Leitsatz (amtlich)

1. Ein in einem einstweiligen Anordnungsverfahren gestellter Antrag eines anwaltlich vertretenen Beteiligten auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist nicht dahingehend auszulegen, dass er sich auch auf das anhängige Hauptsacheverfahren bezieht.

2. Eine Bezugnahme auf eine in einem anderen, bei demselben Gericht anhängigen Verfahren eingereichte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erfordert die Angabe, dass diese Erklärung auch im vorliegenden Verfahren Geltung beanspruchen soll.

 

Normenkette

FamFG § 76; ZPO § 114 Abs. 1, § 117

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Aktenzeichen 15 F 1775/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter gegen den am 16.02.2023 erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Siegen wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Kindesmutter wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung der von ihr begehrten Verfahrenskostenhilfe für das vorliegende Umgangsverfahren 15 F 1775/19 AG Siegen. Der Umgang des Kindesvaters mit den beiden Kindern X. R. und C. R. war bereits Gegenstand verschiedener Verfahren.

In dem einstweiligen Anordnungsverfahren 15 F 575/19 AG Siegen begehrte die Kindesmutter, den Umgang des Kindesvaters mit den oben genannten Kindern einstweilen auszuschließen. Das Verfahren endete mit einer im Verhandlungstermin vom 20.05.2019 geschlossenen Umgangsvereinbarung. Unter dem 31.10.2019 stellte der Kindesvater zum Aktenzeichen 15 F 575/19 einen weiteren Umgangsantrag im Wege der einstweiligen Anordnung. Das daraufhin eingeleitete Umgangsverfahren (einstweiliges Anordnungsverfahren) wurde unter dem Aktenzeichen 15 F 1702/19 AG Siegen geführt. Zudem leitete das Familiengericht ein entsprechendes Hauptsacheverfahren, das vorliegende Verfahren 15 F 1775/19 AG Siegen, ein. In dem einstweiligen Anordnungsverfahren 15 F 1702/19 schlossen die Kindeseltern im Anhörungstermin vom 13.12.2019 eine Umgangsvereinbarung. Im hiesigen Verfahren ordnete das Familiengericht mit am 18.12.2019 erlassenem Beschluss die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Noch vor Vorlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 25.03.2021 beantragte der Kindesvater zum Aktenzeichen 15 F 575/19 AG Siegen, die "V. von ihrer Aufgabe der Vermittlung der Umgangskontakte abzuberufen und stattdessen eine andere Einrichtung zu beauftragen". Dieses Verfahren wurde - nach entsprechendem Hinweis des Familiengerichts - als einstweiliges Anordnungsverfahren unter dem Aktenzeichen 15 F 1321/20 AG Siegen geführt. Das Familiengericht beraumte in dem einstweiligen Anordnungsverfahren 15 F 1321/20 Anhörungstermin auf den 10.11.2020 an. In diesem Termin stellte die Kindesmutter einen Verfahrenskostenhilfeantrag zu Protokoll des Gerichts. Das Sitzungsprotokoll enthält folgende Angaben:

"Die Rechtsanwälte erklären:

Wir beantragen Verfahrenskostenhilfe und bitten darum beigeordnet zu werden.

Herr Rechtsanwalt L. erklärt:

Ich werde die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen binnen drei Wochen nachreichen."

Im Nachgang schlossen die Kindeseltern in dem Verfahren 15 F 1321/20 eine Umgangsvereinbarung. Im Protokoll ist ausgeführt, dass diese Vereinbarung bis zum Abschluss des Hauptverfahrens 15 F 1775/19 gelte. Mit Beschluss vom 20.01.2021 wies das Amtsgericht - Familiengericht - Siegen den Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 10.11.2020 in dem Verfahren 15 F 1321/20 zurück, da die Kindesmutter innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen eingereicht hatte. Daraufhin legte der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter namens und in Vollmacht der Kindesmutter gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein und übersandte mit der Beschwerdeschrift die VKH-Erklärung der Kindesmutter. Das Amtsgericht änderte sodann im Abhilfeverfahren mit am 04.03.2021 erlassenem Beschluss den angefochtenen Beschluss dahin gehend ab, dass der Kindesmutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt wurde.

Im hiesigen Verfahren erging am 30.12.2022 ein Beschluss, mit dem das Umgangsrecht des Kindesvaters geregelt wurde.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 23.01.2023 suchte die Kindesmutter "um antragsgemäße Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe in dem vorliegenden Verfahren" nach. Zur Begründung wurde ausgeführt, im Termin vom 10.11.2020 sei nicht nur für das Verfahren 15 F 1321/20 sondern auch für das vorliegende Verfahren 15 F 1775/19, auf das in dem Protokoll explizit Bezug genommen werde, Verfahrenskostenhilfe beantragt worden. Beide Verfahren seien zusammen verhandelt worden, was sich auch daraus ergebe, dass die Vereinbarung bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens 15 F 1775/19 Geltung haben sollte.

Das Amtsgericht - Familiengericht - Siegen hat den Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 23.01.2023 mit am 16.02.2023 erlassenem Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen hat der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter unt...

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