Leitsatz (amtlich)

Die GmbH kann sich ggü. dem Anspruch eines Gesellschafters auf Auskunft über konkrete Angelegenheiten der Gesellschaft und Einsicht in bestimmte Unterlagen nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen etwaiger eigener Auskunfts- oder Zahlungsansprüche berufen, weil dem die Funktion des Auskunftsanspruches entgegen steht.

 

Normenkette

BGB § 273 Abs. 1; GmbHG §§ 51a, 51b

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.02.2007; Aktenzeichen 3-5 O 140/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Beschwerdewert: 10.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin ist als Gesellschafterin mit 50 % am Stammkapital der Antragsgegnerin beteiligt. Über die von der Antragsgegnerin gegen die Antragstellerin erhobene Klage auf Ausschluss aus der Gesellschaft ist noch nicht rechtskräftig entschieden.

Der Mitgesellschafter und frühere Geschäftsführer der Antragstellerin A hat gegen die Antragsgegnerin vor dem LG Frankfurt/M. und dem OLG Frankfurt/M. Urteile erwirkt, durch welche die Antragsgegnerin zur Zahlung von Gehältern für dessen frühere Tätigkeit als Geschäftsführer der Antragsgegnerin verurteilt wurde. Über die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsgegnerin hat der BGH noch nicht entschieden, jedoch zwischenzeitlich bis zu seiner Entscheidung die Zwangsvollstreckung seitens Herrn A ohne Sicherheitsleistung eingestellt.

Die Antragsgegnerin hat gegen Herrn A vor dem LG Wiesbaden ein Urteil erwirkt, mit dem dieser zur Zahlung von Schadensersatz i.H.v. ca. 435.000 EUR sowie Auskunft über im Geschäftsbereich der Antragsgegnerin durchgeführte Geschäfte verurteilt wurde. Hintergrund dieser Entscheidung ist, dass Herrr A in seiner Eigenschaft als früherer Geschäftsführer der Antragsgegnerin veranlasst hatte, dass die Postbank Honorare für von Mitarbeitern der Antragsgegnerin erbrachte Leistungen nicht an die Antragsgegnerin, sondern die Antragstellerin gezahlt hat. Die hiergegen gerichtete Berufung des Herrn A wurde zwischenzeitlich durch Urteil des OLG Frankfurt vom 1.5.2007 (Az. 10 U 268/06) zurückgewiesen.

Nachdem die Antragsgegnerin durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 24.4.2006 ein entsprechendes Auskunftsverlangen der Antragstellerin abgelehnt hatte, entschied das LG Frankfurt/M. mit Beschluss vom 13.2.2006 (richtig wohl: 13.2.2007), dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin

a) Auskunft darüber zu erteilen hat, welche Umsätze in welcher Höhe in den Jahren 2005 sowie 2006 von der Antragsgegnerin getätigt worden sind, insbesondere welche wesentlichen Leistungs und Lieferungsbeziehungen zwischen ihr und ihren Kunden im abgelaufenen Geschäftsjahr bestanden haben und im laufenden Geschäftsjahr bestehen sowie

b) Einsicht in die Bücher und Schriften der Gesellschaft der Jahre 2005 sowie 2006 zu gestatten hat, insbesondere in die vorgenannten Leistungs- und Lieferungsbeziehungen betreffende Unterlagen (Geschäftsbriefe, Kontoauszüge, Verträge).

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der vom LG zugelassenen sofortigen Beschwerde, mit der sie insbesondere geltend macht, das Beschwerdeverfahren sei im Hinblick auf die anhängige Ausschlussklage auszusetzen. Im Übrigen sei sie zur Auskunftsverweigerung berechtigt, da die Verwendung der begehrten Auskünfte zu gesellschaftsfremden Zwecken zu befürchten sei. Es müsse nämlich davon ausgegangen werden, dass Herr A die begehrten Auskünfte zum Zwecke der Zwangsvollstreckung in Gläubigerforderungen aus dem von ihm erstrittenen Titel verwenden werde, was im Hinblick auf dessen Vermögenslosigkeit zu einem unwiederbringlichen Schaden bei der Antragsgegnerin führen könne. Im Übrigen stehe dem Auskunftsanspruch auch das von ihr geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht entgegen, da sie selbst ebenfalls Auskunfts- und Zahlungsansprüche auch gegen die Antragstellerin geltend machen könne, da durch die Manipulationen des Herrn A die der Antragsgegnerin zustehenden Honorarzahlungen auf die Konten der Antragstellerin geflossen seien.

Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung des LG.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin erweist sich kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss als statthaft und ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§§ 51b Satz 1 GmbHG, 132 Abs. 3 Satz 1 und 2, 99 Abs. 3 Satz 2, 4 und 5 AktG). In der Sache führt das Rechtsmittel nicht zum Erfolg, da die Antragsgegnerin dem Auskunftsanspruch der Antragstellerin weder einen Verweigerungsgrund nach § 51a Abs. 2 Satz 1 GmbHG noch ein Zurückbehaltungsrecht entgegen halten kann.

Das LG ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin als Mitgesellschafterin zur Erteilung der Auskunft und Gewährung von Einsicht in die Bücher in dem vom LG angeordneten Umfang verpflichtet ist. Es entspricht einhelliger Auffassung in der obergerichtlichen Rechtsprechung, der sich der Se...

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