Entscheidungsstichwort (Thema)

Sicherstellung des gezahlten Reisepreises: Absage der Reise vor der Insolvenz des Reiseveranstalters; vor der Fälligkeit gezahlter Reisepreis

 

Normenkette

BGB § 651k Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 19.08.2010; Aktenzeichen 334 O 249/09)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.11.2011; Aktenzeichen X ZR 43/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 34, vom 19.8.2010 - 334 O 249/09 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Leistungen aus einem Kundengeldabsicherungsvertrag nach Insolvenz des Reiseveranstalters.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Im Januar 2009 buchte der Kläger bei der T. T. T. GmbH eine Kreuzfahrt, die im Zeitraum 6.01.-11.2.2010 stattfinden sollte. Mit Schreiben vom 15.1.2009 (Anlage K 1) wurde dem Kläger der Reisepreis von EUR 7.482,30 in Rechnung gestellt, wobei ein 5%iger Rabatt berücksichtigt war. Dieser wurde für den Fall angeboten, dass die gesamte Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Rechnung erfolgen würde. Der Kläger zahlte am 22.1.2009 EUR 7482,30. Er erhielt einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gem. § 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches", der als Reiseveranstalter die T. T. und als Versicherungsunternehmen die Beklagte aufführt. Dieser enthält u.a. folgende Bestimmung:

"Der rechts angegebene Kundengeldabsicherer (H. M. R. AG, nachfolgend HMR) stellt für den umseitig bezeichneten Reiseveranstalter gegenüber dem Reisenden sicher, dass von ihm erstattet werden

1. der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen, (...)". (Anlage K 2) 5Die Beklagte unterhielt mit der T. T. GmbH einen Insolvenzsicherungsvertrag, nach dessen § 1 die Beklagte sich verpflichtete, den Reiseteilnehmern der T. T. GmbH Versicherungsschutz i.S.d. § 651k BGB zu gewähren, soweit den Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde (Anlage B 1). Nach § 3 Nr. 1 f., g. der Allgemeinen Bedingungen zur Insolvenzsicherung für Reiseveranstalter war die T. T. GmbH verpflichtet, Anzahlungen über 10 % des Reisepreises und Zahlungen, die über eine Anzahlung hinausgehen, nicht früher als 1 Monat vor Reisebeginn zu fordern oder anzunehmen (Anlage B 2).

Die Reisebedingungen der T. T. GmbH sehen vor, dass mit Erhalt des Sicherungsscheines eine Anzahlung von 10 % des Reisepreises fällig wird und die Restzahlung spätestens 3 Wochen vor Antritt der Reise zu leisten ist (Anlage K 1).

Mit Schreiben vom 8.8.2009 wurde dem Kläger durch die T. T. GmbH mitgeteilt, dass die Reise wegen mangelnder Nachfrage nicht stattfinde (Anlage K 3).

Bereits am 2.9.2009 wurde im Insolvenzantragsverfahren durch das AG Verden die vorläufige Verwaltung des Vermögens der T. T. GmbH angeordnet. Daraufhin wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 11.9.2009 wegen der Erstattung des von ihm gezahlten Reisepreises an die Beklagte. Diese lehnte mit Schreiben vom 15.9.2009 die Zahlung ab, weil die Reise nicht infolge der Insolvenz ausgefallen sei. Der Kläger wandte sich nochmals ohne Erfolg an die T. T. GmbH. Diese verwies wiederum an die Beklagte (Schreiben vom 30.9.2009). Unter Fristsetzung bis zum 5.11.2009 mahnten die Prozessbevollmächtigten des Klägers bei der Beklagten erfolglos die Zahlung der Klagforderung an. Mit Beschluss des AG Verden vom 1.12.2009 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil der Klage stattgegeben. Auf das Urteil wird Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht die Beklagte geltend, dass das LG zu Unrecht unterstellt habe, dass die Reise infolge der Insolvenz der T. T. GmbH ausgefallen sei. Dabei habe das LG übersehen, dass zum Zeitpunkt der Absage der Reise die unternehmerische Entscheidung getroffen worden sei, dass die MS "M ... P." nicht mehr auf dem deutschen Markt vermarktet werden solle. Diese rein wirtschaftliche Entscheidung sei allein aufgrund der geringen Nachfrage auf dem deutschen Markt gefallen. Die Insolvenz sei aufgrund der zum Zeitpunkt der Absage nicht vorhersehbaren, überraschenden Kündigung des Kontokorrentrahmens durch die B ... L... Ende August 2009 erfolgt und sei somit nicht ursächlich für den Ausfall der Reise gewesen. § 651k BGB sehe ausdrücklich einen Versicherungsschutz nur für den Fall der vom Versicherungsnehmer zu beweisenden Ursächlichkeit der Insolvenz für den Reiseausfall vor.

Die Beklagte weis...

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