Leitsatz (amtlich)

1) Die Zuwendungspflegschaft nach den §§ 1638 Abs. 1, 1909 Abs. 1 S. 2 BGB endet kraft Gesetzes mit dem Eintritt der Volljährigkeit des Betroffenen. Eine abweichende Bestimmung bei der Zuwendung durch Rechtsgeschäft unter Lebenden ist unwirksam.

2) Bei der Führung der Pflegschaft muss darauf Bedacht genommen werden, dass die Entscheidung des Betroffenen nach Eintritt seiner für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum bevorstehenden Volljährigkeit nicht durch langfristige Investitionsentscheidungen vorweggenommen werden darf.

 

Normenkette

BGB § 1638 Abs. 1, §§ 1837, 1909

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 17.08.2009; Aktenzeichen 9 T 61/08)

AG Dortmund (Aktenzeichen 302 (41) VII 2959 M)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. In notarieller Urkunde vom 14.11.1997 (UR-Nr. 2.../1997 Notar E2 in E) hat Herr Prof. T dem Betroffenen, seinem Enkel, das im Grundbuch von E Blatt ...1 eingetragene, mit einer Doppelhaushälfte bebaute Grundstück schenkweise übertragen. Der Übertragsgeber hat sich ein umfassendes Nießbrauchsrecht vorbehalten. Teil II Ziff. 6 der notariellen Urkunde lautet:

"Erlischt der Nießbrauch vor Vollendung des 21. Lebensjahres des Erwerbers, wird der hier übertragene Grundbesitz bis zur Vollendung des 21. des Erwerbers unter die Verwaltung von Herrn B. (das ist der Beteiligte zu 2) gestellt."

Der Übertragsgeber ist am 27.3.2002 verstorben. Das Vormundschaftsgericht hat durch Verfügung vom 30.6.2003 für den Betroffenen eine Pflegschaft mit dem Wirkungskreis der Verwaltung des Grundstücks I-Str. 97 in E eingeleitet und den Beteiligten zu 2) zum Pfleger ausgewählt sowie anschließend diesen am 10.7.2003 in sein Amt verpflichtet.

Der Beteiligte zu 2) hat im Jahre 2006 umfangreiche Sanierungsarbeiten am Dach des Wohngebäudes sowie einem Teil der Fassade ausführen lassen. Zur Teilfinanzierung der Arbeiten hat er namens des Betroffenen ein von der Kreditanstalt für Wiederaufbau gefördertes Darlehen zum Nennbetrag von 21.0000 EUR aufgenommen. Dazu hat ihm das Vormundschaftsgericht durch Beschluss vom 12.9.2006 die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung erteilt.

Der Betroffene hat mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 23.1.2007 mit der nachstehend näher behandelten Begründung die Entlassung des Beteiligten zu 2) aus dem Amt des Pflegers beantragt. Diesen Antrag hat das AG durch Beschluss vom 2.11.2007 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Betroffene mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 21.11.2007 Beschwerde eingelegt, die das LG durch Beschluss vom 17.8.2009 zurückgewiesen hat.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Betroffenen, die er mit Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 31.8.2009 bei dem LG eingelegt hat.

II. Die weitere Beschwerde ist nach Art. 111 Abs. 1 S. 1 FGG-RG, §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis des Betroffenen folgt bereits daraus, dass seine erste Beschwerde ohne Erfolg geblieben ist.

In der Sache ist das Rechtsmittel unbegründet, weil die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von einer zulässigen Erstbeschwerde des Betroffenen ausgegangen. Auch in der Sache hält die Entscheidung des LG rechtlicher Nachprüfung stand.

Das LG hat rechtlich korrekt die Frage, ob der Beteiligte zu 2) aus dem Amt des Pflegers zu entlassen ist, auf der Grundlage der Vorschriften der §§ 1915, 1886 BGB geprüft. Danach ist ein Einzelpfleger zu entlassen, wenn die Fortführung des Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Pflegers, das Interesse des Betroffenen gefährden würde. Die Vorfrage der Wirksamkeit der Begründung der Pflegschaft war nicht Gegenstand der zu treffenden Entscheidung, weil die Verfügung des Vormundschaftsgerichts vom 30.6.2003, durch die diese Pflegschaft angeordnet worden ist, nicht Gegenstand des Rechtsmittels des Betroffenen ist. Der Umfang des Wirkungskreises der Pflegschaft ist allerdings für den Pflichtenkreis des Beteiligten zu 2) und damit mittelbar für die Entlassungsentscheidung von Bedeutung.

Es handelt sich hier um eine sog. Zuwendungspflegschaft nach den §§ 1638 Abs. 1, 1909 Abs. 1 S. 2 BGB. Nach der erstgenannten Bestimmung erstreckt sich die elterliche Vermögenssorge nicht auf das Vermögen, das einem Kind u.a. durch unentgeltliche Verfügung unter Lebenden zugewendet wird, wenn der Zuwendende in dem Rechtsgeschäft bestimmt, dass die Eltern dieses Vermögen nicht verwalten sollen. Der Zuwendende kann also die elterliche Vermögenssorge für das dem Kind unentgeltlich zugewendete Vermögen ausschließen. Das Vormundschaftsgericht hat in der Bestimmung in Teil II Ziff. 6 des notariellen Übertragungs...

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