Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesamtschuldnerausgleich zwischen früheren Eheleuten

 

Normenkette

BGB § 426

 

Verfahrensgang

AG Wetzlar (Beschluss vom 17.12.2020; Aktenzeichen 612 F 56/20)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 18.880 EUR.

 

Gründe

I. Die Beteiligten, frühere Eheleute, streiten um Ansprüche aus Gesamtschuldnerausgleich.

Während bestehender Ehe nahmen die Beteiligten am 6.1.2015 bei der Bank1 gemeinsam ein Darlehen über 40.000 EUR auf und schlossen bei demselben Anbieter zusätzlich einen sogenannten "Ratenschutz Versicherungsvertrag" ab, mit dem sie sich gemeinschaftlich zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen i.H. weiterer 6.001,92 EUR verpflichteten. Mit dem Darlehen wurden ältere Darlehen abgelöst, deren Zweck und Zuordnung zwischen den Beteiligten streitig sind.

Die Beteiligten trennten sich am 20.02.2015, der Scheidungsantrag wurde dem hiesigen Antragsteller im Januar 2016 zugestellt, die Ehe mit familiengerichtlichem Beschluss vom 05.10.2016 geschieden. Der Antragsteller zahlte auf Darlehen und Versicherungsvertrag bis zum 30.09.2019 insgesamt 35.361,24 EUR, seit März 2015 in monatlichen Raten zu je 640 EUR. Bei der Errichtung von Jugendamtsurkunden über den Unterhalt für seine beiden bei der Antragsgegnerin lebenden Töchter am 19.06.2019 brachte er diese Zahlungen bei der Berechnung seines unterhaltsrelevanten Einkommens in Abzug. Unter dem 28.08. und erneut unter dem 11.09.2019 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin über seine Bevollmächtigte vergeblich zum hälftigen Ausgleich der von ihm geleisteten Zahlungen auf. Die dafür aufgewendeten Kosten beziffert er mit 1.706,94 EUR.

Erstinstanzlich hatte der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von 17.680,62 EUR nebst Zinsen und zur Erstattung der vorgerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten zu verpflichten, ferner zur Freistellung von dem auf sie entfallenden hälftigen Anteil an der Darlehensforderung der Bank1. Die Antragsgegnerin hatte erstinstanzlich die Zurückweisung der Anträge begehrt und zur Begründung vorgetragen, sie habe den Darlehensantrag nur mitunterzeichnet, weil dem Antragsteller sonst kein Darlehen gewährt worden wäre. Zweck der Kreditaufnahme sei ausschließlich die Ablösung älterer Darlehen des Antragsgegners gewesen. Außerdem habe er sie mit der Androhung körperlicher Gewalt zur Unterschriftsleistung genötigt. Im Jahre 2018 hätten die Beteiligten einen Vergleich über einen wechselseitigen Verzicht auf aus der Ehezeit herrührende Forderungen vereinbart. Die Antragsgegnerin habe zudem im Jahre 2019 nicht mehr mit ihrer Inanspruchnahme rechnen müssen, der Umstand, dass der Antragsteller den Abtrag alleine geleistet habe, indiziere eine anderweitige Bestimmung iSd. § 426 BGB; jedenfalls sei die Forderung verjährt, soweit sie das Jahr 2015 betreffe. Schließlich seien eventuelle Ansprüche des Antragsgegners im Hinblick auf die von ihm ehezeitlich ausgeübte körperliche Gewalt verwirkt.

Mit angefochtenem Beschluss vom 17.12.2020 hat das Familiengericht den Zahlungsanträgen überwiegend stattgegeben und die Antragsgegnerin zur Zahlung von 14.400 EUR nebst Zinsen und 899,40 EUR an vorgerichtlichen Mahnkosten an den Antragsgegner verpflichtet sowie zur Freistellung des Antragstellers von Forderungen der Bank1, bezogen auf den Rückzahlungszeitraum 01.10.2019 bis 30.11.2020. Zur Begründung hat das Familiengericht unter Bezugnahme auf § 426 Abs. 2 BGB im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin sei zum hälftigen Ausgleich des vom Antragsteller geleisteten Darlehensabtrag aus gesamtschuldnerischer Haftung verpflichtet. Den ihr obliegenden Nachweis für eine von der gesetzlichen Zweifelfallsregelung abweichende Vereinbarung oder Bestimmung der Eheleute habe sie nicht erbringen können.

Die außergerichtliche Vereinbarung der Beteiligten aus dem Jahre 2018 betreffe ihrem Inhalt nach nur den Verzicht auf wechselseitige Ansprüche der Beteiligten auf Zugewinnausgleich oder auf Erstattung von Folgekosten für das früher gemeinsam von ihnen bewohnte Haus, aber nicht den Gesamtschuldnerausgleich. Der Ausgleich werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass im Jahre 2019 bei der Bemessung des vom Antragsgegner zu zahlenden Kindesunterhalts die von ihm an die Bank1 geleisteten Ratenzahlungen in vollem Umfang zu seinen Gunsten als Abzugsposition berücksichtigt worden seien. Ihre Behauptung, mit der Darlehensaufnahme seien ausschließlich zuvor dem Antragsteller alleine zugutegekommene ältere Darlehen abgelöst worden, habe die Antragsgegnerin nicht beweisen können. Sie habe insbesondere nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, für welche konkreten Zwecke die älteren Darlehen aufgenommen worden waren. Der Anspruch des Antragstellers sei auch nicht verwirkt; der Vortrag der Antragsgegnerin zur ehezeitlich erfahrenen häuslichen Gewalt reiche für die Annahme einer Verwirkung nicht aus. Da der Antragstel...

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