Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfeverfahren: Beschwerdebefugnis des Rechtsanwalts bei Ablehnung seiner Beiordnung

 

Leitsatz (amtlich)

Keine Beschwerdebefugnis des Rechtsanwalts bei Ablehnung seiner Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren.

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 127

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Beschluss vom 19.07.2010; Aktenzeichen 40 F 310/07)

 

Tenor

1. Das Verfahren wird vom Einzelrichter auf den Senat übertragen.

2. Die Beschwerde des Rechtsanwalts C vom 23.7.2010 gegen den Beschluss des AG - Familiengerichts - Recklinghausen vom 19.7.2010 (40 F 310/07) wird verworfen.

Der Beschwerdewert wird auf bis 400 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Rechtsanwalt C hat mit Schriftsatz vom 18.10.2007 namens und in Vollmacht der Antragsgegnerin einen Scheidungsantrag gestellt und dafür Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt. Mit Schriftsatz vom 9.4.2008 hat sich Rechtsanwalt S2 gemeldet und unter Beifügung einer Prozessvollmacht mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin nunmehr von ihm vertreten werde; Rechtsanwalt C werde die Niederlegung des Mandats anzeigen.

Das Familiengericht hat mit Beschluss vom 30.5.2008 daraufhin der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwalt S2 beigeordnet. Mit Schriftsätzen vom 19.10. und 28.12.2009 hat Rechtsanwalt C erklärt, dass ihm der Beschluss vom 30.5.2008 nie bekannt gemacht worden sei und dass er das Mandat auch nicht niedergelegt habe; er hat beantragt, ihn anstelle von Rechtsanwalt S2 beizuordnen, und zwar ab Antragstellung zumindest bis zum Anwaltswechsel.

Mit Beschluss vom 19.7.2010 hat das Familiengericht den Antrag zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde von Rechtsanwalt C, mit der er weiterhin erreichen will, dass er der Antragstellerin noch beigeordnet wird.

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

Der Rechtsanwalt ist nach einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur bei Ablehnung seines Antrags auf Beiordnung nicht beschwerdebefugt. Nur die Partei selbst hat in diesen Fällen ein Beschwerderecht (Zöller/Geimer, ZPO; 28. Aufl., § 127 Rz. 19 m.w.N.; Musielak/Fischer, ZPO, 7. Aufl., § 127 Rz. 15; Motzer in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 127 Rz. 25), weil allein sie ein Recht auf Beiordnung hat, nicht aber der Rechtsanwalt. Der Rechtsanwalt wird durch die Ablehnung seiner Beiordnung auch nicht in seinen Rechten betroffen. Sein Gebührenanspruch gegen die Partei bleibt ihm erhalten; das Risiko, für anwaltliche Tätigkeit, die er vor Bewilligung der Prozesskostenhilfe für eine prozesskostenhilfebedürftige Partei leistet, keine Vergütung zu erhalten, liegt bei ihm (vgl. auch BGH NJW 1990, 836; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 462).

Die Prozesskostenhilfe dient dem Zweck, unbemittelten Personen den Zugang zu den staatlichen Gerichten zu eröffnen. Sie stellt als Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und als Bestandteil der Rechtsschutzgewährung eine Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege dar, die ihre verfassungsrechtliche Legitimation im Gebot des sozialen Rechtsstaates und im allgemeinen Gleichheitssatz findet. Daraus folgt, dass die §§ 114 ff. ZPO neben dem Allgemeinwohl das Interesse des einzelnen Rechtssuchenden an der Gewährung gerichtlichen Rechtsschutzes im Blick haben. Ihm eröffnet der Richter, indem er ihm Prozesskostenhilfe bewilligt und, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist, einen Rechtsanwalt beiordnet, den Zugang zum staatlichen Gericht, der ihm sonst infolge seiner Unbemitteltheit verschlossen wäre. Es sind deshalb neben dem öffentlichen Interesse an der Wahrung verfassungsrechtlicher Grundwerte die Belange des einzelnen Rechtssuchenden, die nach §§ 114 ff. ZPO geschützt und gefördert werden sollen (so BGH, a.a.O.).

Wie der BGH in der zitierten Entscheidung zutreffend ausführt, werden die gebührenrechtlichen Interessen des Rechtsanwalts, über dessen Beiordnung im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden wird, nur mittelbar berührt, indem sie ihm als bloße Reflexwirkung einer erfolgten Beiordnung einen Vorteil in Gestalt eines Gebührenanspruchs gegen den Staat verschaffen. Der Rechtsanwalt ist, auch wenn er für die Partei den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung und Beiordnung stellt, nicht verfahrensbeteiligt. Soweit das Gesetz vorschreibt, dass der Partei ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beizuordnen ist (§ 121 ZPO), steht das Wahlrecht allein der Partei zu; die Mitwirkung des Anwalts beschränkt sich darauf, ausdrücklich oder stillschweigend seine Bereitschaft zur Übernahme des Mandats zu bekunden. Da er selbst keinen Anspruch auf seine Beiordnung hat, steht ihm gegen deren Ablehnung somit auch kein Beschwerderecht zu (BGH, a.a.O.). Ein solches steht ihm lediglich dann zu, wenn z.B. seine bereits ausgesprochene Beiordnung aufgehoben wird oder wenn eine von ihm beantragte Aufhebung seiner Beiordnung abgelehnt wird oder falls seine Beiordnung nur zu den Bedingungen eines am Gerichtsort ansässigen Bevollmächtigten erfolgt ist. Um diese Fallkonstellationen geht es hier jedoch nicht.

III. Außergeric...

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