Leitsatz (amtlich)

Anzurechnende Nutzungsvorteile bei einem Finanzierungsleasingvertrag über ein Kfz berechnen sich - anders als bei einem Kaufvertrag - nicht nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache oder des Kaufpreises, sondern wegen des mietähnlichen Charakters des Finanzierungsleasingvertrages wie im Fall einer gemieteten Sache nach dem objektiven Leasingwert, also den für das genutzte oder für ein vergleichbares Fahrzeug üblichen Leasinggebühren.

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 24.10.2023; Aktenzeichen VI ZR 131/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen - das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 26. November 2018 - 15 O 198/18 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert und neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.170,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 % p.a. seit 11. April 2013 zu zahlen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs A. ... ... 2.0 TDI, FIN: ....

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger weiteren, von dem Tenor Ziff. I.1. nicht umfassten Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Installation derjenigen Software in der Motorsteuerung des im Tenor Ziff. I.1. genannten Fahrzeug verbauten Motors EA 189 resultieren, bei der es sich nach Ansicht des Kraftfahrbundesamtes gemäß Bescheid vom 15. Oktober 2015 gegenüber der Beklagten um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 7/10 und die Beklagte zu 3/10.

III. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts - soweit es aufrechterhalten bleibt - sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 40.199,06 EUR festgesetzt, davon entfallen auf die Berufung des Klägers 21.702,39 EUR und auf die Berufung der Beklagten 18.596,67 EUR.

VI. In Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Mannheim vom 26. November 2018 wird der Streitwert für die erste Instanz auf bis 45.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers im Zusammenhang mit dem Kauf eines von dem sog. "Abgasskandal" betroffenen Fahrzeugs.

Die Beklagte stellte unter der Bezeichnung "EA 189" einen Dieselmotor mit der Abgasnorm Euro 5 her, in dessen Motorsteuerung eine zuvor in Kooperation mit der R. B. GmbH entwickelte Software zur Abgassteuerung installiert wurde. Diese Software verfügt über zwei unterschiedliche Betriebsmodi, welche die Abgasrückführung steuern. In dem im Hinblick auf den Stickoxidausstoß optimierten "Modus 1", der beim Durchfahren des für die amtliche Bestimmung der Fahrzeugemissionen maßgeblichen Neuen Europäischen Fahrzyklus (nachfolgend: NEFZ) automatisch aktiviert wird, kommt es zu einer höheren Abgasrückführungsrate, wodurch die gesetzlich geforderten Grenzwerte für Stickoxidemissionen eingehalten werden. Bei im normalen Straßenverkehr anzutreffenden Fahrbedingungen ist der partikeloptimierte "Modus 0" aktiviert, der zu einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit zu einem höheren Stickoxidausstoß führt.

Der o.g. Dieselmotor wurde auf Veranlassung des Vorstands der Beklagten nicht nur in diversen Fahrzeugtypen der Beklagten, sondern auch in solchen der zum V.-Konzern gehörenden Unternehmen verbaut, u.a. auch in von der A. AG hergestellten Fahrzeugen.

Am 12. April 2010 schloss der Kläger mit der A. Leasing - einer Zweigniederlassung der V. Leasing GmbH (im Folgenden: Leasinggeberin) - einen Leasingvertrag über ein Neufahrzeug der Marke A., Typ ... ...2.0 TDI, 125 kW. Die Parteien des Leasingvertrages vereinbarten eine Vertragsdauer von 30 Monaten. Der Kläger verpflichtete sich neben der Zahlung von monatlichen Leasingraten in Höhe von 869 EUR zur Erbringung einer einmaligen Sonderzahlung von 13.268,75 EUR. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf den von dem Kläger als Anlage K 3 in Kopie vorgelegten Leasingvertrag Bezug genommen.

Der Leasingvertrag wurde durch die H. A. GmbH + Co. KG (im Folgenden: Verkäuferin) vermittelt, die das o.g. Fahrzeug an die Leasinggeberin verkaufte.

Das Fahrzeug wurde am 13. September 2010 erstmals zugelassen und dem Kläger mit einem Kilometerstand von 0 übergeben. Zu diesem Zeitpunkt enthielt die Motorsteuerung des in dem Fahrzeug verbauten o.g. Dieselmotors des Typs EA 189 mit 2,0 Liter Hubraum die o.g. Software zur Abgassteuerung...

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