Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Verteidiger im Strafverfahren unfassend beauftragt, und kann der Beschuldigte nach Verfahrenseinstellung Entschädigung für eine vollzogene Durchsuchungsmaßnahme beanspruchen (§ 7 StrEG), ist der Teil der Verteidigergebühren, der gerade auf die Durchsuchung zu beziehen ist, nach § 287 ZPO zu schätzen.

2. Zu diesen aufgrund der Durchsuchung entstandenen Kosten gehören nicht die Kosten für eine nachträglich eingelegte Beschwerde auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung. Insoweit gehen die Kostenvorschriften der StPO vor.

3. Zur Frage, welche Nummern das RVG-VV bei einer Durchsuchung im Ermittlungsverfahren in die Schätzung einzustellen sind.

4. Der Anteil der auf die Durchsuchung entfallenden Verteidigerkosten wird mit 10 % bewertet.

 

Normenkette

StrEG § 7; StPO § 467

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-04 O 130/08)

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Entschädigung nach dem StrEG wegen der Durchsuchung seiner Wohnung am 11.6.2007 in der Zeit von 11.20 Uhr bis 11.50 Uhr, mit der er sich ausweislich des Durchsuchungsprotokolls (Bl. 106 d.A.) einverstanden erklärt hat. Er macht einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten geltend, die ihm durch die Beauftragung seines Verteidigers und dessen Tätigkeit im Ermittlungsverfahren entstanden sind, und ebenso auf Freistellung von den Kosten für die Geltendmachung der Entschädigung nach dem StrEG; der geltend gemachte Betrag beläuft sich insgesamt auf rund 910 EUR. Das Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Die in seinem Namen am Tage des Zugangs der Einstellungsverfügung bei seinem Verteidiger erhobene Beschwerde auf nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit der Durchsuchung wurde als unbegründet verworfen. Er ist der Auffassung, dass sämtliche Kosten der Verteidigertätigkeit, welche zugleich als Kosten für die Vertretung im Ermittlungsverfahren angefallen sind, zu erstatten seien, da sie untrennbar mit der Verteidigung auch wegen der Durchsuchung verbunden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachstandes in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Das LG hat den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 9.6.2008 abgelehnt. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner am 30.6.2008 eingegangenen sofortigen Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, sie ist aber nur zum geringen Teil begründet. In dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang war Prozesskostenhilfe zu gewähren; denn insoweit bietet die Klage hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114 ZPO), da es nach summarischer Prüfung zumindest möglich ist, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (vgl. zum Maßstab Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 114 Rz. 19). Außerdem ist die Bedürftigkeit des Antragstellers zu bejahen (§ 114 ZPO).

1. Der Antragsteller macht gem. §§ 2 und 7 StrEG den Ersatz der Anwaltskosten geltend, die ihm aufgrund einer bestimmten Strafverfolgungsmaßnahme - Durchsuchung seiner Wohnung am 11.6.2007 - entstanden seien. Die insoweit notwendigen Aufwendungen in Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen sind ersatzfähig, nachdem das AG Wetzlar mit Beschl. v. 25.10.2007 - 47 Gs - 1 Js 54588/07 - festgestellt hat, dass dem Antragsteller eine Entschädigung für die Wohnungsdurchsuchung dem Grunde nach zusteht.

a) Soweit die dem Verteidiger zustehenden Gebühren auch Tätigkeiten nach dem Vollzug der Strafverfolgungsmaßnahme, für welche Ersatz zu leisten ist, insbesondere solche im Ermittlungsverfahren, abdecken und nicht als zusätzliche Kosten für eine Tätigkeit gerade wegen der Strafverfolgungsmaßnahme ausscheidbar sind, stehen dem Betroffenen entgegen der vom Antragsteller geäußerten Auffassung nicht die gesamten Kosten der Verteidigung zu; der Antragsteller gibt, worauf das LG bereits zutreffend hingewiesen hat, die Rechtsprechung des BGH hierzu (Urt. v. 11.11.1976 - III ZR 17/76, NJW 1977, 957 [juris Rz. 13 und 39 f.]) verkürzt wieder; vielmehr steht ihm nur eine Entschädigung zu, die dem Anteil der Verteidigung gegen die vollzogene Strafverfolgungsmaßnahme an der gesamten Verteidigung entspricht, was nach § 287 ZPO zu schätzen ist (BGH, a.a.O.; OLG Rostock, Urt. v. 6.3.2003 - 1 U 171/02, OLGR 2004, 153, 153 f.; Meyer, StrEG, 6. Aufl. 2006, § 7 Rz. 16 "Anwaltskosten - Grundverfahren" [S. 229 f.]). Maßstab für diese Aufteilung ist entsprechend § 14 Abs. 1 RVG (früher § 12 BRAGO) insbesondere die Bedeutung der vollzogenen Maßnahme in ihrem Verhältnis zu den ansonsten wahrgenommenen Angelegenheiten sowie die Schwierigkeit und der Umfang der Anwaltstätigkeit einerseits in Bezug auf die Strafverfolgungsmaßnahme und andererseits für die Verteidigung im Übrigen (BGH, a.a.O., juris Rz. 40). Entscheidend sind insoweit die Umstände des Einzelfalls, insbesondere der konkrete Anteil der Verteidigertätigkeit bezogen auf die Strafverfolgungsmaßnahme, hier also ...

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