Leitsatz (amtlich)

›Aufwendungen für Prozeßkosten in Scheidungs- und Folgesachen haben die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt, sondern sind durch die Trennung der Eheleute veranlaßt. Sie beeinflussen deshalb - auch bei Kreditfinanzierung - nicht die Bedarfsermittlung nach den ehelichen Lebensverhältnissen, finden aber bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dahingehend Berücksichtigung, ob diesem der eheangemessene Selbstbehalt verbleibt. Ob sie hierbei als berücksichtigungswürdige Schulden anzusehen sind, hängt auch davon ab, ob sie mutwillig, verantwortungslos oder leichtfertig - sozusagen durch querulatorisches Prozeßverhalten - ausgelöst wurden (im Anschluß an Senat, FamRZ 1988, 202, 203).‹

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Aufstockungsunterhalt.

Die Parteien haben am 15.04.1965 geheiratet, trennten sich am 24.08.1993 und sind seit 05.12.1995 rechtskräftig geschieden. Aus ihrer Ehe gingen zwei bereits volljährige Kinder hervor.

Der Beklagte übt seit 1967 den Beruf eines Aufzugsmonteurs im Außendienst aus. Neben einem Zeitgrundlohn erhält er für Wartungsarbeiten bei Kunden eine Pauschale von durchschnittlich 46,00 DM/Kunde, wobei durchschnittlich 2 Stunden Arbeitszeit/Kunde angenommen werden. Der Beklagte hatte 1996 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 4.277,40 DM.

Zur Abzahlung trennungsbedingter Einkommensteuerschulden (7.123,95 DM) und scheidungsbedingter Rechtsanwalts- und Gerichtskosten (8.089,10 DM) nahm der Beklagte am 08.02.1996 ein Darlehen über 15.000,00 DM bei der Volksbank Karlsruhe auf, das er seit 15.03.1996, dabei ab 15.04.1996 in monatlich gleichen Raten von 1.000,00 DM, zurückbezahlt.

Die Klägerin, früher Hausfrau, ist seit 1991 bei der Stadtverwaltung Karlsruhe ganztags beschäftigt. Sie hatte 1996 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.399,14 DM.

Am 29.11.1996 nahm sie bei der Badischen Beamtenbank einen Kredit zur Vorfinanzierung fehlender Unterhaltszahlungen des Beklagten über 7.000,00 DM auf, den sie seit 15.12.1996 in monatlich gleichen Raten von 130,00 DM zurückbezahlt.

Die Klägerin hat im Sinne des § 4 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz eine Körperbehinderung von 30 %.

Bis zur Rechtskraft der Scheidung bezahlte der Beklagte aufgrund gerichtlicher Vereinbarung vom 20.12.1994 (4 F 129/94) monatlichen Trennungsunterhalt in Höhe von 1.000,00 DM. Seit Rechtskraft der Scheidung leistet der Beklagte keinen Unterhalt mehr.

Im Rahmen vorliegender Klage begehrte die Klägerin erstinstanzlich monatlichen Aufstockungsunterhalt ab 01.01.1996 in Höhe von 650,00 DM.

Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 04.10.1996 (2 F 93/96) wurde der Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 01.05.1996 monatlichen Unterhalt in Höhe von 600,00 DM zu bezahlen. Im übrigen wurde die Klage - für die Zeit vor dem 01.05.1996 - wegen fehlenden Verzuges abgewiesen.

Gegen dieses Urteil haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte Berufung eingelegt.

Die Klägerin verweist auf ihr erstinstanzlich nicht vorgelegtes Mahnschreiben vom 06.12.1995 an den Beklagten und stellt folgenden Antrag:

Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 04.10.1996 wird abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab 01.01.1996 einen monatlichen jeweils im voraus bis zum 3. eines jeden Monats fälligen Unterhalt in Höhe von 600,00 DM zu bezahlen.,

Der Beklagte ist der Berufung entgegengetreten.

Er trägt vor, er leiste im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses überhöhte, nicht betriebsübliche Überstunden, die unterhaltsrechtlich unbeachtlich seien.

Er beantragt daher mit seiner Berufung:

Das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe vom 04.10.1996 (2 F 93/96) wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin ist der Berufung des Beklagten entgegengetreten.

Sie verweist auf ihren aufgenommenen Kredit, der ihren Bedarf erhöhe sowie auf krankheitsbedingte Einschränkungen ihrer Gesundheit, aufgrund derer ihre vollschichtige Tätigkeit überobligatorisch sei.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils sowie die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen Bezug genommen. Ebenso wird auf die Angaben der Parteien im Einzelrichtertermin vom 06.05.1997 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Ihr steht der zusätzlich begehrte Unterhalt ab 01.01.1996 in Höhe von monatlich 600,00 DM zu.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet.

Seine Einwendungen gegen die Höhe der Unterhaltsverpflichtung in Höhe von 600,00 DM/Monat greifen nicht durch.

Gemäß §§ 1573 Abs. 2, 1578 BGB steht der Klägerin Unterhalt zu, soweit sie ihren Bedarf nach den prägenden ehelichen Lebensverhältnissen der Parteien (vgl. Palandt, BGB, 55. Aufl., § 1579 Rn. 3) nicht selbst decken kann. Diese Verhältnisse (z. Z. der Scheidung; vgl. BGH, NJW 1987, 1555 f, 1556) wurden durch die beiderseitigen Einkommen der Parteien geprägt und sind der Unterhaltsberechnung zugrunde zulegen.

Auf ...

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