Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung des Einrichtungsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ermessensausübung der Justizverwaltungsbehörde bei der Kündigung eines Einrichtungsvertrages nach § 133 Abs. 3 GBO muss bei leichteren Fällen des Missbrauchs die Möglichkeit einer Abmahnung berücksichtigen, die bei erstmaliger Überschreitung der Schranken des elektronischen Abrufverfahrens in Betracht ziehen ist, wenn in der Sache ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 12 Abs. 1 GBO an der Grundbucheinsicht vorlag.

 

Normenkette

GBO § 133

 

Tenor

Die mit Schreiben des Beteiligten zu 2. vom 28.4.2009 ausgesprochene Kündigung des Einrichtungsvertrags vom 24.06./2.7.2008 wird aufgehoben.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1. waren aufgrund eines zwischen den Beteiligten abgeschlossenen Einrichtungsvertrags vom 24.06./2.7.2008 zur Teilnahme am eingeschränkten automatisierten Grundbuch-Abrufverfahren zugelassen. Durch Schreiben vom 28.4.2009 kündigte der Beteiligte zu 2. den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Gegen diese Kündigung wenden sich die Beteiligten zu 1. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 28.5.2009.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist nach §§ 23 ff. EGGVG statthaft. Die durch den Beteiligten zu 2. ausgesprochene Kündigung des öffentlich-rechtlichen Einrichtungsvertrags vom 24.06./2.7.2008, die dem Widerruf einer durch Bescheid erteilten Genehmigung gleichkommt (vgl. § 133 Abs. 3 Sätze 3 und 4, Abs. 7 Satz 4 GBO), ist als Maßnahme einer Justizbehörde zur Regelung einer einzelnen Angelegenheit auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit einzustufen (§ 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG).

Der Antrag ist auch im Übrigen zulässig, er ist insbesondere rechtzeitig gestellt worden (§ 26 Abs. 1 EGGVG).

Der Antrag ist begründet. Die Kündigung vom 28.4.2009, durch die den Beteiligten zu 1. die Berechtigung zur Teilnahme am eingeschränkten automatisierten Grundbuch-Abrufverfahren entzogen worden ist, ist ermessensfehlerhaft und somit rechtswidrig und verletzt die Beteiligten zu 1. in ihren Rechten (§ 28 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 EGGVG).

Die Kündigung beruhte auf § 6 Abs. 3a) und d) des Einrichtungsvertrags i.V.m. § 133 Abs. 3 Sätze 2 und 3 GBO. Danach kann der Einrichtungsvertrag gekündigt werden, wenn das automatisierte Abrufverfahren missbräuchlich verwendet wurde bzw. unzutreffende Angaben zur Begründung des berechtigten Interesses an dem Grundbuchdatenabruf gemacht wurden. Die Vorschrift des § 133 Abs. 3 GBO ist auch in den Fällen des eingeschränkten Abrufverfahrens nach § 133 Abs. 4 GBO anwendbar (Waldner in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 133 Rz. 7).

Eine missbräuchliche Verwendung liegt nicht nur beim Fehlen der Voraussetzungen des § 12 GBO vor, sondern z.B. auch dann, wenn die gesetzlich gezogenen Schranken des Abrufverfahrens nicht eingehalten oder unrichtige Darlegungserklärungen abgegeben werden (vgl. Demharter, GBO, 27. Aufl., § 133 Rz. 22; Meickel/Engel, GBO, 10. Aufl., § 133 Rz. 63). Zu Recht hat der Beteiligte zu 2. derartige Verstöße der Beteiligten zu 1. beanstandet.

Die elektronische Grundbucheinsicht vom 15.9.2008 in das Grundbuch von I Blatt 2685 A war wegen einer Überschreitung der Grenzen des eingeschränkten elektronischen Abrufverfahrens missbräuchlich und die hierzu abgegebene Darlegungserklärung ("Zwangsvollstreckung") war falsch. Auch bei der anschließenden Überprüfung dieses Vorgangs durch den Beteiligten zu 2. haben die Beteiligten zu 1. keine ausreichenden Angaben zum Grund für diese Einsichtnahme gemacht. Vielmehr haben sie die in dem Schreiben des Beteiligten zu 2. vom 7.4.2009 gestellte Frage, ob zum Zeitpunkt des Abrufs ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel gegen einen der eingetragenen Eigentümer vorgelegen habe, mit Schreiben vom 22.4.2009 ausweichend und verzerrend dahingehend beantwortet, dass der Abruf zur Vorbereitung der Zustellung einer einstweiligen Verfügung erfolgt sei. Tatsächlich diente der Abruf jedoch nicht der Zustellung oder Vollziehung einer einstweiligen Verfügung. Die betreffende einstweilige Verfügung (3 C 294/08 AG X) lag im Zeitpunkt der elektronischen Grundbucheinsicht (15.9.2008) nämlich noch gar nicht vor. Aus den von den Beteiligten zu 1. auf Anforderung des Senats vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst unter dem 16.9.2008 gestellt wurde und dass die einstweilige Verfügung erst am 17.9.2008 erlassen wurde. Entsprechend den Andeutungen der Beteiligten zu 1. im Schriftsatz vom 10.5.2009 erfolgte die Grundbucheinsicht offensichtlich deshalb, um Gewissheit über die Eigentumsverhältnisse an dem betreffenden Wohnungseigentum zu erhalten und den/die richtigen Antragsgegner zu ermitteln. Die Ausforschung der Eigentumsverhältnisse an einem fremden Grundstück ohne Zustimmung des betreffenden Eigentümers zur Vorbereitung eines (summarischen) Erkenntnisverfahrens hat mit einer "Zwangsvollstreckung" nichts zu tun und ist daher im eingeschränkten automatisierten G...

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