Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Rahmen eines selbstständigen Beweisverfahrens der geforderte Kostenvorschuss nicht fristgemäß gezahlt, liegt ein Nichtbetreiben des Verfahrens vor.

2. Ein derartiges Nichtbetreiben des Verfahrens führt zu einem Ende der durch die Verfahrenseinleitung ausgelösten Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB) gemäß den in § 204 Abs. 2 S. 2 BGB genannten letzten Verfahrenshandlungen. Die Nichteinzahlung eines Kostenvorschusses ist daher nicht aus Gründen der Rechtssicherheit anderen Tatbeständen einer "Beendigung" des selbstständigen Beweisverfahrens - Übersendung des Gutachtens an die Parteien, Fristsetzung gem. § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO durch das Gericht oder Mitteilung von Einwänden, Anträgen oder Ergänzungsfragen innerhalb angemessener Frist - gleichzustellen.

3. Jedenfalls dann, wenn in zeitlich überschaubarem Zusammenhang nach Ablauf der Fristsetzung für die Zahlung des Vorschusses eine Zahlung noch erfolgt, steht es dem Zweck des selbstständigen Beweisverfahrens nicht entgegen, diesem Fortgang zu geben.

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 23.06.2004; Aktenzeichen 10 OH 18/02)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des LG Wiesbaden vom 23.6.2004 und der Nichtabhilfebeschluss vom 15.7.2004 aufgehoben.

Das Verfahren ist in Ausführung des Beschlusses vom 20.11.2003 durch Einholung der dort genannten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen fortzusetzen.

Die Kosten der Beschwerde trägt die Antragsgegnerin.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Der Antragsteller begehrt Fortsetzung des selbständigen Beweisverfahrens durch Einholung eines Ergänzungsgutachtens, wie dies das LG mit Beschluss vom 20.11.2003 angeordnet hat. Der vom LG in diesem Beschluss geforderte Auslagenvorschuss von 2.000 Euro ist gezahlt worden. Bei der Vorbereitung des Ergänzungsgutachtens stellte sich heraus, dass die Kosten den gezahlten Vorschuss übersteigen. Das LG hat daher mit Beschluss vom 23.3.2004 einen weiteren Kostenvorschuss i.H.v. 2.200 Euro angefordert und hierzu eine Frist von zwei Wochen gesetzt. Dieser Beschluss ist dem Antragsteller am 25.3.2004 zugestellt worden. Die Zwei-Wochen-Frist lief damit am 8.4.2004 ab. Der weitere Vorschuss ist aber - nach Angaben des Antragstellers aufgrund eines Versehens - erst am 10.5.2004 gezahlt worden. Das LG hat mit Schreiben vom 29.4.2004 den Antragsteller darauf hingewiesen, dass der weitere Vorschuss nicht gezahlt worden sei und daher das Ergänzungsgutachten nicht eingeholt werden könne. Den Antrag des Antragsteller auf Fortsetzung des Verfahrens hat das LG mit Beschluss vom 23.6.2004, dem Antragsteller zugestellt am 29.6.2004, zurückgewiesen, da das Verfahren infolge nicht fristgemäßer Zahlung des weiteren Auslagenvorschusses seitens des Antragstellers beendet sei. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 12.7.2004 eingelegten sofortigen Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Das Verfahren ist durch Einholung des gemäß Beschluss vom 20.11.2003 in Auftrag gegebenen Ergänzungsgutachtens fortzusetzen. Denn das Verfahren ist nicht in einer Weise beendet, welche der Fortsetzung des Verfahrens nach Zahlung des angeforderten weiteren Kostenvorschusses für den Sachverständigen entgegenstünde.

Allerdings ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein selbständiges Beweisverfahren wie das vorliegende mit dem Zugang des Sachverständigengutachtens an die Parteien endet, sofern weder das Gericht in Ausübung des ihm nach § 411 Abs. 4 S. 2 ZPO eingeräumten Ermessens eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat, noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Erhalt des Gutachtens Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitgeteilt haben (BGH, Urt. v. 20.2.2002 - VII ZR 228/00, BGHZ 150, 55, unter II.1.b der Gründe). Denn der Zeitpunkt der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens ist von maßgeblicher Bedeutung für das Ende der Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 2 S. 1 BGB, welche gem. § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB durch den Antrag auf Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens erfolgt ist. Ein solcher Fall der Beendigung liegt hier aber nicht vor. Denn der Antragsteller hat in angemessenem Zeitraum nach Erhalt des Gutachtens die ihm erforderlich erscheinende ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen begehrt, und das LG hat diesem Begehren mit seinem Beschluss vom 20.11.2003 auf Einholung eines Ergänzungsgutachtens entsprochen. Vielmehr ist in der nicht rechtzeitigen Zahlung eines weiteren Kostenvorschusses - nachdem der ursprünglich angeforderte, sich als nicht kostendeckend erweisende gezahlt worden war - ein Nicht-Weiterbetreiben des Verfahrens zu sehen (OLG Celle v. 23.10.2001 - 14 W 33/01, OLGReport Celle 2001, 335, unter II. der Gründe). Für einen derartigen Fall knüpft § 204 Abs. 2 S. 2 BGB für das Ende der Hemmung der Verjährung ni...

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