Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 18 O 368/14)

 

Tenor

Das Verfahren ist unterbrochen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Frage der Unterbrechung.

Das AG Darmstadt hat mit Beschluss vom 1.12.2014 über das Vermögen der Verfügungsbeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Herrn Rechtsanwalt X zum Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 44 der Akten; Beschluss vom 1.12.2014 im Anlagenband als Anlage B 1). Mit Schriftsatz vom 3.12.2014 hat Rechtsanwalt Y mitgeteilt, dass der Insolvenzverwalter der Verfügungsbeklagten den Rechtsstreit mit diesem Schriftsatz nicht aufnehme (Bl. 45 der Akten).

Das LG hat mit am 13.1.2015 verkündetem Urteil, auf das Bezug genommen wird, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Verfügungsklägerin stehe ein Unterlassungsanspruch nicht zu, da sich dieser weder aus dem Rahmenvertrag noch aus dem E-Mail-Verkehr der Parteien herleiten lasse. Das Verfahren sei wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfügungsbeklagten nicht unterbrochen worden, da es nicht die Insolvenzmasse betreffe; der geltend gemachte Unterlassungsanspruch sei nämlich ein höchstpersönlicher Anspruch.

Mit ihrer form- und fristgerechten Berufung verfolgt die Verfügungsklägerin ihren erstinstanzlich gestellten Unterlassungsantrag weiter.

Das mit Schreiben der Verfügungsbeklagten vom 12.9.2014 (Anlage K14, Bl. 186 d.A.) bestätigte Telefonat, in welchem die Verfügungsklägerin erklärt haben soll, umgehend die vertraglichen Leistungen in vollem Umfang bis zum Ablauf der regulären Vertragsdauer zu erbringen, habe nicht stattgefunden (Bl. 157, 158 d.A.). Dies habe der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin umgehend in seiner E-Mail vom 12.9.2014 klargestellt (Anlage K2, Bl. 10, 158 d.A.).

II. Nachdem zwischen den Parteien Streit um die Frage der Unterbrechung bestand, war hierüber durch Zwischenurteil zu entscheiden (vgl. die Nachweise bei BGH Zwischenurteil vom 11.2.2010, Aktenzeichen: VII ZR 225/07, zitiert nach Juris, Rz. 6).

Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Verfügungsbeklagten mit Beschluss vom 1.12.2014 wurde das Verfahren unterbrochen, § 240 S. 1 ZPO.

Das anhängige Verfahren betrifft die Insolvenzmasse.

Nach § 240 S. 1 ZPO wird ein Rechtsstreit bis zur Aufnahme des Verfahrens nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften unterbrochen, wenn er die Insolvenzmasse betrifft. Ein mittelbarer Bezug zur Insolvenzmasse genügt (vgl. die Nachweise bei BGH Teilurteil vom 1.10.2009, Aktenzeichen: I ZR 94/07, zitiert nach Juris, Rz. 17).

Ein Verfahren betrifft die Insolvenzmasse, wenn es zu ihr in rechtlicher oder wenigstens wirtschaftlicher Beziehung steht (vgl. BGH Beschluss vom 18.11.2014, Aktenzeichen: EnVR 59/13, zitiert nach Juris, Rz. 9). Zu den die Insolvenzmasse betreffenden Ansprüchen zählt ein Unterlassungsanspruch wegen einer Schutzrechtsverletzung (vgl. BGH a.a.O.). Wiederholt haben sich der Bundesgerichtshof und das Reichsgericht mit patentrechtlichen Unterlassungsansprüchen befasst und dafür ausgesprochen, dass der Konkurs über das Vermögen des angeblichen Patentverletzers einen auf Unterlassung gerichteten Prozess unterbreche und dass der Konkursverwalter das Verfahren wieder aufnehmen könne (vgl. BGHZ 155, 371, 380).

Im vorliegenden Fall handelt es sich zwar nicht - worauf die Verfügungsklägerin zu Recht hinweist - um einen Unterlassungsanspruch wegen einer Schutzrechtsverletzung. Die Verfügungsklägerin macht vielmehr einen Unterlassungsanspruch aufgrund einer ihrer Auffassung nach zwischen den Parteien geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung geltend. Gleichwohl betrifft dieser Anspruch die Insolvenzmasse.

So stellen alle Rechtspositionen mit Geldwert Vermögen im Sinne des § 35 InsO dar (vgl. Frankfurter Kommentar zur InsO/Schumacher, 6. Auflage (2011), § 35, Rz. 5). Massezugehörig sind neben den Aktiva im Rechtssinne auch alle tatsächlichen Werte wie zum Beispiel Kundenverzeichnisse, Standortvorteile, aber auch Geschäftsbeziehungen (vgl. Kreft/Eickmann, InsO, 5. Auflage (2008), § 35, Rz. 26). Eine Unterbrechung des Verfahrens tritt daher ein, wenn Verfahrensgegenstand (zumindest mittelbar) ein Vermögenswert ist, der zur Insolvenzmasse gehören kann (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage (2014), § 240, Rz. 8). So liegt der Fall hier.

Der von der Verfügungsklägerin in diesem Verfahren erhobene Anspruch ist darauf gerichtet, die Verfügungsbeklagte an der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu Subunternehmern der Verfügungsklägerin unter deren Umgehung zu hindern. Die Aufnahme und Aufrechterhaltung von Geschäftsbeziehungen hat jedoch unmittelbare Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb der Verfügungsbeklagten und damit unmittelbare Relevanz für ihr Vermögen und somit auch die Insolvenzmasse. Mit der Beauftragung anderer Unternehmen zum Zwecke der Erfüllung eigener vertraglicher Verpflichtungen hat die Verfügungsbeklagte ihren Geschäftsbetrieb aufrechterhalten.

Die Verfügungsklägerin hat ihrer...

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