Leitsatz (amtlich)

Die Presseäußerung des interviewten Geschäftsführers eines Online-Dienstes für Preisvergleiche stellt grundsätzlich keine "Wettbewerbshandlung" (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) dar, auch wenn darin Sonderangebote eines namentlich genannten Elektronik-Kaufhauses kritisch-bilanzierend bewertet werden. Der Online-Dienst ist ein Unternehmen medialer Art, in dessen "redaktionellem" Bereich gibt es (wie bei der Presse) wegen Art. 5 GG keine Vermutung, dass solche Äußerungen in Wettbewerbsabsicht erfolgen, zumal der Online-Dienst die Verbraucher informiert und berät. Das gilt entsprechend für den in dem Zeitschriftenartikel zitierten Geschäftsführer des Online-Dienstes.

Die zitierte Äußerung als solche gibt für eine andere Beurteilung keinen Anhalt. Die Meinungsäußerung ist weder besonders polemisch noch überspitzt ist, sie läuft auf den allgemeinen Rat hinaus, Sonderangebote im Einzelnen zu prüfen, weil es preisgünstige Angebote, aber auch "Ladenhüter" sein könnten.

 

Normenkette

BGB §§ 823-824, 826; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 29.06.2004; Aktenzeichen 312 O 72/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 29.6.2004 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin vertreibt im Einzelhandel u.a. Artikel der Unterhaltungselektronik, Computer und Elektroartikel. Sie nimmt mit der vorliegenden Klage den Beklagten wegen einer Äußerung auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und auf Auskunft in Anspruch.

Der Beklagte ist Geschäftsführer der im Passivrubrum für seine Anschrift aufgeführten I. Verlagsgesellschaft mbH (kurz: I.-GmbH), die im Internet unter der Domain "www.preiswerter.de" einen ebenso bezeichneten Service für Preisvergleiche betreibt (Anlage B 2).

In der Zeitschrift F., Ausgabe 5/2004, erschien die Veröffentlichung "Ich bin doch nicht blöd - M. Markt & Co. präsentieren sich mit großem Werbeaufwand als sehr günstig. Doch oft sind Fachhändler billiger." (Anlage K JS 2). Unter dieser Überschrift heißt es in dem Artikel u.a.:

Von wegen "Geizpreise" bei S. Und auch die "Mutter aller Schnäppchen" bei M. Markt bekommt nicht "jeden Preis klein". "Die großen Discounter sind häufig relativ teuer", erklärt B.W. von der Verbraucherzentrale H.

Schöner Schein. Eine aktuelle F.-Stichprobe unter Elektro-Großmärkten bestätigt dies: Fachhändler unterbieten oft die vermeintlichen Schnäppchen von M. Markt & Co. So ermittelte der Hamburger Marktbeobachter Preiswerter. de für den LCD-Fernseher Sony KLV-21 SR 2 als besten Händlerpreis in seiner Datenbank 1.250 EUR - 349 EUR weniger als bei S. 174 EUR sparen Käufer eines Notebooks Fujitsu-Siemens Amilo D 7830 ggü. einer Media-Markt-Offerte (s. Tabelle).

"Viele Prospektartikel der Elektro-Giganten sind Ladenhüter oder eigens für die Ketten gefertigte Produkte", bilanziert P., Geschäftsführer des Online-Preisvergleichs Preiswerter.de. Echte Knüller mit extrem gutem Preis-Leistungsverhältnis seien meist nur die wenigen bundesweit beworbenen Produkte. "Diese werden dann gezielt auf den Titelseiten von Tageszeitungsbeilagen oder in TV-Spots exponiert", weiß P. (Anlage K JS 2).

Die Klägerin hat vorgetragen: Der Beklagte habe die ihm in der Veröffentlichung zugeschriebene Äußerung getan (Beweisantritt Bl. 4), diese sei unwahr, irreführend und sittenwidrig (§ 823 ff. BGB, §§ 1, 3 UWG a.F.). In der Antwort auf die Abmahnung habe der Beklagte noch antworten lassen, ein solches Zitat habe er nicht abgegeben (Anlage K JS 4). Diese Behauptung sei vorsätzlich unwahr erfolgt, in der Klageerwiderung werde dahin argumentiert, bei dem streitgegenständlichen Zitat handele es sich um eine Meinungsäußerung im Rahmen eines Interviews. Entgegen der Ansicht des Beklagten handele es sich auch nicht um eine Meinungsäußerung.

Tatsächlich entsprächen ihre (der Klägerin) in Prospekten und in der Streckenwerbung beworbenen Geräte jeweils dem innovativ neuesten Stand. Auch der Vorwurf, bei diesen Werbeaktionen würden Produkte angeboten, die sonst kaum absetzbar seien, sei sachlich aus der Luft gegriffen. Für den herabsetzenden Vorwurf fehlten die tatsächlichen Grundlagen, das sei ein Eingriff in ihren (der Klägerin) Gewerbebetrieb.

Der Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, es bei Vermeidung von bestimmten Ordnungsmitteln zu unterlassen, zu behaupten "Viele Prospektartikel der Elektro-Giganten sind Ladenhüter", wie dies in der Ausgabe 5/2004 von "F." geschehen ist;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter I. geschilderte Äußerung entstanden ist und noch entsteht. Dies beinhaltet die Verpflic...

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