Leitsatz (amtlich)

1. Eine Umlegung gem. § 45 Satz 1 BauGB soll eine plangerechte, zweckmäßige Nut-zung der betroffenen Grundstücke ermöglichen und hierdurch nicht nur den Interessen der Allgemeinheit, sondern auch den Interessen der Eigentümer dienen.

2. Die Umlegung ist im Gegensatz zur Enteignung durch ihre Privatnützigkeit gekenn-zeichnet. Der Gesichtspunkt der Privatnützigkeit bedeutet, dass bodenordnende Maß-nahmen nur dort im Wege der Umlegung durchgeführt werden dürfen, wo sie in ihrer konkreten Zielsetzung und ihren Auswirkungen nach wesentlich auch den Interessen der betroffenen Eigentümern dienen. Die Exekutive ist jedoch durch das Recht der Umlegung nicht ermächtigt, den Eigentümern ihre Grundstücke zu entziehen, um sie für ein konkretes, dem Wohl der Allgemeinheit dienendes Vorhaben einzusetzen.

3. Die Prüfung, ob die Gemeinde mit der Einleitung und Durchführung des Umlegungsverfahrens privatnützige Zwecke in dem hier maßgeblichen Sinne verfolgt, erfordert eine Gesamtbeurteilung aller wesentlichen Umstände. Entscheidend ist, ob die beabsichtigten Maßnahmen bei verständiger Würdigung der Interessenlage insgesamt auch im wohlverstandenen Interesse der Eigentümer der im Umlegungsgebiet befindlichen Grundstücke liegen.

4. Zielt eine beabsichtigte Umlegung nicht auf Ausgleich der privaten Interessen der Ei-gentümer der betroffenen Grundstücke, weil ganz überwiegende Teil der Wohngrundstücke nach dem vorliegenden Bebauungsplanentwurf "weggeplant" werden und die Umlegung damit dem Allgemeinwohl durch Gewinnung der für die Anlegung eines Landschaftsbauwerks benötigten Fläche dienen soll, so ist sie unzulässig, Denn der Umlegung liegt die Idee der ungebrochenen Fortsetzung des Eigentums an einem (nur) verwandelten Grundstück zugrunde. Deshalb handelt es sich bei einer Umlegung um eine bloße Inhaltsbestimmung des Eigentums. Dem Eigentümer wird in einem Umlegungsverfahren bei einer vernünftigen wirtschaftlichen Betrachtungsweise sein Eigentum nicht genommen, vgl. BGH, Beschl. v. 27.1.2011 - III ZR 119/10 -. Davon kann hier nicht die Rede sein, weil zur Realisierung des Ziels in großen Bereichen des Gebiets die völlige Aufgabe der Wohnnutzung, ein kompletter Rückbau der Bausubstanz und -wenn auch gegen Wertausgleich in Geld- die vollständige Aufgabe des privaten Grundeigentums er-forderlich ist.

 

Normenkette

BauGB § 45 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 13.07.2011; Aktenzeichen 30 O (Baul) 2/10)

 

Tenor

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 13.7.2011 verkündete Urteil der Kammer für Baulandsachen des LG Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks I-Straße in E2. Das Grundstück liegt im Ortsteil Bruckhausen. Der Stadtteil wird wie der nördliche Teil des Stadtteils Duisburg-Beeck maßgeblich geprägt durch die Lage zwischen der südlich ver-laufenden A 42, der westlich der L-Straße gelegenen weit-läufigen Werksanlagen der Firma F GmbH und weiteren Industrie- und Gewerbeflächen, die sich nördlich und östlich anschließen. Die Produktionsstätten von F auf den Industrieflächen des Werks Bruckhausen bestehen u.a. aus meh-reren Hochöfen, dem Kokereibetrieb Schwelgern sowie einem Oxygenstahlwerk.

Am 10.12.2007 beschloss der Rat der Beteiligten zu 3. die Satzung zur Änderung der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets Duisburg-Bruckhausen vom 12.1.1998 - Sanierungssatzung Duisburg-Nord -.

In der Beschlussvorlage (Drucksache Nr. 07-1454) wird unter Ziff. 1.3. zur Er-forderlichkeit und zu den Zielen der Sanierungsmaßnahme u.a. aus-geführt:

"Durch eine städtebauliche Sanierungsmaß-nahme soll das Gebiet der vorbereitenden Unter-suchungen in Bruckhausen und in Beeck - Be-reich an der B-Straße zur Behebung der städtebaulichen Missstände wesentlich verbes-sert und umgestaltet werden. Die Probleme sind in der Industrienahtlage und den Umweltbe-las-tungen aus verschiedenen Quellen begründet.

Ziel der Sanierungsmaßnahme ist die Entzerrung der Industrienahtlage durch die Gestaltung eines Grüngürtels als Landschaftsbauwerk. Dadurch sollen folgende weiter gehenden Ziele erreicht werden:

  • Schaffung von qualitativ hochwertigem Grün- und Freiraum mit einer hohen ökologischen Bedeutung und einer hohen Aufenthaltsqua-lität für die Bevölkerung
  • Verbesserung der städtebaulich-räumlichen Situation durch die Beseitigung städtebauli-cher Missstände
  • Lärmminderung durch die Abschirmungsfunk-tion des Grüngürtels
  • Verbesserung der wohnungswirtschaftlichen Situation
  • Entwicklung des Gebietes an der B als Gewerbeflächen mit Grünbereich am südlichen Gebietsrand; die vorhandene Gewerbenutzung soll verbleiben und im Be-reich der heutigen Wohnnutzung soll zusätz-liche gewerbliche Nutzung, z.B. auch zur ortsnahen Verlagerung aus dem Sanierungs-bereich Bruckhausen, ermöglicht werden.

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