Entscheidungsstichwort (Thema)

Gläubigerbenachteiligung bei Übertragung einer Immobilie

 

Leitsatz (amtlich)

1. Überträgt der Vollstreckungsschuldner eine Immobilie auf einen Dritten, kommt es für die Gläubigerbenachteiligung i.S.v. § 1 Abs. 1 AnfG nicht auf den Verkehrswert des Grundstücks an, sondern auf die voraussichtliche Höhe des bei einer Zwangsversteigerung zu erzielenden Erlöses, abzgl. der vorrangigen Belastungen des Grundstücks und der zu schätzenden Kosten der Zwangsversteigerung.

2. Für den fiktiven Zwangsversteigerungserlös ist im Anfechtungsprozess auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen. Ein geringerer Wert, bzw. ein geringerer fiktiver Versteigerungserlös zu dem Zeitpunkt, in dem die anfechtbare Rechtshandlung vorgenommen wurde, ist ohne Bedeutung.

3. Für die Ablösung des Bereitstellungsanspruchs durch Hinterlegung (§ 1142 BGB) kommt es auf den Zeitpunkt der Hinterlegung an. Ob der hinterlegte Betrag ausreichend ist, entscheidet sich allein nach dem fiktivem Versteigerungserlös zum Zeitpunkt der Hinterlegung, und nicht nach einem (eventuell höheren) Erlös zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung im Prozess.

 

Normenkette

AnfG § 11 Abs. 1; BGB § 1142

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 16.03.2006; Aktenzeichen 5 O 358/04 D)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Konstanz vom 16.3.2006 - 5 O 358/04 D - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens vor dem LG, die Kosten des Berufungsverfahrens und die Kosten des Revisionsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Ehemann der Beklagten (nachfolgend auch Vollstreckungsschuldner) wurde am 26.9.2003 rechtskräftig zur Zahlung von 1.000.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2003 an die Klägerin verurteilt. Anschließende Vollstreckungsversuche der Klägerin hatten lediglich in geringem Umfang Erfolg.

Bereits am 13.2.2003 hatte die Beklagte von ihrem Ehemann seine hälftigen Miteigentumsbruchteile an den mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücken in G. A. (Grundbuch von G ..., im Folgenden nur Reihenhausgrundstück) und dem Wohnungseigentum ebenda H. (Wohnungsgrundbuch von G ...) "geschenkt" erhalten und war am 26.2.2003 als Alleineigentümerin der Liegenschaften im Grundbuch eingetragen worden. Die Klägerin hat die schenkweise Übertragung dieser Liegenschaften angefochten.

Das LG hat die Beklagte mit Urteil vom 16.3.2006 verurteilt, die Zwangsvollstreckung in die weggegebenen Liegenschaften zur Befriedigung der Klägerin wegen der rechtskräftig zuerkannten Forderung gegen den Ehemann und zwar i.H.v. 977.313,60 EUR nebst Zinsen zu dulden. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. Sie hat während des Berufungsverfahrens zugunsten der Klägerin wegen der Anfechtung einen Betrag i.H.v. 40.000 EUR hinterlegt (vgl. die Annahmeanordnung vom 29.9.2006, II., 103). Bei der Hinterlegung hat die Beklagte auf das Recht der Rücknahme verzichtet. Mit Urteil vom 28.12.2006 hat der Senat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Auf Revision der Beklagten hat der BGH mit Urteil vom 13.1.2011 (im Folgenden: Revisionsurteil des BGH) die Entscheidung des Senats aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der BGH hat ausgeführt, die Voraussetzungen für einen Anspruch der Klägerin gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG seien bisher für beide Liegenschaften nicht ausreichend festgestellt. Zum einen seien ergänzende Feststellungen zu einer Gläubigerbenachteiligung durch den Vertrag vom 13.2.2003 erforderlich. Von einer Gläubigerbenachteiligung sei nur dann auszugehen, wenn der im Rahmen einer Zwangsversteigerung zu erwartende Versteigerungserlös die jeweils vorhandenen Belastungen und die Kosten der Zwangsversteigerung voraussichtlich übersteigen werde. Die Beweislast für diese Prognose obliege der Klägerin. Zum anderen sei ein eventueller Anspruch der Klägerin gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 AnfG möglicherweise durch die Hinterlegung der Beklagten erloschen. Auch insoweit seien ergänzende Feststellungen des Senats erforderlich. Für die Frage, ob ein Anspruch der Klägerin durch die Hinterlegung erloschen sei, komme es darauf an, ob sich zum Zeitpunkt der Hinterlegung, also am 29.9.2006, bei einer Zwangsversteigerung der Liegenschaften voraussichtlich ein Erlös ergeben hätte, der den hinterlegten Betrag von 40.000 EUR überstiegen hätte.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, wonach die Klägerin als Gläubigerin des Vollstreckungsschuldners durch den Vertrag vom 13.2.2003 nicht benachteiligt worden sei. Denn wegen der Belastungen hätte si...

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