kein höherer Anspruch als der bereits titulierte zu. Hiernach seien monatlich 356 EUR geschuldet. Mehr stehe ihr nicht zu. Die vom AG vorgenommene Unterhaltsberechnung sei unrichtig. Zwar bestimme sich der Bedarf nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Eltern. Er sei aber nicht zu verdoppeln. Die vom AG angeführte Entscheidung des BGH betreffe einen Einzelfall und sei nicht auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Zudem sei von der Antragstellerin ihr Bedarf konkret darzulegen. Keinesfalls könne dieser über dem eines Studierenden liegen. Spätestens ab Eintritt der Volljährigkeit sei sie jedoch entsprechend zu behandeln.

Er beantragt, den Antrag insgesamt zurückzuweisen (Antr...

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