Leitsatz (amtlich)

Im Rahmen eines Abänderungsverfahrens nach §§ 51, 31 VersAusglG ist ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung, aus dem die versicherte Person bereits eine Vollrente wegen Alters bezogen hatte, auch dann wie ein in der Leistungsphase befindliches Anrecht nach § 41 VersAusglG zu bewerten, wenn daraus nach dem Tod der versicherten Person keine laufenden Leistungen (z.B. an versorgungsberechtigte Hinterbliebene) mehr erbracht werden.

 

Normenkette

FamFG §§ 58-59, 225 Abs. 3; VersAusglG § 5 Abs. 2, §§ 31, 39, 41, 51

 

Verfahrensgang

AG Kirchhain (Aktenzeichen 31 F 614/20 VA)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 23.08.2023; Aktenzeichen XII ZB 202/22)

 

Tenor

Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kirchhain vom 23. November 2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 2. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.

Die weitere Beteiligte zu 1 hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Abänderung einer Altentscheidung zum Versorgungsausgleich im Wege einer sog. Totalrevision nach § 51 Abs. 1 VersAusglG.

Durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Korbach vom 1. April 1998 wurde die am 25. September 1978 geschlossene Ehe des Antragstellers mit der früheren Ehefrau auf den am 1. Oktober 1997 zugestellten Scheidungsantrag rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich durchgeführt. In der gesetzlichen Ehezeit (1. September 1978 bis 30. September 1997) haben die früheren Ehegatten ausschließlich Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Nach den im Scheidungsverfahren erteilten Versorgungsauskünften hatten der Antragsteller eine auf das Ende der Ehezeit bezogene Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 903,71 DM und die frühere Ehefrau eine auf das Ende der Ehezeit bezogene Rentenanwartschaft in Höhe von monatlich 281,78 DM erlangt. Das Amtsgericht übertrug im Wege des Rentensplittings monatliche und auf das Ende der Ehezeit am 30. September 1997 bezogene gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 310,97 DM (hälftige Wertdifferenz der beiderseitigen Anwartschaften) vom Versicherungskonto des Antragstellers auf das Versicherungskonto der früheren Ehefrau.

Die im Jahr 1953 geborene frühere Ehefrau bezog später zunächst eine Erwerbsminderungsrente und sodann eine Vollrente wegen Alters. Sie verstarb am 2. Mai 2020, ohne versorgungsberechtigte Hinterbliebene zu hinterlassen, und wurde von ihrer (aus der Ehe mit dem Antragsteller am 21. Oktober 1983 hervorgegangenen) Tochter beerbt. Der Antragsteller bezieht seit dem 1. Januar 2019 eine Altersrente.

Mit seinem am 29. Oktober 2020 beim Amtsgericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller eine Abänderung der Entscheidung zum Versorgungsausgleich begehrt. Er beruft sich auf eine wesentliche Wertänderung des gesetzlichen Rentenanrechts seiner früheren Ehefrau und erstrebt mit Blick auf ihr Vorversterben eine Rückgängigmachung des gesamten Versorgungsausgleichs. Die vom Amtsgericht im Verfahren beteiligte Tochter des Antragstellers und der früheren Ehefrau (weitere Beteiligte zu 2) hat sich mit der beantragten Abänderung einverstanden erklärt.

Auf Aufforderung des Amtsgerichts hat die weitere Beteiligte zu 3 mit Auskunft vom 29. Dezember 2020 für das in der Leistungsphase befindliche Anrecht des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung einen Ehezeitanteil von 19,0545 Entgeltpunkten und einen Ausgleichswert von 9,5273 Entgeltpunkten (entspricht bezogen auf das Ende der Ehezeit einer Monatsrente von 231,13 EUR) mitgeteilt. Die weitere Beteiligte zu 1 hat für das Anrecht der früheren Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung mit Schreiben vom 24. Februar 2021 darauf hingewiesen, dass die zuvor gezahlte Altersrente infolge des Versterbens der Versicherten zum 31. Mai 2020 weggefallen sei, so dass der Ehezeitanteil nach § 39 VersAusglG aus einer fiktiven Vollrente wegen Erreichens der Regelaltersgrenze zu ermitteln sei. Ob in der Vergangenheit bereits eine Versicherten- oder Hinterbliebenenrente gezahlt worden sei, spiele insoweit keine Rolle. Die Berechnung der fiktiven Vollrente wegen Erreichens der Regelaltersgrenze nach § 39 VersAusglG, § 109 Abs. 6 SGB VI erfolge dabei stets unter Anwendung des im Zeitpunkt der Auskunftserteilung geltenden Rechts. In ihrer Auskunft vom 31. März 2021 hat die weitere Beteiligte zu 1 sodann mitgeteilt, dass das (Anwartschafts-)Anrecht einen Ehezeitanteil von 7,6915 Entgeltpunkten und einen Ausgleichswert von 3,8458 Entgeltpunkten (entspricht bezogen auf das Ende der Ehezeit einer Monatsrente von 93,28 EUR) aufweise. Diese Berechnung erfolgte unter Berücksichtigung der Höherbewertung der Kindererziehungszeiten vom 13. bis 30. Kalendermonat nach der Geburt gemäß §§ 56, 249 SGB VI (sog. Mütterrente I und II).

Das Amtsgericht hat - den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgreifend - d...

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