Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung eines Vergleichs, den der Haftpflichtversicherer eines Krankenhausträgers mit dem Krankenversicherer eines geschädigten Patienten schließt, insbesondere zur diesbezüglichen Bedeutung einer vom Haftpflichtversicherer in den Vergleichsverhandlungen nicht offengelegten Beschränkung der Deckungssumme.

 

Normenkette

BGB § 313 Abs. 2, § 779 Abs. 1; VVG § 109; ZPO § 301 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 111 O 74/16)

 

Tenor

weist der Senat nach Vorberatung darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufungen der Beklagten gegen das am 09.11.2017 verkündete "Teil-Grund- und Teil-Endurteil" des Landgerichts Münster durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist der gesetzliche Krankenversicherer des am 06.01.2008 geborenen, schwerstbehinderten T (Patient). Die Geburt fand in dem von der Beklagten zu 2 getragenen U-Hospital in P statt. Mit Bescheid vom 07.09.2009 stellte die Gutachterkommission bei der Ärztekammer Westfalen-Lippe fest, dass die Geburtsleitung behandlungsfehlerhaft gewesen sei.

Die Beklagte zu 1 ist der Haftpflichtversicherer der Beklagten zu 2. Im Jahr 2013 vereinbarten die Klägerin und die Beklagte zu 1 eine 80-prozentige Ausgleichung der Ansprüche der Klägerin. Die Parteien streiten über Inhalt und Reichweite der Vereinbarung.

Die Beklagte zu 1 leistete nach Abschluss der Vereinbarung erhebliche Zahlungen an die Klägerin. Mit Schreiben vom 29.04.2016 teilte die Beklagte zu 1 der Klägerin sodann erstmals mit, dass die Deckungssumme begrenzt und im Hinblick auf die persönlichen Ansprüche des Patienten ein Verteilungsverfahren durchzuführen sei. Es folgten weitere Zahlungen der Beklagten zu 1 - insgesamt 269.775,62 EUR - unter Rückforderungsvorbehalt. Nicht mehr beglichen wurden Rechnungen der Klägerin vom 08.03.2017 über insgesamt 93.517,85 EUR.

Die Klägerin nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner aus der im Jahr 2013 geschlossenen Vereinbarung in Anspruch. Sie hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagten zur Zahlung der o.g. 93.517,85 EUR sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i.H.v. 8.445,55 EUR zu verurteilen, die Verpflichtung der Beklagten zur zukünftigen einschränkungslosen Erstattung von 80 % ihrer Aufwendungen für den Patienten festzustellen und ferner festzustellen, dass der Beklagten zu 1 kein Rückforderungsanspruch bezüglich der genannten Zahlungen i.H.v. insgesamt 269.775,62 EUR zusteht. Hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit der Vereinbarung aus dem Jahr 2013 hat die Klägerin Schadensersatzansprüche nach einer Haftungsquote von 100 % gegen die Beklagte zu 2 geltend gemacht.

Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen "Teil-Grund- und Teil-Endurteil" entschieden, dass die Zahlungsanträge der Klägerin dem Grunde nach gerechtfertigt seien. Zudem hat es antragsgemäß festgestellt, "dass die Beklagten verpflichtet sind, gesamtschuldnerisch die Aufwendungen der Klägerin für den Versicherten T gemäß dem geschlossenen Vergleich vom 18.02.2013/15.03.2013 zukünftig einschränkungslos zur vereinbarten Haftungsquote von 80 % der Gesamtaufwendungen zu bezahlen". Ferner hat es festgestellt, dass der Beklagten zu 1 bezüglich der Zahlungen i.H.v. insgesamt 269.775,62 EUR "ein Rückforderungsanspruch nicht wegen einer Deckungssummenbeschränkung" zustehe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tenors wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte zu 1 durch den Vergleich sowohl sich selbst als auch die Beklagte zu 2 verpflichtet habe, da sie nichts anderes klargestellt habe. Ob im Verhältnis der Beklagten eine Deckungssumme vereinbart sei, könne dahinstehen, da eine solche für den Vergleich keine Bedeutung hätte. Aus Sicht der Klägerin habe in den Vergleichsverhandlungen kein Anhalt dafür bestanden, dass auch nur eine der Beklagten lediglich begrenzt haften wolle. Die Klägerin habe sich auch nicht nach einer Deckungssumme erkundigen müssen.

Das Landgericht hat weiter ausgeführt, dass die Ersatzpflicht der Beklagten nur bestehe, soweit ein Zusammenhang zwischen den Aufwendungen der Klägerin und Behandlungsversäumnissen der Beklagten zu 2 feststellbar sei. Da über diese Frage kein Streit bestehe, sei eine entsprechende Beschränkung des Feststellungstenors nicht erforderlich.

Schließlich hat das Landgericht ausgeführt, dass sich der auf die Rückforderung geleisteter Zahlungen bezogene Feststellungsantrag ersichtlich nur auf die Frage der Überschreitung einer etwaigen Deckungssumme beziehe. Sonstige Rückforderungsgründe seien weder Gegenstand des Rechtsstreits noch der außergerichtlichen Korrespondenz gewesen.

Die Beklagten halten mit ihren Berufungen ...

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