Entscheidungsstichwort (Thema)

Zivilrecht/Arzthaftungsrecht: Arzthaftung. Schönheitsoperation. Operation. Pilzinfektion. Infektion. Schmerzensgeld. Honorar

 

Leitsatz (amtlich)

Schönheitsoperation; 6.000 EUR Schmerzensgeld für 69 Jahre alte Patientin, bei der eine Oberschenkelstraffung misslungen ist; Verdacht auf rezidivierende Pilzinfektion war nicht abgeklärt worden, was zu erheblichen Wundheilungsstörungen geführt hat; kein Honoraranspruch, weil ärztliche Leistung unbrauchbar war.

 

Normenkette

BGB §§ 823, 847

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-14 O 55/04)

 

Gründe

I.

Wegen des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 1.12.2005 (Bl. 211/218 d.A.) verwiesen. Sie werden nur zur besseren Verständlichkeit des Berufungsurteils nochmals wiederholt und verdeutlicht:

Die damals 69 Jahre alte Klägerin suchte Anfang März 2001 den Beklagten auf, der u.a. als plastischer Chirurg tätig ist. Der Hintergrund ihres Besuchs ist streitig. Die Klägerin behauptet, sie habe unter stark störenden Hautfalten im Bereich der oberen inneren Oberschenkel zur Leiste hin gelitten (Bl. 2 d.A.). Der Beklagte behauptet, ihr sei es um die Verschmälerung der Oberschenkel an ihrer Innenseite gegangen, weil die Klägerin das Aneinanderreiben der Oberschenkel und die daraus resultierenden Läsionen und rezidivierenden Infektionen beklagt habe (Bl. 74 d.A.). Der ursprüngliche Zustand ist vom Beklagten nicht dokumentiert worden.

Am 12.3.2001 fand die Operation statt. Der Beklagte saugte Fett im medialen Bereich der Oberschenkel ab und stellte eine Hautlappen-Reduktionsplastik her (Bl. 21 d.A.). Die Wundheilung verlief mit erheblichen Komplikationen. Am 2. 5. 2001 fand eine Revisionsoperation statt. Die Beklagte stellte sich im November 2001 nochmals beim Kläger vor, der ihr eine Narbenkorrektur empfahl. Dieses lehnte die Klägerin ab, weil sie das Vertrauen zum Beklagten verloren hatte.

Am 7.10.2003 ließ die Klägerin ein Privatgutachten des PD Dr. A anfertigen, für das sie 400,-- € zahlen musste. Herr Dr. A kam zu dem Ergebnis, dass eine erhebliche asymmetrische Vernarbung mit fortbestehenden Hautüberschüssen in erheblichem Umfang vorliege. Er bemängelte die Schnittführung des Beklagten (Bl. 22/37 d.A.). Das kosmetische Ergebnis ist auf den Lichtbildern Bl. 40 d.A. dokumentiert.

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe sie fehlerhaft behandelt, weil er das Fett im Bereich der Knieinnenseite und der Leiste nicht ausreichend entfernt und die Schnittführung falsch gesetzt habe. Seine Nachsorge sei unzureichend gewesen. Außerdem sei sie nicht hinreichend über die Risiken der Operation aufgeklärt worden.

Das Landgericht hat der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 12.000,-- € sowie Schadensersatz in Höhe von 400,-- € für das Privatgutachten von Herrn Dr. A zuerkannt. Von diesem Betrag (12.400,-- €) sind die vom Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten restlichen Honoraransprüche in Höhe von 3.087,75 € abgezogen worden. Darüber hinaus hat das Landgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden weiteren materiellen Schaden (aus der Behandlung) zu ersetzen, der künftig noch entstehen wird.

Zur Begründung hat sich das Landgericht auf das Gutachten des Sachverständigen PD Dr. B gestützt, wonach die Schnittführung des Beklagten nicht korrekt gewesen sei. Der Beklagte habe die Schnitte etwa handbreit unterhalb der Leiste angesetzt, was beidseitig zum Verbleib störender Hautwülste oberhalb der Schnitte geführt habe. Dies weiche von der üblichen Schnittführung für die Oberschenkelinnenseitenstraffung ab, die sich in der Leistenfalte befinde. Auf Grund des Gutachtens sei ferner erwiesen, dass auch eine Revisionsoperation die Narbenverläufe nicht vollständig wieder herstellen könne. Den Antrag des Beklagten auf mündliche Anhörung des Gutachters hat das Landgericht als verspätet zurückgewiesen. Dem Beklagten sei eine Frist zur Stellungnahme auf das Gutachten schon Ende April 2005 gesetzt worden (Bl. 179 d.A.). Er habe seine verspätete Stellungnahme vom 4. November 2005 nicht hinreichend entschuldigt. Es habe keine Veranlassung bestanden, den Gutachter von Amts wegen anzuhören. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat das Landgericht berücksichtigt, dass der Eingriff zu einer massiven Missbildung geführt habe, die geeignet sei, das Selbstwertgefühl der Klägerin erheblich zu beeinträchtigen. Ferner wurde berücksichtigt, dass auch eine Revisionsoperation das kosmetische Ergebnis nicht wieder vollumfänglich beseitigen könne.

Der Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Er wirft dem Landgericht unzureichende Tatsachenfeststellung vor. Es habe sich nicht auf das Gutachten des Sachverständigen Dr. B stützen dürfen, weil dessen Gutachten nicht widerspruchsfrei sei und weil Zweifel an seiner Sachkunde bestünden. Der Gerichtsgutachter habe sich auf ein Lehrbuch aus dem Jahre 1994 bezogen und dara...

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