Leitsatz (amtlich)

1. Verzichtet ein Händler von Gegenständen der Unterhaltungselektronik bei einem Erwerbsgeschäft über das Internet – zulässigerweise – auf eine eigene Warenvorratshaltung, so hat er dafür Sorge zu tragen, dass er bei einem vorbehaltlosen Angebot die fragliche Ware in einem entspr. der Verkehrserwartung angemessen kurzen Zeitraum zur Auslieferung bringen kann.

2. Erkennt der Händler, dass eine rechtzeitige bzw. ausreichende Selbstbelieferung nicht hinreichend zuverlässig gewährleistet ist und bietet er die Ware gleichwohl weiterhin ohne einschränkende Hinweise auf ihre gegenständlich bzw. zeitlich eingeschränkte Verfügbarkeit an, stellt sich die hiermit verbundene Bewerbung der Ware als irreführend i.S.v. § 3 UWG dar. Dies gilt z.B. dann, wenn zum Zeitpunkt einer fortdauernden Bewerbung bereits seit einiger Zeit eine offene Bestellung vorliegt, die mangels vorhandener Ware noch nicht ausgeführt werden konnte.

 

Normenkette

UWG § 3

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 243/02)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 15, vom 5.6.2002 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

und beschlossen:

Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 150.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin stellt her und vertreibt Geräte der Unterhaltungselektronik, u.a. hochwertige Fernsehgeräte. Die Antragsgegnerin betreibt einen Internet-Shop und bietet in diesem Rahmen u.a. Geräte der Marke Ph. an. Im Februar 2002 bot die Antragsgegnerin in ihrem Internet-Shop einen ultraflachen Plasma-Fernseher Ph. 42 PF 9952 Plasma der neuesten Fernseher-Generation zu einem Preis von 8.690,84 Euro an, der ca. 2.000 Euro unter der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (10.225,33 Euro) liegt. Auf die Bestellung eines Kunden vom 4.2.2002 war die Antragsgegnerin nicht im Stande, das bestellte Gerät zu liefern. Sie vertröstete den Besteller u.a. mit E-Mails vom 27.2.2002 (Anlage ASt3) und 15.3.2002 (ASt5). Weitere Kundennachfragen, zuletzt am 25.3.2002, blieben unbeantwortet. Gleichwohl bot die Antragsgegnerin das gleiche Gerät am 8.3.2002 weiterhin in ihrem Internet-Shop vorbehaltlos an (Anlage ASt4). Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin unter dem Gesichtspunkt eines Warenvorratsmangels als wettbewerbswidrig und irreführend.

Das LG hat die Antragsgegnerin mit einstweiliger Verfügung vom 26.4.2002 auf Antrag der Antragstellerin entspr. zur Unterlassung verpflichtet und diese Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegnerin mit Urteil vom 5.6.2002 aufrechterhalten.

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragsgegnerin. Wegen der tatsächlichen Feststellungen i.Ü. wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das LG hat die Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Unterlassung verurteilt. Ihr Berufungsvorbringen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung. Es gibt dem Senat lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Der Senat hatte der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO mit Verfügung vom 23.12.2002 u.a. folgenden Hinweis gegeben:

„a) Das LG hat die Antragsgegnerin zu Recht und mit zutreffender Begründung nach dem Verfügungsantrag zu Ziff. I.1. zur Unterlassung verurteilt. Das Berufungsvorbringen der Antragsgegnerin rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, und zwar weder hinsichtlich der materiellen Rechtslage noch angesichts der Antragsfassung.

b) Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen bleibt die Verteidigung aber auch wegen einer anderen – zwischen den Parteien unstreitigen – Sachverhaltsgestaltung erfolglos, auf den die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren ausdrücklich gestützt hatte (S. 3 der Antragsschrift).

Obwohl die Antragsgegnerin das am 4.2.2002 aufgrund ihrer Internet-Werbung von dem Kunden F. bestellte Gerät 42 PF 9952 Plasma nicht zu liefern in der Lage war, hat sie dasselbe Gerät noch am 8.3.2002 weiterhin vorbehaltlos angeboten und damit beworben. Dies ergibt sich aus dem von der Antragstellerin als Anlage ASt4 vorgelegten Bildschirmausdruck. Der von der Antragsgegnerin als Anlage AG8 vorgelegten E-Mail-Schriftverkehr lässt erkennen, dass ihr Lieferant in Belgien ihr am 5.2.2002 eine Lieferfrist von etwa 15 Tagen („delay about 15 days”) in Aussicht gestellt hatte. Diese Frist lief am 20.2.2002 ab. Mit E-Mail vom 27.2.2002 (Anlage ASt3), mithin 1 weitere Woche später, hatte die Antragsgegnerin den Kunden F. auf dessen Belieferungsanfrage erneut vertröstet, weil sie von ihrem „normalen Lieferanten” nicht beliefert worden sei. Eine Ersatzbelieferung war auch am 15.3.2002 nicht erfolgt, wie die E-Mail der Antragsgegnerin von diesem Tage (Anlage ASt5) belegt. Gleichwohl hatte sie dasselbe Gerät noch am 8.3.2002 – und damit über 2 Wochen nach Ablauf der zugesagten Selbstbelieferung – noch unverändert in ihr...

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