Leitsatz (amtlich)

1. Eine Fortsetzungs- oder Übernahmeklausel ist in der Regel dahin auszulegen ist, dass dem verbleibenden Gesellschafter einer Zwei-Personen-Gesellschaft ein Übernahmerecht zusteht, er aber nicht verpflichtet ist, das Unternehmen fortzuführen. Die gilt auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung.

2. Ein Gesellschafter ist nicht durch die frühere (ordentliche) Kündigung des anderen Gesellschafters gehindert, seinerseits die Gesellschaft ordentlich zu kündigen. In diesem Fall ist die Gesellschaft nach Ablauf der Kündigungsfrist auseinanderzusetzen.

 

Normenkette

BGB § 131 Abs. 3; HGB §§ 133, 157

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Urteil vom 16.12.2005; Aktenzeichen 11 O 40/03 KfH)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Teilurteil des LG Heidelberg vom 16.12.2005 - 11 O 40/03 KfH - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.

III. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien gründeten am 2.7.1996 die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter dem Namen GP B. GdbR (im Folgenden: GP). Nachdem der Kläger den Gesellschaftsvertrag zunächst am 29.7.2001 zum Jahresende 2002 und der Beklagte seinerseits im Dezember 2001 ebenfalls ordentlich zum Ende des Jahres 2002 gekündigt hatten, kündigte der Kläger den Gesellschaftsvertrag am 14.3.2002 aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung. § 10 des Gesellschaftsvertrages enthält eine sog. Fortsetzungsklausel, der zufolge der verbleibende Gesellschafter die Gesellschaft fortführt und die Aktiva und Passiva der Gesellschaft übernimmt. Dem ausscheidenden Gesellschafter steht gem. § 11 des Gesellschaftsvertrages ein Abfindungsanspruch zu, der sich nach einer Kombination von Ertragswert - und Substanzwertmethode berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag (Anl. I K1) verwiesen. Der Kläger wirft dem Beklagten schwerwiegende Verstöße gegen § 5 des Gesellschaftsvertrages, Unterschriftsfälschung sowie unberechtigte Privatentnahmen zu Lasten der Gesellschaft im Jahr 2000 von ca. 79.000 EUR und vom 1.1.2001 bis 15.3.2002 von ca. 89.300 EUR vor.

Der Kläger hat im Wege der Stufenklage die Verurteilung des Beklagten zur Erstellung einer Abfindungsbilanz zum Stichtag 15.3.2002 gem. § 11 des Gesellschaftsvertrages begehrt, die Feststellung, dass das Abfindungsguthaben nach der in § 11 geregelten Ermittlungsmethode zu berechnen und dabei der Gewinn des Jahres 2000 um 79.056,44 EUR höher anzusetzen ist als in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung der Gesellschaft des Jahres 2000 ausgewiesen, Feststellung, dass in das nach dieser Berechnungsmethode ermittelte Abfindungsguthaben ein weiterer Betrag vom 87.220,31 EUR einzustellen ist, und den Kläger zu verurteilen zu erklären, dass die so aufgestellte Auseinandersetzungsbilanz als festgestellt gelten solle. In der zweiten Stufe hat er die Zahlung des sich aus dem in der Stufe 1 ermittelten Betrag in zehn Raten nebst Zinsen gemäß dem Gesellschaftsvertrag begehrt. Das LG, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands und der getroffenen Feststellungen im ersten Rechtszug verwiesen wird, hat mit Teilurteil vom 16.12.2005 über die erste Stufe der Stufenklage entschieden. Es hat den Beklagten zur Aufstellung einer "Auseinandersetzungsbilanz" zum Stichtag 15.3.2002 gem. § 11 des Gesellschaftsvertrages verpflichtet und festgestellt, dass das Abfindungsguthaben gemäß dieser Bilanz nach den im Einzelnen im Vertrag ausgeführten Rechenschritten zu ermitteln sei, wobei der Gewinn des Jahres 2000 um 33.276,05 EUR höher anzusetzen sei als in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung der Gesellschaft des Jahres 2000 ausgewiesen. Weiterhin hat es festgestellt, dass in das so ermittelte Abfindungsguthaben ein Betrag vom 27.645,91 EUR einzustellen ist. Schließlich hat es den Beklagten verurteilt zu erklären, dass die nach dem Urteilsausspruch auszustellende Auseinandersetzungsbilanz als festgestellt gelten solle.

Dagegen wendet sich die Berufung des Beklagten, der unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags weiterhin Klagabweisung begehrt. Er vertritt insb. die Auffassung, § 11 des Gesellschaftsvertrages sei hier nicht anzuwenden, da unabhängig von des weiteren Schicksals der Gesellschaft eine Abfindung ausschließlich nach dem Geschäftserfolg der Vergangenheit bemessen werde. Dies werde der Situation nach bereits beidseits gekündigter Gesellschaft nicht gerecht. Jedenfalls wäre die Klausel an die jetzigen Verhältnisse anzupassen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen und begehrt mit seiner Anschlussberufung, die Abänderung des Urteilsausspruchs Ziff...

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