Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfungsumfang bei fehlender Begründung des PKH-Antrags für die Berufung

 

Leitsatz (amtlich)

Wird um Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens nachgesucht und nicht begründet, weshalb das anzufechtende Urteil unrichtig sein soll, so beschränkt sich die Prüfung der Erfolgsaussichten darauf, ob aus dem Urteil selbst in Verbindung mit dem Antragsvorbringen sich Hinweise auf eine mögliche Unrichtigkeit der anzufechtenden Entscheidung ergeben.

 

Normenkette

ZPO §§ 117, 119, 530 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt

 

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens gegen das am 4.5.2009 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Darmstadt wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet

 

Gründe

Mit der Behauptung, der Beklagte habe den zweiten Teil seiner übernommenen Stammeinlage i.H.v. 6.250 EUR noch nicht gezahlt, hat der Kläger in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gesellschaft, deren Gesellschafter der Beklagte ist, Klage erhoben. Nach Durchführung einer Beweisaufnahme hat der Einzelrichter der 1. Zivilkammer des LG Darmstadt mit am 4.5.2009 verkündetem Urteil, auf dessen Inhalt verwiesen wird, unter Aufhebung des am 28.4.2008 verkündeten Versäumnisurteils die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils führt der Erstrichter aus, der Beklagte habe nachgewiesen, dass seine gesamte Stammeinlage erbracht worden sei.

Gegen das vorstehende und ihm am 18.5.2009 zugestellten Urteil hat der Kläger mit bei Gericht am 15.6.2009 eingegangenem Schriftsatz um Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die seinerseits beabsichtigte Berufung nachgesucht und vorgetragen, er sei nicht in der Lage, die Kosten für die Durchführung des Berufungsverfahrens aus den Mitteln der Insolvenzmasse aufzubringen. Die beabsichtigte Berufung habe hinreichend Aussicht auf Erfolg und sei nicht mutwillig. Im Hinblick auf die BGH Entscheidung vom 6.5.2008 zu Az. IV ZB 16/07 verweise er auf sein erstinstanzliches Vorbringen und auf den Inhalt des angefochtenen Urteils.

Der Vorsitzende hat den Verfahrensbeteiligten am 20.7.2009 einen rechtlichen Hinweis am Telefon erteilt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen.

In Rechtsprechung und Rechtslehre ist umstritten, ob das Gesuch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Berufungsverfahrens eine Begründung enthalten muss und gegebenenfalls welchen Anforderungen diese zu entsprechen hat.

Der XII. Zivilsenat des BGH hat bereits in seinem Beschluss vom 11.11.1992 (NJW 1993, 732 ff.) ausgeführt, eine sachliche Begründung in Bezug auf das beabsichtigte Rechtsmittel sei zwar zweckmäßig und erwünscht, aber ein Zwang hierzu bestehe nicht, weil ein solcher mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der prozessualen Chancengleichheit von bemittelten und mittellosen Parteien nicht zu vereinbaren sei. Der XII. Zivilsenat hat in diesem Zusammenhang wörtlich ausgeführt: "Da eine bedürftige Partei nicht über die Mittel verfügt, um einen Rechtsanwalt zu konsultieren, würde sie gegenüber einer bemittelten Partei benachteiligt, wenn der Erfolg ihres Prozesskostenhilfegesuchs von einer Stellungnahme zu Fragen abhängig gemacht würde, deren sachgerechte Beantwortung juristische Sachkunde erfordert, wie es in Bezug auf Rechtsmittel regelmäßig der Fall ist"(In diesem Sinne und mit weiteren nachweisen auch Zöller/Philippi, ZPO. 27. Aufl.2009, Rz. 54 zu § 119). Der VI. Zivilsenat des BGH hat in dem klägerseits zitierten Beschluss vom 6.5.2008 zu Az. VI ZB 16/07 diese Rechtsprechung fortgeführt und gemeint, der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei sei eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen, wenn ihr Prozessbevollmächtigter die vollständige -wenn auch als vorläufig bezeichnete - Berufungsbegründung noch vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu den Gerichtsakten gereicht habe.

Demgegenüber haben mehrere OLG die gegenteilige Auffassung vertreten und gefordert, das Prozesskostenhilfegesuch einer anwaltlich vertretenen Partei für das Berufungsverfahren müsse eine Begründung enthalten, welche aber nicht den Erfordernissen des § 520 Abs. 3 ZPO genügen müsse (so u.a. auch das OLG Celle in seinem Beschluss vom 22.1.2003 zu Az. 3 U 278/02 (MDR 2003, 470; zum Streitstand auch allgemein Beschluss des LG Fulda vom 3.4.2009 zu Az. - 1 S 29/09).

Wenn auch vor dem Hintergrund der Regelung in § 117 ZPO, wonach die bedürftige Partei gehalten ist, das Streitverhältnis darzustellen, der Senat dazu neigt, zumindest von einer anwaltlich vertretenen Partei - hier ist der Kläger sogar selbst rechtskundig (!) - zu verlangen, wenigstens in Grundzügen aufzuzeigen, warum sie die angefochtene Entscheidung für unrichtig hält, zumal bei anwaltlicher Vertretung im Prozesskostenhilfeantragsverfahren zum einen ein Rechtsanwalt ohnehin gehalten ist, die...

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