Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung: Voraussetzungen für die Entstehung einer Terminsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Terminsgebühr nach Ziff. 3104 VV-RVG fällt auch an, wenn in einem vor der mündlichen Verhandlung zwischen den Parteivertretern geführten Telefongespräch der Vorschlag erörtert wird, die Berufung zurückzunehmen und die Kosten gegeneinander aufzuheben.

 

Normenkette

VV-RVG Ziff. 3104; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 01.08.2018; Aktenzeichen 5 O 32/15)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Beklagte der Klägerin weitere Kosten in Höhe von EUR 1.395,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.2.2018 zu erstatten hat.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Beschwerdewert beträgt EUR 1.395,60.

 

Gründe

I. Über die Beschwerde war gemäß § 568 ZPO durch den Einzelrichter zu entscheiden, da die in Satz 2 dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Klägerin verlangt eine Terminsgebühr für die mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren, die infolge Berufungsrücknahme abgesetzt wurde. Eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG fällt nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG auch für die Mitwirkung an Besprechungen an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Für die Teminsgebühr im Berufungsverfahren gelten nach Nr. 3204 VV RVG die Absätze 2 und 3 der Anmerkung zu Nummer 3104 entsprechend.

a) Für die Entstehung der Gebühr ist es erforderlich, dass ein auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteter Meinungsaustausch stattgefunden hat (OLG Koblenz, NJW 2005, 2162 [OLG Koblenz 29.04.2005 - 14 W 257/05] ; Beschl. v. 03.07.2015 - 14 W 415/15). Mit der Regelung soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung gefördert werden. Da es nach dem Wortlaut der Vorbemerkung 3 Abs. 3 Nr. 2 VV RVG genügt, dass die Besprechung auf die Erledigung des Verfahrens gerichtet ist, reicht es nach einhelliger Auffassung aus, wenn der Rechtsanwalt den Gegner in einem Gespräch zur Rücknahme der Klage bzw. des Rechtsmittels zu bewegen versucht (OLG Hamburg, Beschl. v. 29.5.2012, 4 W 48/12 - juris). Nicht entscheidend ist, ob das Ansinnen positiv aufgenommen wird (OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1592 [OLG Koblenz 03.05.2005 - 14 W 265/05]). Darauf, ob ein Telefonat für die anschließende Rücknahme ursächlich ist, kommt es ebenfalls nicht an (OLG Hamburg, Beschl. v. 15.6. 2016 - 8 W 60/16 - juris). Es bedarf somit einer Besprechung mit dem Ziel der Meidung des gerichtlichen Termins, wobei auch die Gegenseite bereit sein muss, sich darauf einzulassen. Dient ein Telefonat lediglich der Klärung der Frage, ob ein Antrag, eine Klage oder ein Rechtsmittel einseitig zurückgenommen wird, so löst es keine Terminsgebühr aus (OLG Koblenz aaO; LG Stuttgart, Beschl. v. 17.7.2018 - 19 T 48/18 - juris). Jedenfalls soweit die Rücknahme nicht zustimmungspflichtig ist, kann in einer solchen Nachfrage oder Mitteilung kein Meinungsaustausch liegen.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Terminsgebühr vorliegend entstanden. Die Klägerin hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Parteivertreter am 5.2.2018 eine solche Besprechung geführt haben. Sie hat vorgetragen, der Beklagtenvertreter habe vor dem Termin über die mündliche Verhandlung in der Berufungsinstanz telefonisch einen Vergleichsvorschlag zur Vermeidung des Termins unterbreitet. Die Beklagte werde die Berufung zurücknehmen, wenn man sich auf eine Kostenaufhebung einige. Die Klägervertreterin hat diesen Vortrag durch anwaltliche Versicherung glaubhaft gemacht (§ 104 II S. 1 ZPO). Auch die mit der Beschwerdebegründung vorgelegte Emailkorrespondenz spricht für die Richtigkeit des Vortrags. Der Vortrag der Beklagten war demgegenüber widersprüchlich. Während sie mit Schriftsatz vom 26.4.2018 noch vortragen ließ, der Beklagtenvertreter habe telefonisch mitgeteilt, ein Anerkenntnis abgeben zu wollen, heißt es im Schriftsatz vom 2.7.2018, der Beklagtenvertreter habe zu Beginn des Telefonats mitgeteilt, die Beklagte sei entschlossen, die Berufung zurückzunehmen.

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann aus den genannten Gründen auch nicht angenommen werden, dass die telefonische Besprechung nicht auf die Erledigung des Rechtsstreits, sondern nur auf die Kostenfrage gerichtet war. Hätte die Beklagtenseite die Klägerin darüber informiert, dass sie zur Berufungsrücknahme bereits entschlossen ist, wäre für Verhandlungen über die Kosten im Übrigen kein Raum mehr gewesen. Nach der erstinstanzlichen Entscheidung hatte die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Hätte festgestanden, dass die Beklagte die Berufung zurücknimmt, hätte die Klägerin keinen Anlass gehabt, von der für sie günstigen gesetzlichen Kostenfolge abzuweichen. Die Darstellung...

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