Verfahrensgang

LG Essen (Entscheidung vom 24.11.2004; Aktenzeichen 17 OH 2/04)

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin war für die Antragsgegnerin als Generalunternehmerin für das Bauvorhaben ... in ... tätig. Ihre Aufgabe bestand darin, für die Beklagte acht Doppelhaushälften zu errichten, die durch die Antragsgegnerin veräußert wurden. Die Antragsgegnerin behauptete nach Fertigstellung der Arbeiten, der Untergrund der Außenstellplätze im Bereich der Hausen ... sei schadhaft. Sie forderte die Antragstellerin zur Mangelbeseitigung auf. Die Antragsstellerin bestritt ihre Verantwortlichkeit für etwaige Mängel und nahm keine Mangelbeseitigungsarbeiten vor. Die Erwerber der Häuser drängten gegenüber der Antragsgegnerin auf Beseitigung der Mängel. Die Antragsgegnerin kündigte der Antragstellerin deshalb nach einiger Zeit an, sie werde die Mängel im Wege der Ersatzvornahme beseitigen lassen. Außerdem hielt die Antragsgegnerin wegen der behaupteten Mängel einen Teil der Vergütung der Antragstellerin ein.

Die Antragsstellerin hat am 14.1.2004 zur Feststellung der Ursachen für die Mängel die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens beantragt. In der Antragsschrift trägt die Antragstellerin vor, dass die Antragsgegnerin ihr gegenüber die Ersatzvornahme durch eine Drittfirma angekündigt habe. Die Antragstellerin hat außerdem Klage auf Zahlung ihres restlichen Vergütungsanspruchs erhoben.

Mit Schriftsatz vom 21.1.2004 hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass die Antragsgegnerin den Untergrund der Außenstellplätze durch eine Fremdfirma habe bearbeiten lassen. Ein Sachverständiger könne die Beweisfragen deshalb nicht mehr beantworten. Aus diesem Grunde nehme sie den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurück. Später hat die Antragstellerin auch die Klage auf Zahlung des Restwerklohns zurückgenommen.

Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 24.11.2004 der Antragsstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt, mit der Begründung, nach Rücknahme der Klage in der Hauptsache sei eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zulässig. Der Antragstellerin seien die Kosten entsprechend § 494 a Abs. 2 ZPO aufzuerlegen.

Gegen diesen, der Antragstellerin am 10.12.2004 zugestellten Beschluss, hat die Antragstellerin mit am 23.12.2004 eingegangenen Schriftsatz das zulässige Rechtsmittel eingelegt. Sie begehrt die Abänderung des Beschlusses dahin, dass der Antragsgegnerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt werden. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe das selbständige Beweisverfahren für erledigt erklärt, nachdem die Antragsgegnerin den Beweis vereitelt habe. Der Antragsgegnerin seien deshalb entsprechend § 91 a ZPO die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH, IBR 2005, 64 = BauR 2005, 133 ff., wonach der Antragsteller im selbständigen Beweisverfahren nach Antragsrücknahme stets die Kosten entsprechend § 269 Abs. 2 Satz 2 ZPO tragen müsse.

II.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist als sofortige Beschwerde zulässig.

Die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung ist in entsprechender Anwendung des § 494 a Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft, da das Landgericht seine Entscheidung auf die entsprechende Anwendung des § 494 a Abs. 2 Satz 1 ZPO gestützt hat. Die Beschwerde ist innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens der Antragstellerin auferlegt. Das Landgericht hatte auf Antrag der Antragsgegnerin eine Kostenentscheidung zu treffen. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt jedoch weder eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung des § 494 a Abs. 2 Satz 2 ZPO (dazu 1.) - wie das Landgericht dies bejaht hat - noch die entsprechende Anwendung des § 91 a ZPO (dazu 2.) - wie die Antragstellerin meint - in Betracht. Vielmehr ist eine Kostenentscheidung entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO (dazu 3.) zu treffen.

1.

§ 494 a Abs. 2 Satz 2 ZPO kommt in unmittelbarer Anwendung als Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung nicht in Betracht, weil die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vorliegen. Nach dieser Norm ist ausnahmsweise eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren zulässig, wenn dem Antragsteller auf Antrag des Antragsgegners nach Beendigung der Beweiserhebung vergeblich eine Frist zur Klageerhebung gesetzt worden ist. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.

Eine entsprechende Anwendung des § 494 a Abs. 2 Satz 2 ZPO ist nicht geboten. Es liegt zwar eine planwidrige Regelungslücke vor, da der Gesetzgeber keine Rechtsgrundlage für eine Kostenentscheidung nach Antragsrücknahme im selbständigen Beweisverfahren geschaffen hat, obwohl hierfür jedenfalls dann ein Bedürfnis besteht, wenn ein Hauptsacheverfahren - wie hier - nach Klagerücknahme nicht mehr anhängig ist. Die Regelungslücke ist jedoch nicht durch ent...

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