Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Das Urteil eines Strafgerichts, welches den Verurteilten zur Tragung der Verfahrenskosten verpflichtet, stellt eine fortwirkende Kostengrundentscheidung dar. Aus diesem Grund haftet der Verurteilte im Grundsatz auch für alle Kosten, die bei der Vollstreckung des Straferkenntnisses in einem sog. gerichtlichen Nachtragsverfahren entstehen und zwar unabhängig davon, ob er im Einzelfall bei einer Entscheidung obsiegt oder unterliegt.

  • 2.

    Eine solche Kostentragungspflicht besteht auch bei einem von der Straf-vollstreckungskammer nach § 454 Abs. 2 StPO eingeholten kriminalprognos-tischen Sachverständigengutachten (Abweichung von OLG Hamm NStZ 2001, 167 f. ).

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts W. vom 02. Juli 2002 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

 

Gründe

I.

Durch Urteil des Landgerichts W vom 25.01.1999 wurde X wegen Verabredung zum Mord in Tateinheit mit Verabredung zum Raub mit Todesfolge, sowie wegen mehreren Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, welche er in der Justizvollzugsanstalt F. verbüßt. Das Strafende ist auf den 26.01.2004 vorgemerkt. Im Hinblick auf den zum 26.03.2002 anstehenden Zweidritteltermin ordnete das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - F. mit Beschluss vom 18.01.2002 die Einholung eines kriminalprognostischen Gutachtens über die vorzeitige Entlassung des Verurteilten nach § 57 Abs. 1 StGB an und lehnte nach Anhörung des Verurteilten zum Ergebnis der Expertise mit Beschluss vom 04.04.2002 die Aussetzung Reststrafe zur Bewährung ab.

Mit Kostenrechnung vom 14.04.2002 hat die Staatsanwaltschaft W. dem Verurteilten daraufhin die durch die Begutachtung entstandenen Kosten in Höhe von EUR 3. 351, 44 in Rechnung gestellt. Den hiergegen erhobenen Einwendungen der Verteidigerin hat die Vollstreckungsbehörde nicht abgeholfen und die Sache dem Landgericht W. vorgelegt. Dieses hat mit Beschluss vom 02.07.2002 die Erinnerung als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit dem Rechtsmittel der Beschwerde, mit welchem er die grundsätzliche Berechtigung des Kostenansatzes angreift und vorträgt, eine Pflicht zur Tragung der Gutachterkosten sehe das Gesetz nicht vor.

II.

Das nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs 2 GKG zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet, denn der Verurteilte ist zu Erstattung der Kosten verpflichtet, welche durch das im Strafvollstreckungsverfahren von Dr. med. D. erstellte kriminalprognostische Gutachten entstanden sind.

1.

Die Erstattungspflicht scheitert nicht bereits daran, dass der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - F. vom 04.04.2002 lediglich eine Sachentscheidung enthält und keinen Ausspruch über die Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen des Verurteilten trifft.

a.

Nach § 464 Abs. 1 StPO muss allerdings jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung eine Bestimmung über die Kostentragungspflicht und nach § 464 Abs. 2 StPO jede verfahrensab-schließende Entscheidung zudem eine Bestimmung über die notwendigen Auslagen enthalten. Unterbleibt ein solcher Kosten- und Auslagenausspruch hat grundsätzlich die Staatskasse die Kosten und jeder Beteiligte die eigenen Auslagen zu tragen. Weder eine nachträgliche Ergänzung noch eine Umdeutung einer rechtsfehlerhaft unterbliebenen Nebenentscheidung sind möglich, der Mangel kann nur im Rahmen einer - hier nicht erhobenen - sofortigen Beschwerde nach § 464 Abs. 3 Satz 1 StPO gerügt und ggf. behoben werden (Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl. 2003, § 464 Rn. 8, 12, 16).

b.

Eine Überbürdung der vom Beschwerdeführer vorliegend beanstandeten Verfahrenskosten auf die Staatskasse kommt gleichwohl nicht in Betracht, denn eine Kosten- und Auslagenentscheidung war nicht veranlasst.

Dabei kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob durch den Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts F. überhaupt eine i. d. S. verfahrensabschließende Entscheidung getroffen wurde, denn hierdurch wurde - unabhängig vom Ausgang der nach § 57 StGB getroffenen gerichtlichen Entscheidung - das Vollstreckungsverfahren nicht beendet. Vielmehr stellt sich die in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittene grundsätzliche Frage, ob und ggf. inwieweit Entscheidungen in besonderen Zwischen-, Neben- und Nachtragsverfahren überhaupt mit einer Kosten- und Auslagenentscheidung zu versehen sind (ablehnend OLG Karlsruhe NStZ 1998, 125 f. ; OLG Düsseldorf JMBl NW 1991, 59; differenzierend: OLG Stuttgart Die Justiz 1992, 163; bejahend: OLG Koblenz Rpfleger 1973, 406; OLG Hamm NStZ 1984, 288; zum Streitstand umfassend: LR-Hilger, StPO, 25. Auflage 2000, § 464 Rn. 8 ff. , § 467 Rn. 3, § 473 Rn. 12 ff. ).

Der Senat schließt sich der in der Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung der Entbehrlichkeit eines entsprechenden Ausspruchs an und hält an seiner früher für das sog. Nachtragsverfahren vertretenen teilweise abweichende...

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