Verfahrensgang

LG Marburg (Aktenzeichen 7 StVK 491/03)

LG Marburg (Aktenzeichen 7 StVK 492/03)

 

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer wurde vom Landgericht Darmstadt am 11. Oktober 1983 (Az.: 23 Js 33777/81) wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Tatopfer war seine frühere Verlobte, die sich kurz vor der Tat von ihm getrennt hatte. Am Tattag, in der Nacht zum 29. November 1981, drang er in ihre Wohnung ein, fesselte sie mittels ihrer Strumpfhose an Armen und Beinen, presste ihr den Büstenhalter fast vollständig in den Mund und erdrosselte sie, indem er ihr zwei Strumpfhosen über den Mund zog und diese sechsmal um ihren Hals herum fest verknotete.

Nach Verbüßung von etwas mehr als zwei Dritteln der Strafe wurde der Strafrest am 28. Juli 1988 zur Bewährung ausgesetzt.

Nur wenige Monate nach der Haftentlassung, am 20. Oktober 1988 suchte A eine Prostituierte auf, kam jedoch nicht zur Befriedigung und einigte sich mit dem späteren Opfer darauf, für 500 DM die gesamte Nacht mit ihm zu verbringen. Auf der Fahrt bog er in einen Waldweg ab und verlangte sexuellen Kontakt, den die Prostituierte mangels Bezahlung aber ablehnte. Er schlang ihr eine Mullbinde um den Hals, um den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Die Mullbinde zog er fest zu und nahm dabei den Tod des Opfers in Kauf. Eine zufällig vorbeikommende Polizeistreife entdeckte die beiden und nahm A alsbald fest. Diese Tat führte zur Verurteilung durch das Landgericht Darmstadt vom 7. September 1989 (Az.: 461 Js 34935/88) wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit versuchter sexueller Nötigung und mit gefährlicher Köperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren nebst Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB. Der Unterbringung lag die Feststellung zugrunde, Frustration in Verbindung mit leichter Alkoholisierung habe bei dem Angeklagten "aggressiv-sadistische Regungen" ausgelöst, er sei in einen "komplizierten Rausch" geraten, wodurch sein Steuerungsvermögen erheblich vermindert worden sei. "Infolge seines Krankheitszustandes" seien auch in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten von ihm zu erwarten und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich. Das gemäß § 267 Abs. 4 StPO abgekürzte Urteil erging aufgrund gut dreistündiger Hauptverhandlung. Es wurde aufgrund unmittelbar nach der Urteilsverkündung allseits erklärten Rechtsmittelverzichts sofort rechtskräftig.

Diese Verurteilung führte zum Widerruf der Strafrestaussetzung aus dem zuvor genannten Urteil. Diese Reststrafe wurde zunächst weiter vollstreckt, bis A am 5. März 1990 zum Vollzug der Maßregel in die Klinik für forensische Psychiatrie O1 aufgenommen wurde, wo er sich seither befindet. Dort wurde er schon nach wenigen Tagen in die Abteilung für Sexualstraftäter verlegt, weil man die im Urteil festgestellte Diagnose, die Grundlage der Anwendung des § 21 StGB und damit der Unterbringung nach § 63 StGB war, für falsch hielt. Stattdessen wurde er als persönlichkeitsgestörter Täter behandelt.

Von der ersten Strafe ist nach der Strafzeitberechnung noch ein Rest von 1004 Tagen offen.

Durch Beschluß vom 23. Februar 2005 hat das Landgericht Marburg die durch Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 7. September 1989 angeordnete Unterbringung des Verurteilten in einem psychiatrischen Krankenhaus für erledigt erklärt. Zudem hat es ausgeprochen, daß die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafen aus dem genannten Urteil und aus dem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 11. Oktober 1983 nicht zur Bewährung eingesetzt wird. Der Erledigterklärung liegt zugrunde, daß es sich bei der Anordnung der Unterbringung in mehrfacher Hinsicht und nach jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt übereinstimmender Ansicht sowohl der behandelnden Ärzte und Therapeuten aus der Einweisungsanstalt als auch externer Sachverständiger von Anfang an um eine Fehleinweisung handelte.

Gegen den Beschluß der Stafvollstreckungskammer hat der Verurteilte sofortige Beschwerde eingelegt, mit der er sich nur noch gegen die Versagung der Aussetzung des Strafrestes wendet; die Erledigung der Maßregel greift er nicht mehr an.

II.

Die nach § 454 Abs. 3 Satz 1; 463 Abs. 5, 462 Abs. 3 Satz 1 StPO statthafte sofortige Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt.

Sie ist auch in zulässiger Weise beschränkt. Danach muß der angefochtene Teil der Entscheidung gegenüber dem nicht angefochtenen derart selbständig sein, daß er eine gesonderte Beurteilung zuläßt (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1993, 252, 253). Das ist hier der Fall.

Soweit die Erledigung allerdings zu einer Anrechnung der Dauer der Unterbringung in der Weise führen würde, daß ein verbleibender Strafrest als vollständig verbüßt zu gelten hätte, könnte die Entscheidung über die Strafaussetzung nicht isoliert von der Frage der Erledigung behandelt werden. Denn im Falle einer vollständigen Verbüßung ist für eine Strafaussetzung kein Raum. Eine solche vollständige Anrechnung schiedet hier jedoch aus.

1.

Hinsichtlich der Verurteilung durch das Landgericht D...

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