Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Einreichung des Rechtsmittels beim falschen Gericht.

2. Zu den prozessualen Voraussetzungen einer Einbenennung gem. § 1618 BGB.

 

Tenor

1. Der Antragstellerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.

2. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG – FamG – vom 21.1.2003 (…) aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FamG zurückverwiesen.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils in die Einbenennung ihres Kindes.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die nicht verheirateten Eltern des am 30.7.2000 geborenen Kindes. Der Antragsgegner hat die Vaterschaft anerkannt. Die Eltern haben außerdem am 26.4.2000 eine Sorgeerklärung gem. §§ 1626a Abs. 1 Nr. 1, 1626b Abs. 2 BGB abgegeben (UR Nr. 379/2000 des Landratsamtes – Kreisjugendamt –). Ihnen steht deshalb die elterliche Sorge für L. gemeinsam zu. Die Antragstellerin hat am 15.6.2002 geheiratet und den Namen ihres Ehemannes angenommen. lebt im Haushalt der Antragstellerin und ihres Ehemannes.

Die Antragstellerin und ihr Ehemann möchten nun ihren Ehenamen erteilen. Der Antragsgegner ist damit nicht einverstanden.

Die Antragstellerin hat deshalb beantragt, die Einwilligung des Vaters gem. § 1618 S. 4 BGB familiengerichtlich zu ersetzen.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten.

Mit Beschl. v. 21.1.2003 hat das FamG den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Kindesvaters zur Einbenennung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwingende Voraussetzung für eine Ersetzung nach § 1618 BGB die Namensgleichheit zwischen dem Kind und dem anderen Elternteil zum Zeitpunkt der Einbenennung sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Das Kind habe zu keinem Zeitpunkt den gleichen Namen wie der andere Elternteil (Vater) gehabt. Lediglich die Tatsache, dass eine Sorgerechtserklärung abgegeben worden sei, bringe ein Zustimmungsbedürfnis mit sich. Hier sei jedoch die Möglichkeit des § 1618 BGB nicht gegeben, vielmehr müsse eine Änderung des Sorgerechts bzw. Übertragung der Entscheidungsbefugnis erfolgen. Außerdem fehlten noch die übrigen Erklärungen zur Einbenennung, die in öffentlich beglaubigter Form vorgelegt werden müssten. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 29.1.2003 zugestellt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 6.2.2003, beim AG per Telefax eingegangen noch am gleichen Tag, Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiter verfolgt.

Der Antragsgegner ist der Beschwerde entgegengetreten. Er weist allerdings auch darauf hin, dass seine Zustimmung zur Einbenennung notwendig sei, da er zusammen mit der Antragstellerin sorgeberechtigt ist.

Das FamG hat die Beschwerde erst mit Verfügung vom 7.7.2003 an das OLG weitergeleitet, wo sie am 14.7.2003 eingegangen ist.

Bereits mit Schriftsatz vom 2.6.2003 hat die Antragstellerin fürsorglich beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

II.1. Der Antrag der Antragstellerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig. Die Antragstellerin hat die Notfrist gem. §§ 621e Abs. 3 S. 2, 517 ZPO versäumt. Gem. §§ 621 Abs. 1 Nr. 1, 621e Abs. 1, Abs. 3 ZPO findet nämlich gegen den Beschluss des FamG vom 21.1.2003 die befristete Beschwerde statt, die binnen der Notfrist von einem Monat beim Beschwerdegericht (§ 621e Abs. 3 S. 1 ZPO), also beim OLG einzulegen gewesen wäre. Dies gilt auch für Entscheidungen des Rechtspflegers, für die gem. § 11 Abs. 1 RPflG das Rechtsmittel gegeben ist, das nach den allgemeinen verfahrensrechtlichen Vorschriften zulässig ist, d.h. die befristete Beschwerde des § 621e ZPO bei urteilsähnlichen Endentscheidungen, die das Verfahren beenden, insb. etwa die Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung nach § 1618 BGB (BGH v. 30.7.1999 – 1 StR 618/98, FamRZ 1999, 1648; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621e Rz. 6 m.w.N.).

Nachdem der angefochtene Beschluss der Antragstellerin am 29.1.2003 zugestellt wurde, lief für sie die Beschwerdefrist damit am 28.2.2003 ab (§ 188 Abs. 3 BGB), während die Beschwerde erst am 14.7.2003 beim OLG eingegangen ist.

Die Antragstellerin hat die Wiedereinsetzung form- und fristgerecht beantragt.

Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Der Antragstellerin ist Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Beschwerdefrist zu gewähren, weil sie ohne Verschulden gehindert war, die Beschwerdefrist einzuhalten. Zwar liegt ein ihr gem. § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihres Anwalts darin, dass die Beschwerde beim falschen Gericht eingereicht wurde, nämlich beim AG Lahr statt beim Beschwerdegericht (§ 621e Abs. 3 S. 1 ZPO); § 621e Abs. 3 S. 1 ZPO geht § 21 Abs. 1 FGG vor, wonach die Beschwerde auch beim Erstgericht eingelegt werden kann (Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 621e Rz. 35).

Das V...

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