Entscheidungsstichwort (Thema)
Erklärung zur Namenführung nach § 94 BVFG
Verfahrensgang
LG Kassel (Beschluss vom 07.06.1999; Aktenzeichen 3 T 317/99) |
AG Kassel (Aktenzeichen 765 III 160/98) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 2) hat die der Beteiligten zu 1) etwa entstandenen außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu erstatten.
Wert: 5.000,– DM
Gründe
Der Vater der Beteiligten zu 1) ist Spätaussiedler, die Mutter …. Die Ehe der Eltern hat beim Verlassen des Aussiedlungsgebietes weniger als drei Jahre gedauert Die am 07.12.1994 geborene Beteiligte zu 1) ist zum Zweck der Familienzusammenführung in die Bundesrepublik eingereist. Sie wurde am 01.09.1997 eingebürgert. Am … 16.11.1998 haben die Eltern gegenüber der Standesbeamtin erklärt, dass sie die deutschsprachige Form des gemeinsamen Familiennamens annehmen und künftig den Ehenamen … führen. Die Änderung solle sich auf den Geburtsnamen erstrecken, der Ehename geworden sei. Die Änderung des Familiennamens erstrecke sich auch auf die Beteiligte zu 1). Die Eltern wollen für das Kind außerdem die Änderung des Vornamens in … und die Ablegung des Vatersnamens.
Die Beteiligte zu 2) hat als Standesamtsaufsicht vorgetragen, die Beteiligte zu 1) sei nach ihrer Einbürgerung Erklärungsberechtigte i.S.v. § 94 BVFG, auch wenn sie kein Abkömmling nach § 7 Abs. 2 BVFG sei. Mit dieser Rechtsansicht stehe sie aber im Widerspruch zu der Auffassung des Fachverbandes der Hessischen Standesbeamten, der nur den Abkömmlingen im Sinne des BVFG ein Erklärungsrecht zugestehen wolle.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt, die Standesbeamtin anzuweisen
- für die Beteiligte zu 1) eine Erklärung der Eltern zum Vor- und Vatersnamen entgegenzunehmen und
- bei der Ausstellung der beantragten Bescheinigung zu berücksichtigen, dass sich die Bestimmung der deutschsprachigen Form des Ehenamens auf die Beteiligte zu 1) erstreckt.
Das Amtsgericht hat durch Beschluss vom 28.04.1999 entsprechend angewiesen. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) zurückgewiesen.
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist zulässig (§ 49 PStG), insbesondere fristgerecht eingelegt. Sie hat indessen keinen Erfolg.
Die Eltern der Beteiligten zu 1) haben eine gemeinsame Erklärung gem. § 94 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BVFG über die Annahme der deutschsprachigen Form ihres Familiennamens, der sich aus dem Geburtsnamen des Ehemannes ableitet, abgegeben. Zwar gehörte die Mutter der Beteiligten zu 1) nicht zu dem von § 94 I S. 1 BVG ausdrücklich als erklärungsberechtigt benannten Personenkreis, da sie mit ihrer Aufnahme in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht Deutsche i.S.v. § 116 I GG geworden ist, denn die Ehe der Eltern der Beteiligten zu 1) hatte im Zeitpunkt des Verlassens des Aussiedlungsgebietes noch keine drei Jahre bestanden (§ 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG). Gleichwohl ist der Mutter der Beteiligten zu 1) im Rahmen der verfassungskonformen Auslegung des § 94 BVFG und in sinngemäßer Anwendung von Art. 10 II EGBGB eine entsprechende Erklärungsbefugnis zuzubilligen. Ansonsten bliebe dem Vater der Beteiligten zu 1) allein wegen der Ehe mit einer ausländischen Staatsangehörigen die ihm zustehende Möglichkeit versagt, die deutschsprachige Form seines Familiennamens anzunehmen und mit seiner Frau einen einheitlichen Familiennamen zu fuhren. Dies wäre ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und mit dem Schutz von Ehe und Familie nicht vereinbar (Art. 3 und 6 GG; OLG Stuttgart, FGPRax 1999, 54 ff; AG Berlin-Schöneberg, StAZ 1998, 378 und Hepting/Gaaz, Personenstandrecht (1996), § 15 e PStG Rn 83).
Da die Beteiligte zu 1) Abkömmling eines Spätaussiedlers und Deutsche ist und sie bei der Namensänderung noch keine fünf Jahre alt war, erstreckt sich die wirksame Änderung des Familiennamens auch auf den Geburtsnamen der Beteiligten zu 1) (§ 941 Satz 3 BVFG). Zwar enthält § 941 Satz 3 BVFG nicht die Einschränkung, dass die Abkömmlinge auch Deutsche sein müssen. Jedoch unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört (Art. 101 EGBGB), so dass die Anwendung deutschen Rechts von der Erlangung des deutschen Namensstatuts abhängt (Hepting/Gaaz, Personenstandrecht (1996). § 15 e PStG Rn 86 b).
Zutreffend sind die Vorinstanzen auch davon ausgegangen, dass die Beteiligte zu 1) nach ihrer Einbürgerung auch selbst zum erklärungsberechtigten Personenkreis nach § 94 I S. 1 BVFG gehört. Auch der Senat vermag nicht zu erkennen, dass § 94 I S. 1 BVFG auf die Abkömmlinge von Spätaussiedlern beschränkt sein sollte, die vor der Einreise bereits Statusdeutsche waren. Danach kann die Beteiligte zu 1) ihren Vatersnamen (Zwischennamen) ablegen (§ 94 I S 1 Nr. 1 BVFG) und die deutschsprachige Form ihres Vornamens annehmen. Die Standesbeamtin muss die entsprechenden Erklärungen der Eltern entgegennehmen (§ 15 e BVFG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, die Wertfestsetzung auf den §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 1 KostO.
Fundstellen