Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bemessung der Rechtsanwaltsgebühr im Nachprüfungsverfahren bei vorangegangener Tätigkeit im Vergabeverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Vergütung des Rechtsanwalts im Nachprüfungsverfahren bemisst sich auch dann nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. 2301 RVG-VV, wenn er nur kurz im vorangegangenen Vergabeverfahren tätig gewesen ist, ihm aber ein umfassender Prüfungsauftrag erteilt war.

 

Normenkette

GWB § 128 Abs. 3; RVG § 2 Abs. 2; RVG-VV Nr. 2301

 

Verfahrensgang

2. Vergabekammer des Landes Hessen (Beschluss vom 08.07.2009; Aktenzeichen 69d VK 10/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 8.7.2009 (69d VK 10/2009) dahin abgeändert, dass die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 1.594,60 EUR festgesetzt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.428 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beteiligte sich an vier Vergabeverfahren der Antragsgegnerin betreffend Dienstleistungen für die Veranstaltung "Hessentag 2009".

Mit Schreiben vom 30.3.2009 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin die aus ihrer Sicht gegebenen Vergabeverfahrensverstöße. Am 31.3.2009 unterzeichneten der Bürgermeister und der erste Stadtrat eine Vollmacht "wegen der Vergabesache Container für den Hessentag" für den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin (Anlage BF3, Bl. 35 GA). Mit Schreiben vom 31.3.2009 (Bl. 31 GA) beanstandete der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin die Ordnungsmäßigkeit der Bevollmächtigung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und teilte dieser mit, das Rügeschreiben vom 30.3.2009 könne mangels Vorlage einer ordnungsgemäßen Vollmacht nicht weiter beantwortet werden. Der Nachprüfungsantrag (Bl. 1 VKA) der Antragstellerin ist am 1.4.2009 bei der Vergabekammer eingegangen.

Nach Erledigung des Nachprüfungsverfahrens wies die 2. Vergabekammer des Landes Hessen durch Beschluss vom 13.5.2009 (Bl. 473 VKA) den Fortsetzungsfeststellungsantrag der Antragstellerin zurück, verpflichtete sie zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin und erklärte die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin für notwendig.

Auf Antrag der Antragsgegnerin vom 12.6.2009 setzte die Vergabekammer durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8.7.2009 (Bl. 522 VKA = Bl. 7 d.A.) die von der Antragstellerin der Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf 3.022,60 EUR fest. Dieser Betrag enthält eine 2,1-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG-VV) in Höhe von 2.681,70 EUR. Zur Begründung hat die Vergabekammer insoweit ausgeführt, für die Anwendung von Nr. 2301 RVG-VV sei ein Tätigwerden des Rechtsanwalts im Vorverfahren, also eine auch nach außen sichtbare Vertretung notwendig. Hierfür genüge das Schreiben vom 31.3.2009 nicht, da bereits einen Tag danach der Nachprüfungsantrag gestellt worden sei.

Gegen die Festsetzung der 2,1-fachen Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG-VV in dem ihr am 23.7.2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragstellerin mit am 4.8.2009 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag sofortige Beschwerde erhoben.

Sie ist der Ansicht, es sei nur eine 1,1-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 RVG-VV i.H.v. 1.320 EUR festzusetzen, da der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin ausweislich seines Schreibens vom 31.1.2009 bereits im Ausschreibungsverfahren tätig geworden sei.

Die Antragstellerin beantragt, den Kostenfestsetzungsbeschluss der 2. Vergabekammer des Landes Hessen vom 8.7.2009 - 69d VK 10/2009, zu Ziff. I insoweit aufzuheben, als die der Beschwerdegegnerin von der Beschwerdeführerin zu erstattenden Kosten über einen Betrag i.H.v. 1.594,60 EUR hinaus auf 3.022,60 EUR festgesetzt wurden.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag der Antragstellerin und Beschwerdeführerin auf Änderung der Kostenentscheidung der Vergabekammer zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin verteidigt die Entscheidung der 2. Vergabekammer des Landes Hessen. Ihr Verfahrensbevollmächtigter sei nur vorab mit der Prüfung beauftragt gewesen, ob das Rügeschreiben des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin eine formelle Bedeutung hat, ohne einen Auftrag in der Vergabesache selbst erhalten zu haben. Er sei erst nach Eingang der Antragsschrift förmlich im Vergabeverfahren beauftragt worden.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 116 Abs. 1 GWB statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie hat auch in der Sache Erfolg, denn die Geschäftsgebühr bemisst sich im vorliegenden Fall nach § 2 Abs. 2 RVG i.V.m. Nr. 2301 RVG-VV.

Für seine Tätigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer verdient der Rec...

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