Leitsatz (amtlich)

Benennt der Kläger im Rahmen eines Verweisungsantrages ein unzuständiges Gericht, ist er an diese Wahl nicht gem. § 35 ZPO gebunden, weil sie sich nicht auf einen bestehenden Gerichtsstand bezieht. Es steht dem Kläger dann frei, durch einen weiteren Verweisungsantrag seine Wahl erneut auszuüben.

 

Normenkette

ZPO §§ 35, 36 Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

AG

 

Tenor

Zuständig ist das AG C-Q-X.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat Klage vor dem AG I erhoben, mit der sie den in C im Bezirk des AG C-Q-X wohnhaften Beklagten auf Mietzins für ein Reinigungsgerät in Anspruch nimmt.

Sie behauptet, ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen seien Bestandteil des zwischen ihr und dem Beklagten geschlossenen Vertrags. Sie hat in der Klageschrift weiter behauptet, in den allgemeinen Geschäftsbedingungen sei als Gerichtsstand ihr eigener Sitz - P - vereinbart worden. In der der Klageschrift beigefügten Kopie der "Allgemeinen Verkaufsbedingungen" der Klägerin heißt es unter Ziff. IX: "Gerichtsstand ist I."

Der Beklagte hat die Zuständigkeit des AG I gerügt. Für den Sitz der Klägerin in P sei das AG I schon nicht zuständig. Eine Gerichtsstandsvereinbarung habe in Ermangelung einer Kaufmannseigenschaft des Beklagten allerdings auch schon nicht wirksam getroffen werden können. Auch sei zwischen den Parteien gar kein Vertrag geschlossen worden, jedenfalls seien die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht wirksam in diesen einbezogen worden.

Das AG I hat der Klägerin den die Zuständigkeit rügenden Schriftsatz des Beklagten mit der Anfrage übersandt, ob Verweisung an das AG P beantragt werde. Die Klägerin hat daraufhin die Verweisung nach dort beantragt.

Der Beklagte hat auf diesen Verweisungsantrag erneut auf die Unwirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung mangels Vollkaufmannseigenschaft sowie auf die den fehlenden Vertragsschluss hingewiesen. Mit weiterem Schreiben an die Klägerin hat das AG I darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des § 38 ZPO nicht dargelegt seien und daher auch das AG P nicht zuständig sein dürfte. Die Klägerin hat daraufhin die Verweisung an das für den Wohnsitz des Beklagten zuständige AG C-Q-X beantragt.

Durch Beschluss vom 28.10.2015 hat das AG I sich für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das AG C-Q-X verwiesen und zur Begründung ausgeführt, das angerufene Gericht sei aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuständig, insbesondere da der Wohnort der beklagten Partei nicht im dortigen Bezirk gelegen sei.

Das AG C-Q-X hat mit Beschluss vom 16.11.2015 die Übernahme abgelehnt und den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht I vorgelegt. Der Verweisungsbeschluss des AG I sei willkürlich, da er sich in keiner Weise mit der Zuständigkeit des AG I nach den AGB der Klägerin auseinandersetze.

II.1. Das Oberlandesgericht I ist gem. § 36 Abs. 1, Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen.

Das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht über den örtlich in Betracht kommenden AGen I und C-Q-X ist der Bundesgerichtshof. Das zuerst mit der Sache befasste AG I gehört zu dem Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm.

2. Die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

Das AG I und das AG C-Q-X haben sich jeweils rechtskräftig im Sinne dieser Vorschrift durch Beschluss für unzuständig erklärt.

3. Zuständig ist das AG C-Q-X.

Das AG I hat den Rechtsstreit zu Recht verwiesen. Die Voraussetzungen einer Verweisung an das AG C-Q-X gem. § 281 Abs. 1 S. 1 ZPO lagen vor.

a) Das AG I ist aus keinem erdenklichen Gesichtspunkt zuständig.

In Betracht kommt allerdings eine Zuständigkeit gem. § 38 Abs. 1 ZPO aufgrund einer zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung durch Einbeziehung der von der Klägerin mit der Klageschrift eingereichten "Allgemeinen Verkaufsbedingungen" in den Vertrag, nach deren Ziff. IX Gerichtsstand I ist. Die Klageschrift, nach der der Sitz der Klägerin (P) als Gerichtsstand vereinbart sein soll, gibt den Inhalt der allgemeinen Geschäftsbedingungen insoweit unrichtig wieder.

Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung enthalten die Geschäftsbedingungen der Klägerin jedoch nicht. Sie setzt gem. § 38 Abs. 1 ZPO die Vollkaufmannseigenschaft des Beklagten voraus, die die Klägerin auch auf den Hinweis des AG I nicht aufgezeigt hat und die auch nicht ersichtlich ist.

b) Das AG C-Q-X ist gem. den §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig. Es ist das Gericht, bei dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat.

c) Die Klägerin hat die Verweisung an das AG C-Q-X beantragt. Die Klägerin hat an ihrem ursprünglichen Verweisungsantrag an das AG P nicht festgehalten. Sie hat vielmehr (nicht hilfsweise, sondern stattdessen) Verweisung an das AG C-Q-X beantragt.

Ihr stand insoweit auch die Möglichkeit einer Änderung zu. Allerdings ist mit dem Stellen eines Verweisungsantrags grundsätzlich eine gem. § 35 ZPO bindende Wahl des zuständigen Gerichts getroffen, die das verweisende Gericht gem. § 281 Abs. 1 S. 2 ZPO zu beachten hat. Anderes gilt aber für die Benennung eines örtlich unzuständigen Gerichts durch den Kläger. Diese bindet nicht, da sie si...

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