Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Abänderung der erstinstanzlichen Sachentscheidung nach unterbliebener Verfahrensaussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Familiengericht, statt das Verfahren über einen Versorgungsausgleich nach § 21 FamFG auszusetzen, in der Sache entschieden [hier: unzutreffender Verweis auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich], kann im Beschwerdeverfahren die Endentscheidung des Familiengerichts in einen Aussetzungsbeschluss abgeändert werden mit der Folge, dass das Verfahren wieder in erster Instanz anhängig ist.

 

Normenkette

FamFG § 21; VersAusglG § 19 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Konstanz (Beschluss vom 05.10.2010; Aktenzeichen 5 F 35/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Konstanz vom 5.10.2010 hinsichtlich Ziff. 2 Abs. 3 wie folgt abgeändert:

Das Verfahren über den Versorgungsausgleich wird - in der ersten Instanz - ausgesetzt.

2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Regelung des Versorgungsausgleichs in Bezug auf die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes.

Das AG - Familiengericht - Konstanz hat durch Verbundbeschluss vom 5.10.2010 (5 F 35/10) die Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ausgleich der Anrechte der Antragstellerin bei der DRBW sowie die Anrechte des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Bund jeweils im Wege der internen Teilung erfolgte, wurde die Antragstellerin hinsichtlich der Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen. Auf den Beschluss des Familiengerichts wird verwiesen.

Die ZVK-KVBW hat als Beteiligte gegen diesen Beschluss hinsichtlich der Regelung zur Zusatzversorgung (Ziff. 2 Abs. 3 des Beschlusses) Beschwerde eingelegt. Sie trägt vor, dass die Anwartschaft des Antragsgegners bei der Zusatzversorgungskasse nicht dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten bleiben könne.

Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Beschwerde des Beteiligten Ziff. 1 ist begründet.

1. Der Versorgungsausgleich kann hinsichtlich des Ausgleichs der Anwartschaften des Antragsgegners aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes derzeit nicht durchgeführt werden. Einer Einbeziehung des Versorgungsanrechts des Antragsgegners ggü. der ZVKBW steht derzeit die Entscheidung des BGH v. 14.11.2007 - IV ZR 74/06 - (FamRZ 2008, 395 ff.) entgegen, wonach die Berechnung der Startgutschriften für die rentenfernen Jahrgänge - dazu gehört der am 6.6.1974 geborene Antragsgegner - gegen Art. 3 GG verstößt und unwirksam ist.

Eine Vereinbarung der Antragstellerin und des Antragsgegners dahin, dass der Ausgleich des Anrechts aus der Zusatzversorgung auf der Grundlage des bisherigen Satzungsrechts vorgenommen wird, ist nicht zustande gekommen.

2. Die Antragstellerin kann hinsichtlich der Anwartschaft des Antragsgegners bei der ZVKBW nicht auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich verwiesen werden.

Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich käme nur in Betracht, wenn das Anrecht bei der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nicht ausgleichsreif wäre und deshalb ein Versorgungsausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet, §§ 19 Abs. 4, 20-26 VersAusglG. Von der fehlenden Ausgleichsreife dieses Anrechts gemäß 19 Abs. 2 VersAusglG kann jedoch nicht ausgegangen werden. Nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht nicht ausgleichsreif, wenn es dem Grunde oder der Höhe nach nicht hinreichend verfestigt ist.

Das Anrecht des Antragsgegners ist dem Grunde und der Höhe nach unverfallbar und damit gesichert. Im Bereich der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes gelten die Anwartschaften als unverfallbar, die nach den maßgeblichen (Satzungs-) Bestimmungen in ihrem Versorgungswert durch die künftige betriebliche und/oder berufliche Entwicklung des Versicherten nicht mehr beeinträchtigt werden können und ihm verbleiben, wenn er vor Eintritt des Versicherungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst ausscheidet (BGH NJW 1982, 1989). Die Anwartschaft auf eine Altersversorgung bei einer Zusatzversorgungseinrichtung des öffentlichen Dienstes muss somit in diesem Sinn nach Grund (Erfüllung der zeitlichen Voraussetzungen) und Höhe (gesicherter Versorgungswert) von der künftigen Entwicklung unabhängig sein (BGH, a.a.O.).

Der Antragsgegner hat nach Auskunft des Versorgungsträgers die Wartezeit erfüllt. Ihm steht ein gesicherter Versorgungswert zu, wenngleich die verfassungsgemäße Bewertung der vor dem Jahr 2002 erworbenen Anrechte aus der Zusatzversorgung, sog. Startgutschriften, durch d...

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