Leitsatz (amtlich)

Das Ermittlungsverfahren und das Verfahren des ersten Rechtszuges gelten als Einheit und bilden damit einen einheitlichen Verfahrensabschnitt

 

Verfahrensgang

StA Bochum (Aktenzeichen 35 Js 56/10)

LG Bochum (Aktenzeichen 13 KLs 15/10)

 

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt mit näherer Begründung, auf die Bezug genommen wird, für seine Tätigkeit sowohl im vorbereitenden Verfahren als auch im Zwischen- und Hauptverfahren anstelle der gesetzlichen Gebühren eine angemessene Pauschgebühr. Abweichend von seinem mit Schriftsatz vom 24. April 2012 einheitlich für das gesamte Verfahren gestellten Antrag beantragt er nunmehr mit Schriftsatz vom 6. September 2012, jeweils eine angemessene Pauschgebühr für seine Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren und eine angemessene Pauschgebühr für seine Tätigkeit im Zwischen- und Hauptverfahren zu bewilligen.

Der Vertreter der Staatskasse hat unter dem 16. August 2012 zu dem ursprünglichen Antrag vom 24. April 2012 ausführlich Stellung genommen und den Tätigkeitsumfang sowie die dem Antragsteller zustehenden gesetzlichen Gebühren zutreffend dargelegt. Insgesamt hält er die erstinstanzlich vom Antragsteller erbrachten Tätigkeiten schon für besonders umfangreich i.S.d. § 51 RVG und mit den gesetzlichen Gebühren auch für unzumutbar vergütet. Er regt jedoch an, den Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr zurückzuweisen, da im Rahmen der abschließenden Wertung auch zu berücksichtigen sei, dass dem Antragsteller von seinem Mandanten bzw. dessen Familie (Vater) bereits ein Betrag in Höhe von 13.697,00 Euro netto zugeflossen sei, der nach § 58 Abs. 3 RVG im Zuge der Gewährung der gesetzlichen Gebühren anrechnungsfrei bleibe. Dieses dem Antragsteller gezahlte Honorar ergebe zusammen mit der gesetzlichen Vergütung in Höhe von 20.050,00 Euro einen Betrag, der die fiktiven Wahlanwaltshöchstgebühren annähernd erreiche. Von daher seien die Tätigkeiten des Antragstellers bereits ausreichend vergütet, ein auszugleichendes Sonderopfer liege nicht vor.

Nachdem dem Antragsteller diese Stellungnahme des Vertreters der Staatskasse bekannt gegeben worden war, hat er diese mit Schriftsatz vom 06. September 2012 dahingehend beantwortet, dass "der bisher für das gesamte Verfahren gestellte Antrag in zwei Verfahrensabschnitte zu unterteilen" sei, "nämlich zum einen in den Verfahrensabschnitt des Ermittlungsverfahrens, in dem er als Wahlverteidiger tätig war, zum andern in den Verfahrensabschnitt des Hauptverfahrens einschließlich Zwischenverfahren, in dem er als Pflichtverteidiger seit seiner gerichtlichen Bestellung (07.09.2010) tätig war."

Zu diesem neuerlichen Antrag vom 06. September 2012 hat der Vertreter der Staatskasse sodann unter dem 29. Oktober 2012 Stellung genommen und gemutmaßt, der Antragsteller könne mit diesem Antrag nunmehr auch einen Pauschgebührenantrag gemäß § 42 RVG verfolgen, da er als Anlass für die aufgesplittete Antragstellung die Kostenentscheidung der 13. großen Strafkammer des Landgerichts Bochum zum Einstellungsbeschluss vom 26. Januar 2012 angebe. Hierzu hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2012 klargestellt, dass die von ihm mit Schriftsatz vom 6. September 2012 gestellten Anträge ausschließlich auf die abschnittsweise Bewilligung von Pauschgebühren nach § 51 RVG gerichtet seien. Die gestellten Anträge seien - entgegen der Auffassung der Staatskasse - auch keiner anderen Auslegung zugänglich.

II.

Der Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr war abzulehnen.

1.

Soweit der Antragsteller in seinem neuerlichen Antrag vom 6. September 2012 beantragt,das Verfahren für die Bewertung einer zu bewilligenden Pauschgebühr in zwei Verfahrensabschnitte "aufzusplitten", nämlich in den Verfahrensabschnitt des Ermittlungsverfahrens und den des Zwischen- und Hauptverfahrens, ist eine solche Unterteilung im Hinblick auf § 58 Abs. 3 RVG nicht zulässig.

Das Ermittlungsverfahren und das Verfahren des ersten Rechtszuges gelten als Einheit und bilden damit einen einheitlichen Verfahrensabschnitt.

Dies folgt in erster Linie aus der historischen Auslegung: § 58 Abs. 3 RVG ist an die Stelle von § 101 Abs. 1 u. 2 BRAGO getreten, wonach die Anrechnung von Zahlungen für die "Tätigkeit in der Strafsache" erfolgte. Diese nach dem Wortlaut sehr weit gehende Anrechnung wurde nach allgemeiner Auffassung dahingehend ausgelegt, dass Zahlungen auf in der selben Instanz entstandene Gebühren angerechnet wurden, wobei das Ermittlungsverfahren als Teil des erstinstanzlichen Rechtszuges angesehen wurde (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, 15. Aufl., Rdnr. 3 zu § 101 m.w.N.). Eine inhaltliche Änderung - etwa im Sinne einer Einschränkung der Anrechnungsmöglichkeit von Zahlungen - war mit dem Erlass des § 58 Abs. 3 RVG nicht beabsichtigt. Auch aus den Materialien des Gesetzes (vgl. BT-Drucks. 15/1971, 203) ergibt sich, dass "die Regelungen des § 101 Abs. 1 und Abs. 2 BRAGO in redaktionell angepasster Form übernommen werden". Es soll danach (lediglich) darauf verzicht...

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