Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbliebene Eintragung eines Nacherbenvermerks

 

Leitsatz (amtlich)

1) Setzt der Erblasser in einem notariellen Einzeltestament seine Ehefrau als Alleinerbin und eine dritte Person als "Schlusserben" ein, muss das Grundbuchamt davon ausgehen, dass tatsächliche Zweifel im Hinblick auf die Anordnung einer Nacherbfolge bestehen.

2) Das Grundbuchamt muss dann die Grundbuchberichtigung nach dem Tode des Erblassers von der Vorlage eines Erbscheins abhängig machen und darf keinesfalls die Ehefrau als Erbin ohne einen Nacherbenvermerk eintragen.

3) Das Beschwerdegericht kann in einem solchen Fall die Eintragung eines Amtswiderspruchs anordnen, der sich gegen die Eigentümereintragung insoweit richtet, als die Verlautbarung einer Verfügungsbeschränkung durch die gleichzeitige Eintragung eines Nacherbenvermerks unterblieben ist.

 

Normenkette

GBO §§ 35, 51, 53

 

Verfahrensgang

AG Medebach (Beschluss vom 01.07.2015)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde wird das Grundbuchamt angewiesen, in den Grundbüchern von X Blatt ..., ..., ... und ... zugunsten der Beteiligten zu 1) einen Widerspruch gegen die jeweils am 30.03.2015 vorgenommenen Eintragungen der Beteiligten zu 2) als Eigentümerin, soweit die Verlautbarung einer Verfügungsbeschränkung durch die gleichzeitige Eintragung eines Nacherbenvermerks zugunsten der Beteiligten zu 1) unterblieben ist, einzutragen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung der den Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten in beiden Instanzen findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Als Eigentümer des in Grundbüchern von X Blatt ..., ..., ... und ... eingetragenen Grundbesitzes war zunächst Herr M (im Folgenden: Erblasser) eingetragen.

Dieser hatte am 10.06.2009 ein notarielles Testament errichtet, in dem er unter II. seine Ehefrau E - die Beteiligte zu 2) - zu seiner "alleinigen und ausschließlichen Erbin" bestimmte (UR-Nr. 40/2009 der Notarin B in C). Unter III. und IV. dieses notariellen Testaments verfügte der Erblasser wie folgt:

"III. Schlusserbeneinsetzung

Als Schlusserben nach dem Ableben meiner Ehefrau setze ich ein meine Nichte Frau V.

IV. Vorversterben

Sofern meine Ehefrau vor mir versterben, oder wir einer gemeinsamen Gefahr erliegen, bei der ein Vorversterben eines Ehegatten vor dem anderen nicht mehr festgestellt werden kann, soll Schlusserbschaft nach vorstehender Ziffer gelten."

Am 12.03.2012 errichtete der Erblasser ein weiteres notarielles Testament in dem er unter Bezugnahme auf seine letztwillige Verfügung vom 10.06.2009 anordnete, dass seine Ehefrau nach seinem Ableben seine alleinige Erbin bleiben solle. Für seine Schwester V2 setzte er ein Vermächtnis aus (UR-Nr. 28/2012 der Notarin B in C).

Der Erblasser verstarb am 3.11.2014. Die beiden letztwilligen Verfügungen wurden am 15.01.2015 eröffnet (AG Medebach 9 IV 38/12).

Unter dem 16.02.2015 beantragte die Beteiligte zu 2), zu diesem Zeitpunkt noch vertreten durch die Notarin B, unter Bezugnahme auf die notariellen Testamente vom 10.06.2009 und 12.03.2012, sie als Alleineigentümerin in den vorbenannten Grundbüchern einzutragen.

Das Grundbuchamt nahm die beantragten Eintragungen jeweils am 30.03.2015 vor.

Mit Schriftsatz vom 22.04.2015 beantragte die Beteiligte zu 1) in den Grundbüchern einen Nacherbenvermerk zu ihren Gunsten einzutragen, wobei sie zur Begründung anführte, die Bestimmung unter III. des notariellen Testaments vom 10.06.2009 sei als Nacherbeneinsetzung zu verstehen. Die Beteiligte zu 2) ist der Eintragung des Nacherbenvermerks entgegen getreten.

Die Grundbuchrechtspflegerin hat die beurkundende Notarin ohne vorherige Einholung einer Aussagegenehmigung des Präsidenten des LG Arnsberg zu einer Stellungnahme aufgefordert, ob der Erblasser die Beteiligte zu 1) als Nacherbin habe einsetzen wollen.

In ihrer Stellungnahme vom 16.06.2015, die mit dem Satz "Ein Nacherbenvermerk ist demgemäß nicht einzutragen" schließt, konzediert die Notarin B, dass der Begriff "Schlusserbe" missverständlich sei, nach ihrer Erinnerung aber die Nichte damit lediglich zur Ersatzerbin eingesetzt werden sollte.

Mit Beschluss vom 1.07.2015 hat das Grundbuchamt den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Berichtigung der Grundbücher durch Eintragung eines Nacherbenvermerks zurückgewiesen. Der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 16.07.2015 hat das Grundbuchamt mit Beschluss vom 17.07.2015 nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist zulässig (§ 71 GBO).

Soweit die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde die Eintragung eines Nacherbenvermerks begehrt, ist die Beschwerde nicht begründet. Der auf die Eintragung von Amtswidersprüchen nach § 53 GBO gerichtete Hilfsantrag hat hingegen Erfolg und führt zu der im Tenor näher beschriebenen Anweisung an das Grundbuchamt.

1. Die Eintra...

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