Leitsatz (amtlich)

1. Eine Bank, die ihren Kunden über Kapitalanlagen berät, muss auch über diejenigen Rückvergütungen aufklären, die sie für den Vertrieb eines von ihr empfohlenen Medienfonds erhält (Anschluss BGH, Beschl. v. 20.1.2009 - XI ZR 510/07).

2. Allein der Umstand, dass sie diese Pflicht vor dem Urteil des BGH vom 19.12.2006 (XI ZR 56/05, NJW 2007, 1876) verletzt hat, lässt das Verschulden der Bank nicht entfallen.

 

Normenkette

BGB § 276; WpHG § 31 Abs. 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Urteil vom 20.03.2008; Aktenzeichen 1 O 41/07)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Baden-Baden vom 20.3.2008 - 1 O 41/07 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen dahin abgeändert, dass weiter festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle durch den ihm zugesprochenen Schadensersatz verursachten steuerlichen Belastungen zu ersetzen.

II. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 62 % und die Beklagte 38 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

VI. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 20.575 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der beklagten Bank Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem Filmfonds.

Der Kläger ist langjähriger Kunde der Beklagten. Auf deren Empfehlung übernahm er mit Beitrittserklärung vom 16.7.2001 eine Kommanditeinlage i.H.v. 25.000 EUR zzgl. 5 % Agio bei der I. KG, einer zur Finanzierung und Verwertung von Kino- und Fernsehfilmen gegründeten Fondsgesellschaft. Vorausgegangen war ein Beratungsgespräch mit dem Zeugen N., einem Anlageberater der Beklagten, der ihm die Beteiligung empfohlen und anhand des Fondsprospekts vorgestellt hatte.

Initiatorin des Fonds war die C. Fonds Beteiligungsgesellschaft mbH (im Folgenden: C), die als mittelbare Tochtergesellschaft der Beklagten zu deren Konzernverbund gehört. Sie hatte sich ggü. der Fondsgesellschaft verpflichtet, das Kommanditkapital i.H.v. insgesamt 50 Mio. EUR einzuwerben, und dessen Platzierung garantiert. Dafür stand ihr neben dem fünfprozentigen Agio eine aus dem eingeworbenen Kapital zu entrichtende Vergütung i.H.v. fünf Prozent für die Vermittlung und weiteren drei Prozent für die Platzierungsgarantie zu. Die C wiederum hatte die Beklagte mit der Vermittlung des gesamten Kommanditkapitals beauftragt. Außerdem hatte ihr die Beklagte dessen Platzierung garantiert. Als Gegenleistung sollte die Beklagte jedenfalls das vereinnahmte Agio und zusätzliche von der Erreichung bestimmter Platzierungsquoten abhängige Provisionen für die Vermittlung sowie weitere drei Prozent des Gesamtkapitals für die Platzierungsgarantie erhalten. In dem Fondsprospekt werden sowohl die Konzernzugehörigkeit der C als auch die ihr zustehenden Aufschläge und Vergütungen i.H.v. insgesamt dreizehn Prozent des Kommanditkapitals dargestellt. Die zwischen der C und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen sind dort nicht erwähnt. Auch der Zeuge N. hat den Kläger nicht auf diese hingewiesen.

Die wirtschaftliche Situation der Fondsgesellschaft entwickelte sich schlecht. Mit einer im Juni 2006 erstellten Planrechnung wurde den Anlegern in Aussicht gestellt, dass sie bei planmäßiger Beendigung des Fonds zum 31.12.2007 nur rund 20 Prozent des nominalen Kommanditkapitals zurückerhalten würden. Daraufhin bot die A. Vermietungsgesellschaft mbH, eine weitere mittelbare Tochtergesellschaft der Beklagten, den Anlegern an, die Kommanditanteile für 22,7 % des Nominalkapitals zu übernehmen und einen Besserungsschein in Höhe des Betrags auszustellen, um den die bis Ende 2011 erfolgten Ausschüttungen den Übernahmepreis übersteigen. Der Kläger nahm dieses Angebot an und trat seinen Anteil gegen Zahlung von 5.675 EUR ab.

Mit der Klage hat er von der Beklagten Ersatz des für die Fondsbeteiligung aufgewendeten Betrags von - nach Abzug des Veräußerungserlöses verbleibenden - 20.575 EUR und dessen Verzinsung ab 16.7.2001 verlangt, zuletzt nur noch Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte aus dem Besserungsschein. Er hat geltend gemacht, die Beklagte habe ihre Beratungspflichten in mehrfacher Weise verletzt. Zum einen habe der Zeuge N. von in Wahrheit nicht garantierten Mindesterlösen gesprochen und neben den steuerlichen Vorteilen vor allem die vermeintliche Sicherheit der Anlage angepriesen, ohne auf das Risiko eines Totalverlustes hinzuweisen. Die Empfehlung habe auch dem der Beklagten bekannten sicherheitsorientierten Anlegerprofil des Klägers widersprochen. Zum anderen sei der Fondsprospekt fehlerhaft, weil er in einer unvollständigen und rechnerisch falschen Modellrechn...

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